Die schönste Devotionalie
Ein repräsentatives, gerne auch jahreszeitlich geschenktaugliches und gleichzeitig sinnvolles Bilderbuch zu Georges Simenon – Thomas Wörtche ist begeistert.
Zum 20. Todestag von Georges Simenon bringt Diogenes einen nur mit spärlichen, aber informativen Texten (zu Simenon ist schließlich so viel gesagt worden, nicht zuletzt von ihm selbst) ausgestatteten, mit bekannten und viel bis dato unbekanntem Bildmaterial proppevolles coffee table book. All about Simenon, sozusagen, inszenierte Bilder und Schnappschüsse, Cover aus aller Welt (Jorge Simenon gefällt mit gut, in Deutschland lief er am Anfang unter Georg, auch nicht übel), Fotos mit und von Promis der Zeit (Colette, Josephine Baker usw.), Privatbilder. Material aller Art: Notizzettel, Briefe, Zeitungsausschnitte (u.a. das berühmte Interview mit Trotzki, das Simenon im Juni 1933 in Istanbul geführt hatte). Seine Fotoserien aus Afrika. Dazu natürlich Filmplakate, Maigret-Darsteller, Film-Stills und idyllische Homestories über weniger idyllische häusliche Verhältnisse. Und und und …
Für Simenon-Liebhaber ein grandioses Bilderbuch. Für Leute, die partout wissen möchten, wer denn der Mensch Georges Simenon, dieser virtuose Tarnkappenkünstler via hemmungsloser Selbstentblößung, war, ist der Band ein großes, wunderliches, faszinierendes Kaleidoskop. Zu einem stimmigen Bild zusammensetzen kann man es wieder einmal nicht. Inszenierung, Selbstinszenierung, Behauptung und glattes Dementi, all da steckt auch in den Bildern. Schauen Sie sich einfach mal die Abteilung „Porträts im Lauf der Zeit“ genau an. Dann wissen Sie wieder nicht, wer Simenon war. Und das macht noch heute einen großen Teil der Faszination aus. Wie seine Texte …
Thomas Wörtche
Georges Simenon: Sein Leben in Bildern. Herausgegeben von Daniel Kampa, Margaux de Weck und Anna von Planta. Zürich: Diogenes Verlag 2009. 335 Seiten. 49,00 Euro.