Geschrieben am 17. Dezember 2006 von für Bücher, Crimemag

Gilbert Adair: Mord auf ffolkes Manor

Amusing, isn’t it?

Mit dem Mord auf ffolkes Manor hat Adair eine glänzende Parodie auf den englischen Kriminalroman in der Tradition von Agatha Christie vorgelegt.

Der 1944 in Edinburgh geborene Gilbert Adair ist in vielen Genres zu Hause. So hat er als Übersetzer George Perecs „e“-losen Roman La disparition unter dem Titel A void kongenial ins Englische übertragen. Seine Hommage an den französischen Film, Die Träumer, wurde von Bernardo Bertolucci erfolgreich verfilmt. Immer wieder jedoch zieht es Adair in die Nähe des Kriminalromans. Blindband oder Der Schlüssel zum Turm sind gelungene Ausflüge dorthin. Mit dem Mord auf ffolkes Manor nun hat Adair eine glänzende Parodie auf den englischen Kriminalroman in der Tradition von Agatha Christie geschrieben. Bezeichnend für den Autor ist hierbei, dass er nicht brachial den altehrwürdigen Stil persifliert, sondern sein Roman eine Würdigung der Vorbilder ist.

Die Ausgangssituation ist eine nicht ganz unbekannte: In einem Herrenhaus bei Dartmoor, von der Außenwelt durch winterliche Schneestürme abgeschnitten, geschieht ein Mord. Das Zimmer, in dem die Leiche gefunden wird, ist von innen verriegelt, die Fenster sind vergittert und von einer Tatwaffe fehlt jede Spur. Der Mörder – oder die Mörderin – muss sich unter den illustren Gästen der Weihnachtsgesellschaft befinden. Ein pensionierter Chefinspektor, der in der Nähe wohnt, wird zu Rate gezogen. Bis das Wetter sich beruhigt und die Polizei gerufen werden kann, macht sich Trubshawe daran, die Anwesenden der Reihe nach zu befragen. Wie sich zeigt, hatte jeder ein hinreichendes Motiv für den Mord: Das Opfer war ein unbeliebter Klatschkolumnist, der in der Vergangenheit des Vikars, der Schauspielerin, der Krimiautorin und des Arztes auf so manches mehr oder weniger dunkle Geheimnis gestoßen ist. Da geschieht plötzlich ein weiterer Mord und die Karten werden neu gemischt.

Versnobtes Flair

Natürlich muss an dieser Stelle die Schilderung des Inhalts enden, schließlich soll der Leser die Möglichkeit behalten, sich seine eigenen Gedanken zum Tathergang zu machen. Viel beeindruckender allerdings als die Konstruktion des Kriminalfalls ist der vorzügliche Tonfall des Romans. Adair greift überzeugend das versnobte Flair eines englischen Kriminalromans auf. Den Hass der Weihnachtsgäste auf ffolkes Manor hat das spätere Mordopfer nicht erst durch gezielte Angriffe, sondern bereits durch einigermaßen flegelhaftes Benehmen auf sich gezogen. Wunderbar ist Adair die Figur der Krimiautorin Evadne Mount gelungen, eine erkennbare Inkarnation von Agatha Christie selbst. Trubshawe und Mount liefern sich großartige Wortgefechte voller ironischer Anspielungen. Leider manifestiert sich an manchen Stellen der Eindruck, dass Jochen Schimmang bei der Übersetzung nicht immer so stilsicher gearbeitet hat, wie es Thomas Schlachter vermochte, der die bisherigen Adair-Werke in der Edition Epoca betreute. Ein paar sprachliche Feinheiten scheinen auf dem Weg ins Deutsche verloren gegangen zu sein. Das tut dem Spaß an dieser Lektüre letztlich aber keinen Abbruch.

Frank Schorneck

Gilbert Adair: Mord auf ffolkes Manor. Deutsch von Jochen Schimmang. C. H. Beck 2006. 295 Seiten. 18,90 Euro