Geschrieben am 10. Februar 2005 von für Musikmag

Ingo Marmulla: Everytime It Rains

Überraschende, kontrastreich gesetzte Vielfalt

CDs wie diese werden vermutlich immer mit den Groß-Konzepten der Majors inkompatibel bleiben.

Der Production Designer bei einem Major Label hätte diese CD vermutlich so nicht durchgehen lassen. Denn Ingo Marmullas „Everytime it rains“ setzt programmatisch auf Vielfalt, ohne eben diese Vielfalt als Marketing-Konzept glatt und gefällig zu inszenieren. Statt dessen fegt der Recklinghauser Gitarrist, der seine Meriten mit u.a. Gunter Hampel, Theo Jörgensmann und vor allem Benny Bailey verdient hat, mit einer hochkarätigen Truppe durch die Stile: Das geht von einer angerockten Ballade wie dem Titelstück, „Everytime It Rains“ (geschrieben von Randy Newman, rührend gecovert von Joe Cocker) bis hin zu einem zwischen free und postbop oszillierenden Stück wie „Horloge“: Letzteres ebenso eine Komposition Marmullas wie das fast klassische Gitarren-Trio „Dancing In The Dark“, bei dem man deutlich hört, wo Marmullas Wurzeln liegen: Bei Wes Montgomery, obwohl gerade bei diesem Stück eine Menge Singlenotes im Spiel sind. Und damit ist auch schon der Kontrast markiert zu zwei gewaltigen Hämmern von Manfred Schoof: „Suggestions“und „Horizons“, denen Schoofs Trompete (und die von Carsten Gronwald) den nötigen Globe-Unity-Charakter mit knallenden Flageoletts einbläst.

Souverän und gelassen

Und apropos hochkarätige Truppe: Zu den Genannten gesellen sich noch in verschiedenen Mischungen die Saxophonisten Gerd Dudek und Matthias Nadolny, die noch weit unterschätzte Katrin Scherer und Eckard Koltermann mit seiner Bassklarinette; an der Posaune wirkt Ludwig Götz, am Schlagzeug virtuos und energetisch Wolfgang Ekholt, den Bass bedient in wuchtig-eleganter Manier Bernd Zinssius, am Piano assistiert Thomas Hufschmidt. Marmulla selbst ist ein souverän-gelassener Gitarrist, der eher zurückhaltend, denn mit krachenden gimmicks agiert; ein Atmosphären-Macher ist er eh. Und ein einfallsreicher Kopf: „Upstairs“, ein schönes Bop-Stückchen, ist Evan Horne gewidmet, dem Jazz-Detektiv aus der Feder des schreibenden Schlagzeugers Bill Moody.

Diese überraschende, kontrastreich gesetzte Vielfalt macht den Reiz dieser Produktion aus. CDs wie diese werden vermutlich immer mit den Groß-Konzepten der Majors inkompatibel bleiben.

Ich finde das nicht schlimm und bin bereit, deswegen auch über ein paar aufnahmetechnischen Macken hinwegzuhören. Hauptsache, man kann die Musik hören.

Thomas Wörtche

Ingo Marmulla: Everytime It Rains. DingDongRecords, 1040.