Geschrieben am 10. November 2012 von für Crimemag, DVD, Film/Fernsehen

Moving Targets – Notizen zu Filmen aus dem Genre: „Blutadler“ & „Banks“

„Blutadler“ in der ARD Eine der Krimi-Gurken des Jahres

Hamburg: Samstagabend, 3. November 2012, 20:15 Uhr, ARD-Fernsehen – im ZDF „Wetten dass“ mit mehr als zehn Millionen Zuschauern. Wetten, dass da nicht der beste Film des Jahres zu erwarten ist, sondern „etwas zum Versenden“? Dass es aber dann so grottenschlecht wurde, das ist schon rekordverdächtig. Ganz klar ein heißer Kandidat für die „Rotten Tomatoes“ oder die Krimi-Gurke des Jahres, das war die Degeto-Schmonzette „Blutadler“, nach einem in Hamburg spielenden Roman des Schotten Craig Russell, mit einem unter dem Einfluss irgendeines gesichtslähmenden Backmittels stehenden Peter Lohmeyer als Kommissar Jan Fabel (oh, Brüder Grimm, hören wir euch tapsen?).

„Blutader“, ARD

Ein Mörder geht um, der E-Mails an dem Kommissar persönlich schreibt: „Ich habe die Macht – die Sie nicht verstehen!“ oder „Ich werde es wieder tun – und Sie werden nichts dagegen tun können!“ oder „Die Schwingen des Adlers werden sich wieder öffnen und ausbreiten!“ Aha, okay, Serienmörder, erkennt der stets bedeutsam schauende Trantüten-Backform-Kommissar und sagt Sätze wie: „Er mordet extrem ritualisiert brutal!“ oder „Ich versuche hier, eine Serie grauenhafter Morde aufzuklären!“ oder dann „Eine ukrainische Gruppe begeht Blutadlermorde, um Immobiliengeschäfte durchzusetzen!“. Warum es dazu ein per antiker Binnenschifffahrt in die Ukraine gelangtes Wikingerritual braucht, bei dem den aufgeschlitzten Opfern die eigenen Lungenflügel auf die Schultern gelegt werden, bleibt ebenso unklar wie das plötzliche Fachwissen einer Mitarbeiterin, die ebenso unklar des Kommissars Freundin ist und zu einer Gruppe dekorativ auf Sofas (ja wirklich) lümmelnder Mädels gehört, die irgendwie vielleicht Polizistinnen sein sollen. Sie bevölkern ein atypisch schickes Büro in der Hamburger Hafencity, das nach Makler- oder Bankeretage, aber nicht im Ansatz nach Polizistenarbeitsplatz aussieht. Die Miete für den Drehort musste anscheinend durch Billigrequisiten kompensiert werden, besonderes Highlight beim Irgendwie-Showdown dann die Headsets aus der Krabbelkiste bei Mediamarkt. Künstlichkeit und Klischees prägen den ganzen Film, die Story ist hanebüchen platt, die Bösen erkennt man an einem X am Handgelenk, die Schauspieler wirken oft wie uneingeweihte Statisten, die in ihrer Szene an Punkt A gestellt nun irgendwie zu Punkt B gelangen müssen. Dazu eine Musik zum Schweinequälen, ein Plot vom Recyclinghof und papierene Dialoge zuhauf, nein: kartonierte. Man wollte im Sofa versinken angesichts eines solchen Ausbund von Peinlichkeit. Felix Britannia, dort gibt es Fernseh-Highlights wie „Banks“. Sogar als Serie.

„Banks“ auf arte – Felix Britannia

East Yorkshire: Szenen und Bildkadrierungen, Haupt- und Nebendarsteller bester Qualität, scharfe Dialoge ohne Papiergeraschel, dazu ein Furor der Wirklichkeit in 60 Minuten, wie man all das in einem ganzen Jahr „Tatort“-Gucken nicht versammelt bekommt, das war „Banks – Der Solist“ am Freitag, 2. November, auf arte. Ein Chefinspektor, der aussieht, als wäre er durch die Fleischwölfe des Lebens gedreht, groß und hager, die Frisur wie mit der Axt behauen, seine Augen die eines Messerwerfers, ein von seiner Sache derart wütend beseelter Polizist, dass man selbst einem Serienmörder nicht wünscht, er möge wieder aus dem Koma erwachen – das ist Inspektor Banks, verkörpert von Stephen Tompkinson. In und um Leeds gefilmt, gewinnt hier eine Serienfigur des Autors Peter Robinson samt seinen ebenfalls alles andere als uninteressanten Kollegen kongeniale Gestalt und stellt deutsche Krimiproduktionen gleich reihenweise in den Senkel. Kasperletheater und Retortengebräu hierzulande, solidestes Handwerk, ingeniöse Dramaturgie und ein Interesse an der Wirklichkeit jenseits des Kanals. Es ist ja nicht so, dass „Banks“ das einzige britische Highlight wäre.

DCI Banks“ wurde von Left Bank Pictures für den Privatsender ITV produziert. Die erste Staffel mit zehn Folgen ging im Herbst 2010 in Großbritannien auf Sendung  und erreichte beste Einschaltquoten. „Banks – Der Solist“ (welch unsinniger Titel, alleine das Verhältnis zu der von Andrea Lowe verkörperten biestigen Kollegin ist das Einschalten wert) war der Pilotfilm, insgesamt gibt es bislang 14 Episoden in drei Staffeln. Sie werden hierzulande wohl nur auf DVD zu haben und in im deutschen Gartenzwergfernsehen nicht zu sehen sein.
Verfilmt sind bisher die Peter-Robinson-Romane „Aftermath“ (deutsch: „Wenn die Dunkelheit fällt“), „Playing with Fire“ (deutsch: „Kein Rauch ohne Feuer“), „Friend of the Devil“ (deutsch: „Wenn die Dämmerung naht“), „Cold is the Grave“ (deutsch: „Kalt wie das Grab“), „Dray Bones that Dream“ (deutsch: „Die letzte Rechnung“), „Innocent Graves“ (deutsch: „Der unschuldige Engel“), „Strange Affairs“ (deutsch: „Eine seltsame Affäre“).

Alf Mayer

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