Spätes Paar I.
Will there be a fast weißgestrichen Tor between their two
such different wilderness? Ein Tor, das quietschend aufgehn kann?
Können ihre Lippen den Abstand mildern, Lippen aus so anderer
Nahrung gewachsen, um solche andere Wörter geformt?
Mund zu Mund, jeder seine Geschichte, mit Müh und Not Sprache.
Fließt es zusammen, uneins, wie? Während
aus so verschiedenem Gewittern Wasser niederschlägt?
Sind sie nicht rührend, erkennbar, des andern verbeulte Reste?
Und der Schwelbrand hier und da, der, ausgetreten, doch wieder entflammt,
flüchtend, unlöschbar, weiterfressend?
Abgefunden, jeder mit sich, aber wie das Hinken anpassen,
wenn unter heilerer Sonne die letzte Wärme aufgefangen wird,
Arm in unbegreifbarem Arm, über die Promenade?
Aus dem Niederländischen von Maria Csollàny
Die 1934 in Amsterdam geborene Judith Herzberg ist in Deutschland vornehmlich als Theaterautorin bekannt geworden. Von der Lyrikerin Judith Herzberg sind bislang aber in deutscher Sprache nur Gedichte in den nicht genug zu lobenden „Straelener Manuskripten“ veröffentlicht worden. Das ist bedauerlich wenig, da Judith Herzberg bereits seit 1963 Gedichte schreibt, die in vielen Bänden in niederländischer Sprache vorliegen. Aber immerhin gibt es wenigstens diese kleine Auswahl unter dem Titel „Zwischen Eiszeiten“.
In ihrem literarischen Werk nimmt die Verfolgung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus einen zentralen Stellenwert ein. Sie selbst, Tochter eines jüdischen Anwalts, überlebte die Nazi-Besatzung und Verfolgung in den Niederlanden geschützt von Pflegeeltern auf dem Land. In den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erschienen von Judith Herzberg eine ganze Reihe von Theaterstücken und auch Gedichtbände, mit denen sie in den Niederlanden zu einer bekannten Autorin wurde. Dass sie bislang so wenig in die Sprache des Nachbarlandes Deutschland übersetzt worden ist, kann man nur staunend zur Kenntnis nehmen. Aber manchmal dauert es ja eine langte Zeit, bis Stimmen, die es wert sind, gehört zu werden, auch ein interessiertes Publikum finden. So wie es Menschen gibt, die erst in späten Jahren zueinander finden, „wenn unter heilerer Sonne die letzte Wärme aufgefangen wird…“
Carl Wilhelm Macke
Das Gedicht ist erschienen in: Judith Herzberg: Zwischen Eiszeiten. Straelener Manuskripte 1. 1984.