Nach den Reisehinweisen von Rolf Barkowski in den Blues-Himmel am Mississippi (vergl. „BluesMag: Der Blues ist tot – lang lebe der Blues“ in der Septemberausgabe) und seinem Wochenende beim Mighty Mississippi Music Festival in Greenville (im Oktober) geht die Reise weiter auf dem Highway 61, dem Blues-Highway zum:
King Biscuit Blues Festival, Helena, Arkansas
Südlich von Memphis kreuzt der Highway 61 den Highway 49 zum ersten Mal. Ein ganz normale Kreuzung. (Im Gegensatz zur Kreuzung 50 km südlich in Clarksdale. In Clarksdale wird aus der Kreuzung der beiden Highways 61 und 49 die berühmt berüchtigte Crossroads. Der Ort, an dem Robert Johnson dem Teufel seine Seele verkauft hat. – Dazu an anderer Stelle hier bald mehr.)
Hier also ganz ohne Teufel und Mystik. Einfach rechts ab auf den Highway 49, der uns direkt auf die Brücke über den Mississippi River nach Arkansas führt.
Die Grenze Mississippi Arkansas liegt genau in der Mitte des Flusses. Zehn Minuten später erreicht der Reisende Helena, wo sich jedes Jahr Anfang Oktober die Cherrie Street für eine knappe Woche in eine quirlige Bluesmeile verwandelt.
Auf 800 Metern bunte Buden. Fressmeile und Bierstände. Die Smoker rauchen.
Jeden Mittag um 12.15 Uhr kann man Johnny Payne bei seinem seit 1951 (!) an jedem Wochentag live ausgestrahltem Radioprogramm ´King Biscuit Time` erleben. Die wenigen Geschäfte haben geöffnet, in Bubbas Plattenladen ist es proppenvoll. Mittendrin das Malco.
Kino wie Theater zugleich. An diesem Wochenende der Ort sowohl für die Gospel-Bühne als auch für interessante Gesprächsrunden rund um das Thema Blues ( „Call and Response, The Blues Symposium“). Im Delta Cultural Center die spannende Dauerausstellung über die Geschichte Helenas und der Cherry Street.
Musiker an jeder Ecke. Eine Mischung aus Kirmes und Beale Street. Dazwischen als Außenbühne die Lockwood Stackhouse Stage, als Innenbühne die Front Porch Stage. Und natürlich die Main Stage.
Auf allen drei Bühnen ab 12 Uhr mittags Programm im Stundenwechsel. Reba Russel, Henry ‚Gip‘ Gibson, Lonnie Shields, Kenny Brown, Kenny Smith mit Bob Margolin und Bob Stroger, Beverly ‚Guitar‘ Watkins, Robert Kimbrough – um nur einige zu nennen– wohin nur zuerst? Um möglichst viel zu sehen heißt es also: Beine in die Hand, Blick ins Programmheft und ab von Bühne zu Bühne. Und die Musiker am Straßenrand natürlich nicht vergessen.
Zum Glück endet das Programm auf den Nebenbühnen gegen 18 bzw. 20 Uhr, so dass man als Abschluss des Tages noch den Headliner auf der Main Stage erleben kann.
In diesem Jahr am Donnerstag Sonny Landreth, am Freitag John Mayall und am Samstag Charlie Musslewhite.
Das King Bisquit Blues Festival hat seinen ganz eigenen Charakter und ist mittlerweile eine Institution. 2016 feiert das Festival seinen 31.Geburtstag. Das Interesse ist groß, die Zuschauerzahlen sind deutlich höher als in Greenville. Die ‚Bluesianer‘ reisen aus den entferntesten Bundesstaaten an. Schon erstaunlich ist wie oft man im Gespräch hört, wie oft viele Besucher schon dabei sind. „ This year is my 20th. visit to the Bisquit“ ist keine Seltenheit.
Hinzu kommt: Alles, was hier dem Besucher geboten wird, ist kostenfrei. Nur für den Besuch der Main Stage werden für drei Tage 50 US Dollar fällig. Gemessen an dem Programmangebot eine absolut moderater Preis.
Die Menge der Akts, die Qualität der Musiker, die Stimmung und Atmosphäre – das hat was.
Jede Menge Entdeckungen oder Wiedersehen alter Bluesgrößen. In dieser Fülle wirklich selten.
Und für einige Blueslegenden vielleicht einer der letzten Acts vor Publikum. Der Auftritt von Cedell Davis in diesem Jahr war so ein Moment.
Genug geschwärmt.
Zwei Wochenenden im Delta. Zwei Festivals mit unterschiedlichem Charakter. Beide für den Bluesfan ein Muss. Was man hier in gut zwei Wochen an Bluesmusik erlebt….. Diese Reise lohnt sich!
Hier noch ein paar Eindrücke:
P.S. Ach ja. Da gibt es ja noch die Tage zwischen den Festivals, die Tage davor und danach…
Dazu demnächst mehr.
(Alle Fotos: (c) Rolf Barkowski, 2016)