Geschrieben am 13. August 2009 von für Musikmag

Andy Sheppard: Movements In Colour

Ab ins Soma

In schon fast zen-haften klanglichen Milieus findet Sheppard genau die musikalische Bewegungsgeschwindigkeit, die dem menschlichen Organismus gut tut. Von Thomas Wörtche

Tablas sind wunderbare Dinger. Man muss gar nicht „Weltmusik“ oder ähnliches assoziieren, sie pluggern so schön menschlich-atmend vor sich hin, in aller gebotenen Präzision, Dynamik, Abstufung und Klangfarbe, klar. Kuljit Bhamra ist ein Virtuose, zumal er seine traditionelle Tabla noch mit anderen Percussionelementen verbindet, mit einer Snare Drum zum Beispiel.

Bhamras Spiel bildet die Grundlage von Andy Sheppards erstem ECM-Album (als Leader): „Movements In Colour“. Diese Bewegungen sind vor allem entspannt. Ich habe in der letzten Zeit selten so relaxte Musik gehört, federleicht swingend und in freundlichen Klangfarben, aus Indien, Afrika, Lateinamerika, Spanien und Skandinavien. Die aber sind alles andere als weltmusikalische Demonstrationen oder Statements, sondern von den Gitarristen John Parricelli und Eivind Aarset (der auch für eine paar hübsche elektronische Effekte verantwortlich ist), von Bassist Arild Andersen und eben Andy Sheppard (ss, ts) zu einem ruhig mäandernden Fluss gefügt. Klar, die Dynamik ändert sich von Stück zu Stück, die Musik baut Disparates perfekt zusammen (so der Übergang eines Garbarek-esken Tenorsaxophon-Licks zu einer fast klassischen spanischen Gitarrenphrase von Parricelli in „La Tristesse du Roi“, dem Aufmacher) und verbindet es im warmen Holzton von Andersens Bass, den man gar nicht hoch genug einschätzen kann.

Aber „Tristesse“ ist keinesfalls das stimmungssetzende Wort. Die CD ist weder blue (auch wenn der letzte Tracks „International Blue“ heißt, höchstens Yves-Klein-Blau), noch sonst irgendwo verhangen. Dass Sheppard seine Saxophone nicht überblasen brüllen lässt, sondern stets sehr fließend und zurückgenommen spielt, trägt zu der Unaufgeregtheit der Musik bei. Virtuos ist sie genug, das muss man nicht um die Ohren geschlagen bekommen. Vermutlich findet Sheppard, der auch ohne Probleme Musik für 200 Saxophone & Elektronik schreiben kann, in solchen schon fast zen-haften klanglichen Milieus genau die musikalische Bewegungsgeschwindigkeit, die dem menschlichen Organismus gut tut. Vor allem akustisch. Und von dort geht´s dann wohlig ab ins Soma, und natürlich ohne dass deswegen irgendwie der Gedanke an „Ambient“ aufkäme. Gut so.

Thomas Wörtche

Andy Sheppard: Movements In Colour.
ECM (Vertrieb: Universal).

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