Geschrieben am 2. Februar 2013 von für Bücher, Crimemag

Hauke Friederichs: Bombengeschäfte

BombengeschaefteTrübe Fakten

Waffenhandel gehört zu den neuralgischen Themen, irgendwo im Graubereich zwischen legal und illegal, legitim und illegitim. Ein neues Sachbuch von Hauke Friederichs, „Bombengeschäfte. Tod made in Germany“, beschäftigt sich mit den „legalen“ Aspekten des Business. Auch nicht schön, findet Klaus Kamberger.

Früher haben die Kirchen ja noch Waffen gesegnet. Genauer gesagt: Solange Panzer und Kanonen, U-Boote und Dicke Berthas das geliebte Vaterland schützen resp.  zum Sieg führen sollten, sparte der deutsche Bischof nicht gerade an geweihtem Wasser. Heutzutage ist man da klerikal nicht nur mehr auf Distanz gegangen, man warnt sogar ausdrücklich vor der Maschinerie des Todes. Vor allem vor einem ungebremsten Handel mit ihr und ihrem Export in alle Welt.

Angela Merkel muss also anderswo nach Fürsprechern suchen, wenn sie ihre Förderprogramme für die Rheinmetalls, Krauss-Maffeis und Heckler & Kochs in Gang halten will. Deutschland ist schließlich der drittgrößte Waffenexporteur der Welt (innerhalb der EU sogar der größte). Anno 2010 wurden für 4,75 Mrd. Euro Rüstungsgüter in alle Welt verkauft.

Längst gilt bei alldem nicht mehr die einst eiserne Maxime, geliefert werde ausschließlich an Verbündete und niemals in Krisengebiete! Kürzlich erst verrenkte sich in der SZ noch ein neunmalkluger Gastkommentator das (offenbar nicht vorhandene) Rückgrat, als er meinte: Wenn wir etwa ein autoritäres Regime wie das saudi-arabische nicht stützen und ihm keine Panzer und Kanonen liefern, fühlen sich die Herrscher dort immer mehr in die Enge getrieben, nicht zuletzt vom eigenen Volk, und werden, oh Schreck, am Ende noch autoritärer! Na, so was …

Leo2A5

Leopard 2A5 von Krauss-Maffei Wegmann

Wie es um Deutschlands Rolle en gros und en detail auf dem internationalen Waffenmarkt steht, wer da alles seine Finger im glänzenden Geschäft hat, wie stark der Druck der Industrie-Lobby auf Merkel & Co. ist, wie sie sich dabei vom Totschlagargument (Arbeitsplätze!) und moralischen Appellen (Verantwortung übernehmen!) überrollen lassen, all das hat Hauke Friedrichs in seinem Handbuch exzellent zusammengefasst. Ziemlich nüchtern, ohne schrille Töne, ohne pazifistische Anwandlungen, nur mit Fakten, die für sich selbst sprechen.

Friedhofsruhe

Fakten zu nennen tut umso mehr not, als die Merkel-Regierung so viele Geheimnisse darum macht. Waffentransfer und -ausfuhr sind ja leider nicht Sache des Parlaments, sondern werden weitgehend unkontrolliert von einem „Bundessicherheitsrat“ erledigt, dem Kanzler(in) und acht Minister angehören. Alle anderen bleiben außen vor. Das ist zwar nicht neu, wird heute aber anders als noch vor ein paar Jahren gehandhabt. Helmut Schmidt in seinem Interview, das dem Buch vorangestellt ist: Zu seiner Zeit seien Waffen ausschließlich an „unsere Bündnisgenossen“ gegangen. Frau Merkels Eiertänze – z. B. bei den vorgesehenen Deals mit den Saudis –  sind in seinen Augen daher nichts anderes als „Angst vor der Öffentlichkeit“.

Und aus der Angst geboren scheint so auch Frau Merkels neue Maxime, nach der es heute vor allem, quasi als flankierende Maßnahme zum Einsatz deutscher Truppen im Ausland, um „Ertüchtigung“ der „Partnerländer“ gehe. Aber Ertüchtigung wozu? Und Partner sind noch lange keine Bündnisgenossen. Bei so viel Verschwommenheit stellt sich dann kaum mehr die Frage, ob und wie deutsche Waffen z. B. in Saudi-Arabien für Frieden und Sicherheit sorgen. Auch auf Friedhöfen herrscht bekanntlich Frieden. Und wer den Frieden stört,  wird halt zur Ordnung gerufen, egal ob eigener Bürger oder schiitischer Feind von draußen …

Deutsche Rüstungsfirmen verkünden gern bei jeder passenden Gelegenheit, dass sie ihre Panzer und Kanonen in erster Linie für die Verteidigung des eigenen Volkes herstellen. Gut so. Doch in Wahrheit gehen mehr als 70 % ihrer  Produktion ins Ausland. Das meinen Verlag und Autor, wenn sie dem Buch den Untertitel „Tod made in Germany“ geben.

Klaus Kamberger

Hauke Friederichs: Bombengeschäfte. Tod made in Germany. Mit einem Interview mit Helmut Schmidt. Salzburg: Residenz Verlag. 236 Seiten 21,90. Verlagsinformationen zum Buch.

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