Geschrieben am 30. Juli 2009 von für Musikmag

Mayra Andrade: Stória, stória…

Kein Ethno-Kitsch

Zusammen mit einer feinen Auswahl von Spitzenmusikern aus Brasilien, Guinea, Angola, Kamerun, Portugal und natürlich auch den Kapverden selbst, erscheint jeder der dreizehn Tracks genau durchdacht und dann federleicht vorgetragen. Von Thomas Wörtche

Schaut man auf die Weltkarte, wo die Kapverdischen Inseln liegen – westlich vom Senegal, im Atlantik, auf dem Weg nach Südamerika – ist klar, was kapverdische Musik eigentlich nur sein kann: Eine Mischung afrikanischer, afrokubanischer und südamerikanischer Traditionen im lusophonen Idiom, sprich: gesungen wird auf Portugiesisch. Kapverdische Musik ist schon immer abhängig von ihren Sängerinnen und Sängern. Als ungekrönte Königin galt und gilt die schon fast mythische Cesaria Evora.

Aber die 1985 auf Kuba geborene Mayra Andrade ist trotz ihrer Jugend schon wahrlich brillant. Das liegt nicht nur an ihrem enormen sängerischen Können – darüber muss man kein Wort verlieren -, sondern auch an der großen Klugheit, wie sie mit ihrem musikalischen Material umgeht. Zusammen mit einer feinen Auswahl von Spitzenmusikern aus Brasilien, Guinea, Angola, Kamerun, Portugal und natürlich auch den Kapverden selbst, erscheint jeder der dreizehn Tracks genau durchdacht und dann federleicht vorgetragen. Ohne welt-musikalische Zugeständnisse, ohne Zeitgeist, un-dubbed sozusagen, und unplugged, aber keinesfalls folkloristisch. Gigantisch swingend wie bei „Odjus fitchádu“ oder elegant mazurka-haft im frankophonen Ausreißer, „Mon Carrousel“, mit Musette-Sprengsel und auf die gaita-Tradition (gaita = Akkordeon) der Kapverden abgestellt, wobei letzterer Titel durchaus hohe Ohrwurm-Qualitäten hat, wenn er sich mal in den Gehörgängen festgefressen hat.

Die rhythmische Vielfalt, die zwanglose Vereinigung von Idiomen (z. B. die Integration von jazzigen Riffs und Akkordeon-Tradition, Samba und Polyrhythmik bei „Badiu si …“) und die hochkomplexe Lässigkeit vertreiben jeden Ethno-Anspruch und Ethno-Kitsch, und zeigen kapverdische Musik, interpretiert von Mayra Andrade, als faszinierendes, eigenes musikalisches Universum – vom Atlantik umspült. Very romantisch, zudem.

Thomas Wörtche

Mayra Andrade: Stória, stória…
RCA Victor/Sony Music.

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