Das F-Wort
Unser Alltag ist oft arg nervig. Die Verhältnisse, nicht nur nach Brecht, ziemlich beschissen. Die Politikos oft durchgeknallt bis völlig bescheuert. Homo sapiens nicht unbedingt eine Offenbarung. Was tun? Zumindest ein bisschen pöbeln. Und dabei die pragmatischen Aspekte nicht aus den Augen verlieren. Lena Blaudez hat eine Reihe praktischer und doch ganz modester Vorschläge. Aber heute ist alles paletti.
Das F-Wort? Nicht was Sie denken, Sie Ferkel! Obwohl, da haben wir’s wieder: Erst kommt der Nikolaus mit der Rute und dann der Weihnachtsmann mit seinem Sack. Typisch! Wir leben in einer obszönen Männerwelt. Darum ist es an der Zeit, mal wieder von F wie … psssst … Feminismus zu reden. Ja. Oder sollen wir Emanzipation sagen, gar Gleichberechtigung? Ja meine Güte, wer glaubt denn heutzutage noch an so was? Uuhh, fühlen Sie es auch, dieses unangenehme Magendrücken?
Ich rede jetzt nicht davon, dass Frauen in gleichen Jobs und Positionen rund 30 Prozent weniger verdienen als die Gliedträger, das wissen Sie selbst. Umbauen? Hm, wär’ ’ne Idee. Aber mühselig und teuer. Und man kann es vermutlich nicht von der Steuer absetzen. Übrigens ist die Schere zwischen dem Verdienst von Frauen und Männern in gleichen Positionen in kaum einem Industrieland so groß wie in Deutschland. Nur Estland und Zypern kommen da noch mit. Was tun? Frau von der Leyen, hilf! Aber sie ist ja von Frau Köhler, der Kohl-Schwärmerin, ersetzt worden. Tja, soll das eine Steigerung der Ideologie werden? Kohl, Köhler, am Kohlsten? Oder Coolsten? Werden wir hier verkohlt? Meine Güte! In deutschen Küchen riecht es immer nach Kohl. Passend zur wirtschaftlichen Abwärtsspirale dreht sich die Spirale der Lebensmodelle. Abwärts. Abwärts. Abwärts. Traditionelle Rollenmuster werden wieder schick. Was bringt das dem weiblichen Geschlecht? Frust, Nervenzusammenbrüche und Altersarmut. Was machen wir denn jetzt?
Es ist schlimm, meine Damen! Echt! Der letzte Mohikaner, weiß auch nicht, wie ich jetzt drauf komm’, also dieser narbengesichtige Typ, der so very schlecht Englisch speakt, wie heißt er noch, irgendwas mit Welle, na der hat mit Frauen auch nichts am Hut. Okay. Und das mag gut so sein, aber was hilft das uns? Diese quadratisch-praktische Dame mit dem Transvestiten-Look? Sie wissen schon, Angie. No chance! Ist nicht ihr Ding. Die fest angestellten Gerontokraten unserer führenden Feuilletons? Vergessen Sie’s! Die nun schon gerade nicht. (In der Betriebsversammlung einer sehr bekannten Zeitschrift jedenfalls überreichte unlängst der Chefredakteur öffentlich eine Flasche Sekt an einen Vater, mit Dank. Dafür, dass der einer ist, der keine Elternzeit genommen hat.)
Und dann noch die tolle Idee mit dem Betreuungsgeld, auch Herdprämie genannt. Ab 2013 sollen alle, die die Kinderlein zu Hause erziehen, in den Genuss von Kohle kommen. (Schon wieder eine Ableitung dieses urdeutschen Begriffs!) Weil Männer ja maximal zwei Monate der Arbeit fernbleiben, wenn überhaupt, dann kommen wir also wieder auf das Eva-Herrmann-Prinzip. Nach meiner bescheidenen Meinung hat das mit Nostalgie zu tun. Sehnsucht nach den 1950er Jahren. Nach der heilen patriarchalischen Welt und dem Wirtschaftswunder. Wer nicht artig ist, Kohle gar verschludert oder versäuft und sich dann noch einen Flachbildschirmfernseher kauft, anstatt Kevin ein Buch, man kennt das ja, der kriegt nur ’n Gutschein. Oooh!
Lasst die Kinder bloß zu Haus, sonst könnten die glatt noch was lernen. Sogar deutsch. Laut aktueller Studie der Bertelsmann-Stiftung, hätten 40 Prozent der sozial schwachen Mitbürger (übrigens: ganze sechs Prozent der Haushalte in Deutschland sind Akademikerhaushalte) und 55 Prozent der Ausländerkids die Chance, einen Gymnasiumsplatz zu bekommen, wenn sie früh eine Kita besuchen würden. Das muss doch verhindert werden! Wo kommen wir denn da hin? Gibt es etwa nicht auch so schon genug Arbeitslose, als dass uns diese Unterschichtler und Migrationshintergrundler noch die Jobs wegschnappen? Also: Prima Politik das! Weitsichtig. Wir müssen schließlich für unsere deutschen Mitbürger sorgen. Und zwar für die Wohlsituierten. Denn all die anderen haben weder von höheren Kinderfreibeträgen noch von der Herdprämie etwas. Also, weiter so: Volle Kraft zurück! Frauen denkt bitte sehr an eure biologisch-historische Aufgabe: Kinder erziehen, Haushalt und so. Rücken frei halten für Männe. Das ist die Quintessenz. Pardon, barriereunfreies Wort, (heutzutage darf man ja keine Fremdworte mehr benutzen, das ist arrogant) also die letztendliche Aussage der Herrschenden. Upps, wir leben in einer Demokratie? Hatt’ ich glatt vergessen. Mir kam gerade der Brender-Fall in den Sinn. Mag sein, das hat mich verwirrt.
Ach, ja: der bescheidene Vorschlag. Gibt’s heute nicht. Ist doch alles prima! Heute nur Dr. Swifts gesammeltes Schweigen.
Lena Blaudez