Schöne Frauen, schön gezeichnet – Die Kunst des Robert E. McGinnis
– Robert E. McGinnis hat die Bildsprache der Populären Kultur des 20. Jahrhunderts mit seinen Covern und Illustrationen entschieden mitgeprägt. In den nächsten Tagen wird er 89 Jahre alt. Ein Geburtstagsgruß von Alf Mayer.
Ed McBain, Richard Stark, John D. Macdonald. A.A. Gardner Fair, Carter Brown und manch anderen bin ich seiner Cover wegen zuerst begegnet. Es waren starke Titelmotive, nicht alle Bücher hielten, was der Titel versprach. Ullstein etwa hatte die bessere Hand als Heyne mit Bruno Fischer oder Michael Avallone. Aber sei es drum, die Cover waren toll und sexy. Sie waren das Werk eines Mannes, dem nun ein opulenter Bildband huldigt: „The Art of Robert McGinnis“. Der Künstler selbst und der Sammler Art Scott haben ihn zusammengestellt.
Als Erstes verblüffte mich der im Dezember 2014 in London bei Titan Books erschienene großformatige Band mit seiner Druckqualität. Sie ist zum Augenreiben gut. Sieben Jahrzehnte Buchumschlagkunst, Magazin- und Filmillustrationen, als Zugabe ein Interview und seine Galerie- und Westernkunst runden den appetitlichen Band. McGinnis zeichnet und malt seit 1947. Er lernte bei Disney, studierte in Ohio, arbeitete in New York als Illustrator, ehe Verlage und Magazine auf ihn aufmerksam wurden. Seine ersten Cover von „True Detective“ und „Master Detective“ schuf er 1956, sein erstes Taschenbuchcover kam 1958 auf den Markt. Er zeichnete für Kriminal-, Spionage und Liebesromane, für Western, Romanzen, Gothics und Historicals. Er war zudem ein guter Karikaturist und Cartoon-Zeichner, seine Illustrationen erschienen auch in den Männermagazinen der 60er und 70er des letzten Jahrhunderts. Sein Markenzeichen war „die McGinnis-Frau“ – langbeinig, intelligent, verführerisch, lasziv und rätselhaft.

Augenkontakt und meist ein Lächeln
In der Ehrengallerie der „Society of Illustrators“, in die man per Wahl aufgenommen wird, steht er neben Norman Rockwell, N.C. Wyeth, Maxfield Parrish, Dean Cornwell und Howard Pyle. Niemand setzt Farbe so sparsam ein und klug, niemand zeichnet schöne Frauen schöner als er. Ein Angebot von Playboy, dem verstorbenen Alberto Vargas als Künstler der Pinup-Seite nachzufolgen, lehnte er ab, weil er die Haltung des Magazins Frauen gegenüber „zu unreif und unerwachsen“ fand.
Seine ersten Taschenbuchcover hatten Titel wie „Built for Trouble“ oder „The Beauty Queen Killer“, sein erster Auftrag bei Fawcett Crest war 1959 für „The Red Scarf“ von Gil Brewer, eine brünette Frau auf einem Barstuhl in Seitenansicht, Zigarettenspitze und Riemchen-Stilettos, Augenkontakt, ein leichtes Lächeln im unaufdringlich geschminkten Gesicht. „The money was hot and so was the girl. But it was cold-blooded murder just the same“, versprach der Anreißtext. McGinnis zeichnete viele Jahre für drei Krimiserien: Mike Shayne für Dell, Carter Brown für Signet und Perry Mason für Pocket Books. Für jedes Buch gab es einen „Readers-Report“, drei bis fünf Seiten kurze Inhaltsangabe, Charaktere und Setting, das war es an Vorgaben. McGinnis sandte Bleistiftskizzen seiner Entwürfe, die Haarfarbe musste stimmen, sonst – erzählt er im Interview – hatte er freie Hand. Auch, dass er James Coburn öfter einbaute als der Zusammenhang eigentlich erlaubte, blieb ohne Folgen. McGinnis arbeitete in New York, zu seinen Modellen gehörten Lisa Karan und Shere Hite (ja jene, die später mit ihrem Report bekannt wurde), mit Modemodels und Frauen aus seiner Nachbarschaft im Greenwich Village. Man kaufe die Bücher, meinte er, um herauszufinden, was es mit dieser Frau auf dem Cover, die einen so anschaut, auf sich hat.

