Geschrieben am 1. Mai 2010 von für Bücher, Crimemag

Carol O`Connell: Such mich!

Take it easy …

In den USA löste der Roman Such mich! von Carol O’Connell einen kleinen Skandal aus. Unter den Mallory-Junkies. Denn der Schluss des wie immer furiosen Thrillers legt die Befürchtung nahe, dieser neunte Mallory-Roman könnte gar der letzte sein. Und das wäre wirklich nicht zu ertragen! Aber das muss nicht sein, soviel zum Trost. Und als Überbrückung bis zum Juni, wenn der nächste Band erscheint. O’Connell-Kennerin Lena Blaudez tröstet uns sehr!

Vielleicht ist dieses der letzte Roman über eine Mallory, wie wir sie bisher kennen. Und das ist so: unnahbar, ultracool, penibel, perfekt, elegant, exzentrisch. Eine eiskalte Schönheit und geniale Ermittlerin, die sich Computer hält wie andere Leute Hunde. In Polizei-Kollegenkreisen: Detective Mallory, die Maschine.

Mallory ist auf Reisen und hat sich gut im Griff. Denn wie immer gehen ihr langsame, geistig schlichte und uninspirierte Leute fürchterlich auf die Nerven, aber dank eisenharter Selbstkontrolle schießt sie die nicht über den Haufen. Andererseits gerät sie plötzlich in Panik, als der Wind einen alten Brief davonzutreiben droht. Was ist mit ihr los?

Rätsel um die eigene Vergangenheit

Auch in Such mich!, wie in anderen Romanen zuvor, ist Mallory ihrer eigenen traumatischen Vergangenheit auf der Spur. In einem frisierten VW-Cabrio rast sie die historische Route 66 auf der Suche nach den Stationen entlang, die ihr Vater in Briefen beschrieben hat. Immer mit der dazu empfohlenen Musik von den Eagles, den Who, den Stones oder Black Sabbath. Während der Fahrt stößt sie bald auf immer mehr Eltern, die ihre – zum Teil schon seit langer Zeit – vermissten Kinder suchen und die sich zu einem Konvoi zusammengeschlossen haben. Ziemlich skurrile Typen, seltsame Frauen und eigenartige Kinder reisen die Route 66 entlang und halten jedem die Fotos und Suchanzeigen vor die Nase. Besonders Dr. Magritte, der Internet-Psychiater und Organisator der Reise erregt Mallorys Argwohn.

Und der Haifisch …

Grund der demonstrativen Elternreise: Das FBI gräbt entlang der Straße Kinderleichen aus. Und immer kommen neue Leichen hinzu. Riker, Mallorys Freund seit Kindertagen und Kollege, sowie der liebenswerte und hoffnungslos Liebende, Charles Butler, sind natürlich auch wieder mit von der Partie. Riker ist von der Angst getrieben, die auf jede Zuneigung pfeifende Mallory zu verlieren, die für ihn die Einzige ist, die er als „Familie“ bezeichnen würde. Er reist ihr nach und versucht sie zu schützen, ohne dafür von ihr gesteinigt zu werden. Denn je näher Mallory dem Serialkiller kommt, umso klarer wird, dass der es jetzt auf sie abgesehen hat.

Bald erkennt Mallory, dass Dodie, das sich hin- und herwiegende Kind mit dem Mackie-Messer-Song auf den Lippen, die am meisten gefährdete Person des Konvois ist. Was weiß sie?

Leichthändig

Carol O’Connell baut leichthändig eine enorme Spannung auf, demontiert bösartig-lustvoll profilneurotische Personen, wie wir sie alle kennen und lieber nicht kennen würden und erfreut immer wieder mit ihrem ironischen Blick auf die Welt. Zum Glück legt btb jetzt die Mallory-Reihe wieder auf, denn so kommt uns Mallory erst einmal nicht abhanden, egal was Carol O’Connell noch so mit ihr vorhat.

Lena Blaudez

Carol O`Connell: Such mich! (Find me, 2006). Roman.
Aus dem Amerikanischen von Renate Orth-Guttmann
München: btb 2010. 480 Seiten. 14,95 Euro.

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