Geschrieben am 27. November 2008 von für Musikmag

Various: Roll Your Moneymaker

Lehrreicher Spaß

Selbst wer mit Namen wie Slim Harpo, Junior Parker, Ruth Brown oder Etta James einiges anfangen kann, wird hier noch Neues erfahren. Von Thomas Wörtche

Trikont-Anthologien sind meistens ziemlich wunderbare Veranstaltungen. Musikalische Philologie, die zu hören nix als Spaß macht. So auch hier – 24 von Jonathan Fischer ausgewählte Tracks zum Thema „rohe Ursprünge“ des schwarzen Rock’n’Roll, unter besonderer Berücksichtung der „eher düsteren, Blues-besoffenen und moralisch anrüchigen“ Aspekte von Pop-Musik, die noch heute in deren besten Varianten nachwirken. Oder, wie „Variety“ 1956 schrieb: Musik, die „schweinische Postkarten in Songs“ verwandelte. Na hoffentlich, denn irgendwo musste ja alles das hin, was im tief rassistischen Postwar-America der 1940er und 1950er nicht offizieller Gegenstand von populärer Kultur sein durfte.

Aber die musikhistorische Seite ist eines, die Musik selbst eine andere. Denn selbst wer sich etwa einigermaßen auskennt mit den Produkten der Gebrüder Leonid und Phil Chess aus Chicago („Spinning Blues into Gold“ – wie die Firmenbiographie von Chess Records nicht umsonst heißt) und der Musik von Howlin´Wolf, Willie Dixon und Co., selbst wer den frühen Ike Turner nicht nur für den leicht gangsterhaften Ex von Tina hält, und selbst wer mit Namen wie Slim Harpo, Junior Parker, Ruth Brown oder Etta James einiges anfangen kann und zudem ganz und gar nicht der Meinung ist, der „Moneymaker“ sei irgend ein nettes Gerätchen – auch solche Leute können hier immer noch was Neues lernen und hören.

Zum Beispiel die Grundversion von „Got My Mojo Working“, denn die stammt eben nicht von Muddy Waters, der daraus einen Riesenhit gemacht hat, sondern von „Ann Cole with The Suburbans“. Dito wusste ich nicht, dass die Kinks (kluge Jungs anyway) von Lazy Lester u. a. „Sugar Coated Love“ gecovert haben, an dem wir uns hier erfreuen können. Dass Shakey Shakes „Roll Your Moneymaker“ eine sowas von dynamische Dampframme von Song ist, dass „Night Out“ von dem kaum bekannten und in der Obskurität der Zeiten verschwundenen John J. Moses ein politisch nicht sehr korrektes, aber fein gemachtes Stück über Männer, Frauen und Geld ist, und dass man Johnny „Guitar“ Watsons E-Gitarren-Delir „Space Guitar“ (steckt da nicht auch ein Riff drin, das wir später in der „Kommissar“-Titel-Melodie von Herbert Jarczyk pausenlos um die Ohren bekommen haben?) getrost als total weggetreten bezeichnen kann – all das und noch vieles, vieles mehr erfahren wir auf dieser CD. Lehrreich hin oder her, genug geile Musik satt…

Thomas Wörtche

Various: Roll Your Moneymaker. Early Black Rock’n’Roll 1948-1958. Trikont (Vertrieb: Indigo).

Reinhören bei Indigo