Geschrieben am 16. August 2014 von für Bücher, Crimemag

Franz Zeller: Sieben letzte Worte

Franz_Zeller_Sieben letzte WorteEli, Eli, lama asabthani? oder Haydn? Kommt mit der nächsten Kalesche!

Ein Salzburg-Krimi, ach ja, Regionalkrimis gehen nun mal nach den Frequenzen des Tourismus. „Sieben letzte Worte“ von Franz Zeller ist so ein Ding. Stefan Linster hat es sich genauer angeschaut:

Ich weiß ja nicht, wie es anderen diesbezüglich geht, aber wenn ich zum x-ten Mal auf einen Krimi treffe, in dem es von sprechenden Namen oder von absonderlichen oder gar von absonderlich sprechenden Namen wimmelt, dann sträubt sich mir vor Argwohn das allmählich schüttere Nackenhaar. Und leider stolpert man in Franz Zellers „Sieben letzte Worte” schon gleich zu Anfang über derart viele, dass einem die Lust vergehen kann. So gibt es etwa beim Kiebererpersonal einen gewissen Moll, seines Zeichens gedämpft melancholischer Chefermittler, einen Oberhollenzer, ein Bär von Gesetzeshüter, der bei heiligem Zorn zur Tätlichkeit neigen kann, oder die spritzig gescheite Vierzigerin Pellegrini … und neben etlichen mehr darf auch ein Herr Gockl natürlich nicht fehlen, der Oberchef! Nur um begreiflich zu machen, wie groß Argwohn und Gesträube waren, auch wenn es mit all diesen Patronymen geschlagene im wirklichen Leben wahrhaftig und zuhauf gibt, geschenkt! Und vielleicht geht’s im süddeutschen Sprachraum ja auch nicht anders. Dass ich Zellers Salzburg-Krimi Nummer 3 dann doch zu Ende las, lag mithin am unbestreitbaren Humor, den recht lustigen Figuren, ihren amüsanten Frotzeleien und am Umstand, dass Zeller sein Salzburg, das pittoreske wie das abgründige, anscheinend gut kennt und einen prächtigen Cicerone abgegeben hätte.

Joseph Haydn

Joseph Haydn

Allerdings kann ich die mancherorts geäußerte Verzückung dennoch nicht vollends teilen, dafür weckte der Titel zu große Erwartungen in mir, die die Geschichte nicht einzulösen vermochte. Mitten in der schwülen Vorfestspielzeit, während der alternde Skandalregisseur Kajetan del Gardo (noch so einer!) letzte Hand an seine szenische Aufführung von Haydns berühmtem Oratorium legt, verschwindet dessen Hauptdarstellerin, die den sterbenden Erlöser geben soll. Eine geschmacklose PR-Aktion? Der Inbegriff eines Theatercoups? Als ihre Leiche eine paar Tage später buchstäblich aus dem Almkanal auftaucht und sich spektakulär makaber am Wasserrad der altehrwürdigen Stiftsmühle verfängt, scheint daran nicht mehr zu denken zu sein, wiewohl es sich merkwürdig ausnimmt, dass erwähnter Spielleiter danach unverdrossen und munter mit der Zweitbesetzung weiterprobt … Unserem Ermittlertrio gelingt es schließlich, hinter die Kulissen, die Salzburger wie die der Bühnenwelt, zu dringen, ein allzu menschliches Liebes- und Lebensdrama aufzudecken und dem Täter, um im Bild zu bleiben, die perfekte Maske der harmlosen Redlichkeit vom Gesicht zu reißen.

© Wladyslaw Sojka

© Wladyslaw Sojka

S/M

Was mich nun jedoch schmerzt, ist die Vermutung, der Autor könne seiner Fabel womöglich selbst nicht ganz getraut haben (oder hat ihn vielleicht der Mut verlassen?). Statt die „Sieben letzten Worte” beherzt einzubringen und insbesondere die motivische Chance des furchtbaren „vierten Wortes” auszuarbeiten, welches doch die Verlassenheit des sterbenden Christus und letztlich die unser aller apodiktisch zum Ausdruck bringt – Zeller belässt es da in der Darstellung von Täter und Motiv leider bei leisen Andeutungen –, entwickelt der Autor eine weitere, meiner Ansicht nach eher unnötige Intrige hinzu, die uns in die abgründigen Sphären einer wirklichen Sadomasochistin führt. Zwar mag der thematische Zusammenhang in der absoluten Einsamkeit einer nur im Extrem sich auslebenden Gefühlswelt gegeben sein, doch wirkt das Ganze meines Erachtens aufgesetzt, zumal einer der scharfsinnigsten Protagonisten hierbei fast den ungesuchten Tod findet. Es mag ja vermessen klingen, wenn sich der kritische Leser einen anderen Roman wünscht, das Recht aber hat er in jedem Fall, vor allem bei einem solchen Titel, sich weit mehr Haydn und weniger sagen wir Bret Easton Ellis zu erhoffen. Unterm Strich dennoch keineswegs vertane Lebenszeit.

Stefan Linster

Franz Zeller: Sieben letzte Worte. Roman. München: Knaur TB 2014. 288 Seiten. 8,99 Euro. Verlagsinformationen zu  Buch und  Autor.

 

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