Morde in illustrem Milieu
– Katzenkrimi, Sherlock-Holmes-Krimi, Countrymusik, ein toter Literaturagent, eine tote Lektorin – kann so was funktionieren? Oh ja – die ersten Seiten stimmen schon mal. Es sind ein paar Lacher drin, in diesem Stil: „Ich klopfte energisch gegen 407. Nichts. Nicht mal ein Miau.“ Christiane Geldmacher kann sich darüber durchaus amüsieren.
In New York ist es manchmal nicht leicht zu unterscheiden, wer verrückt ist und wer nicht. Kinky Friedman, Countrysänger und Detektiv, wohnt mit seiner Katze in einem Loft in New York. Zusammen mit seinem besten Freund Ratso (der Katzen für affektierte, eingebildete, faule Bastarde hält) geriert er sich als Sherlock Holmes und Dr. Watson. Sein dritter Fall (das Buch erschien 1983): Von einer Katzenausstellung aus dem Madison Square Garden ist eine Katze entführt worden. Sie heißt Rocky, gehört Kinkys Freundin Jane und hat „putzige weiße Söckchen“ an (ja, das Buch ist nicht klischeefrei, aber diese Klischees sind ironisch gebrochen). Da der Kinkster ein Katzenliebhaber ist und zudem ein loyaler Freund, macht er sich unverzüglich auf die Suche nach dem Tier.
Natürlich bekommt er es mit Morden zu tun, wir befinden uns ja im Krimigenre. Ein Literaturagent stirbt, eine Lektorin (eine andere als Jane) auch. Alles weist auf die kolumbianische Drogenmafia hin. Brandgefährlich also – aber so einer wie der Kinkster lässt sich davon nicht einschüchtern.
Und so nimmt eine furiose Story ihren Lauf – am Ende wird nicht nur diese Katze wieder auftauchen, sondern der Kinkster auch den Mord an dem Literaturagenten und der Lektorin aufgeklärt haben. Außerdem hat er die Stadt von den zwei konkurrierenden kolumbianischen Drogenkartellen befreit. Das klingt alles zu weit hergeholt? Vielleicht. Andererseits: Der Autor Kinky Friedman hat bereits – wahre Geschichte! – eine Frau befreit, die bei einem Banküberfall als Geisel genommen wurde. (Das können vermutlich nicht viele Krimiautoren von sich behaupten.)
Manchmal erschlagen einen natürlich die Flut der Bilder. Dauernd werden Vergleiche angestellt. Da sieht ein Hotel aus wie ein gigantisches Schiff, aus dessen Bullaugen kleine Katzengesichter starren. Oder die Zigarre Jamaica-A muss ein ganzes Jahr lang reifen und hat dann eine bessere Herkunft als viele Leute, die der Kinkster kennt. Das Kichern des Polizeibeamten klingt wie ein Kerl, der 1957 versuchte, seinen Rasenmäher zu starten (das gefällt mir am besten). Der Boss ist wütender als ein Indianer, der versucht, Pipi zu machen und kein Tipi findet (das am wenigsten). Manchmal hauen diese Bilder eben besser hin, mal schlechter.

Kinky Friedman (Quelle: wikipedia)
Oder der Künstlerwitz. „Mir fiel eine kleine Story ein, die mir mein Kumpel John Mankiewicz über einen Schriftsteller in L.A. erzählt hatte, der nach Hause kam und sein Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt vorfand. Ein Nachbar kam rüber und sagte: ‚Ihr Agent war da. Er vergewaltigte Ihre Frau und Ihre Tochter, tötete Ihren Hund und fackelte das ganze Haus ab.‘ Der Schriftsteller war wie gelähmt. Er stolperte durch die Asche seines Heims, und alles, was er sagen konnte, war: ‚Mein Agent war da?‘
Das Buch erinnert in seinen Absurditäten ein wenig Nury Vittachis Feng-Shui-Detektiv C.F.Wong. Friedmans und Vittachis Plots haben ungefähr die gleiche Glaubwürdigkeit (also hanebüchen). In diesem Katzenkrimi wird am Ende einer, der ein Hundebuch geschrieben hat … aber greifen wir nicht vor! Wer Klamauk liebt, wird mit diesem Buch bestens bedient. Das Buch hat ein spritziges Cover und einen erfrischend originalgetreuen Titel! Gut!
„Dieser Autor hat mehr überraschende Ideen auf der Pfanne, als sich eine komplette Kreativ-Schreiben-Klasse aus dem Kopf schlagen könnte“ schreibt Franz Dobler in seinem kenntnisreichen Nachwort. Darauf ein Miau!
Christiane Geldmacher
Kinky Friedman: Wenn die Katze weg ist (When the Cat’s away, 1983). Kriminalroman. Mit einem Nachwort von Franz Dobler. Deutsch von Hen Hermanns, überarbeitet von Vanessa Wieser und Evelyn Steinthaler. Wien: Milena Verlag 2012. 240 Seiten. 17,90 Euro. Zum Buch. Kinky Friedmans bekanntester Countryhit. Zur Webseite des Autors. Und News about the Kinkster (danke an Mike Wuliger).
Zur Homepage von Christiane Geldmacher