Genau 100 Frauen für Carter Brown
86 Frauen zeichnete er zwischen 1958 und 1968 für die Serie mit Mike Shayne, ehe der Verlag auf Fotocover umschwenkte. Die Carter-Brown-Serie schien schon am Ende, befand sich in der Krise, als McGinnis einstieg und in elf Jahren, zwischen 1961 und 1972 genau 100 staunenswerte Frauen auf die Cover zauberte. Signet verkaufte daraufhin über 50 Millionen mal Carter-Brown-Paperbacks. Für Perry Mason steuerte er in den Jahren 1962 bis 1964 insgesamt 30 Cover bei, sie waren eleganter, weniger aufreizend, mehr „upmarket“ als die anderen. Für die extraschwülstigen Romanzen bei Avon zeichnete er seine Frauen weicher, sie schmolzen in den Armen starker Männer. Seine Kunst beförderte Jim Thompson („Pop. 1280“) und Ed McBain (etwa 1963 den 87. Polizeirevier-Roman „Like Love“), Harry Whittington, Richard S. Prather, Edward S. Aaarons, Lionel White, an die 50 Romane von John D. McDonald und viele andere.
Er hatte sich schon zur Ruhe gesetzt, malte nur noch Landschaften und Westernszenen, als Charles Ardai ihn für Hard Case Crime reaktivierte. Der hatte seinen Artdirektor gefragt, ob er denn niemand wisse, der wie Robert E. McGinnis zeichne und zur Antwort erhalten: „Haben Sie es mit Robert E. McGinnis versucht?“ Ardai lernte zu seinem Erstaunen, dass der damals 78-jährige Künstler immer noch am Malen war, rief ihn an – und begann eine fruchtbare Zusammenarbeit. So entstanden zum Beispiel die Cover für „The Consumata“ von Mickey Spillane und Max Allan Collins, für Stephen Kings „Joyland“, für Robert Terralls „Kill Now, Pay Later“.
Das Buch durchgeblättert, bei Youtube:
Und dann sind da noch die Filmplakate. Sein erstes galt dem „Frühstück bei Tiffany“. Es gab die Bond-Filme „Feuerball“, „Leben und sterben lassen“, „Casino Royale“, „Der Mann mit dem goldenen Colt“, „Man lebt nur zweimal“, das Filmposter für die Chester-Himes-Verfilmung „Cotton Comes to Harlem“, für „Barbarella“, für die Matt-Helm-Filme, für Sergio Leones „Todesmelodie“ (Duck You Sucker) und – ja, auch sie – Modesty Blaise.
Am 3. Februar 2015 wird Robert E. McGinnis 89 Jahre alt. Schöne Frauen helfen, jedenfalls bei ihm, klar beim Älterwerden.
Alf Mayer
Robert McGinnis, Art Scott: The Art of Robert McGinnis. 176 Seiten, durchgängig fünffarbig. Format 310 x 228 mm, Hardcover. Titan Books. Erstauflage: London. Verlagsinformationen zum Buch.
Die Luxusausgabe bei Stuart Ng Books.
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Seine Gemälde.Für die Peniblen und Sammler:
Art Scott; Robert E. McGinnis; Dr Wallace Maynard: The Paperback Covers of Robert McGinnis: A Complete Listing of the 1,068 Titles and 1,432 Editions of the Paperback Cover Illustrations of Robert McGinnis. Pond Press, London 2001.