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Magazin für Verrisse aller Art
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Schreiberhack IZU DIESER KOLUMNE TRÄGT DIE REDAKTION MIT VEREINTEN KRÄFTEN BEI. WER IMMER SICH ÜBER WAS IMMER IN SACHEN LITERATUR MEINT ÄRGERN ZU MÜSSEN, DARF DEM AN DIESER STELLE AUSDRUCK VERLEIHEN. DIE MAXIME LAUTET: KURZ UND GEMEIN. ZUWEILEN FALLEN DIE ABHANDLUNGEN ETWAS WENIGER KURZ, DAFÜR UM SO INFAMER AUS. WIR BITTEN UM VERSTÄNDNIS UND NACHSICHT.Hans PleschinskiSeit Jahren mutet dieser Autor uns penetrant immer wieder Werke zu, die wir nicht lesen wollen, es aber dennoch hin und wieder tun müssen, um zu sehen, wo der Feind steht. Just dieses Motiv trieb uns zur Lektüre von 'Brabant' an, dem vielhundertseitigen sogenannten Roman zur See. Wer allerdings glaubt, wir hätten die übergewichtige Schwarte zum vollen Preis erstanden und uns durch sämtliche xhundert Seiten gefressen, den müssen wir enttäuschen. In weiser Voraussicht haben wir uns darauf beschränkt, den Abdruck dieses Opus Magnum in der Süddeutschen Zeitung zu verfolgen (das war umsonst, da wir dieses Weltblatt aus anderen Gründen leider ohnehin immer wieder kaufen müssen) und zwar von Portion 28 bis 35. Das hat vollauf genügt, uns ins Bild zu setzen über Werk und Autor. Ja, es ist schon zuviel gewesen. Die Hälfte hätte es auch getan, ein einziger Tagesabdruck vielleicht, womöglich drei oder vier Sätze. Denn wie eine einzelne Zelle die Erbinformation des gesamten Organismus' enthält, so birgt, also enthüllt, ein einzelner Abschnitt, manchmal eine Zeile, den Charakter eines ganzen Werkes. Der Haupteindruck ist nun folgender gewesen: Hier entwirft ein Autor mit Worten, die dem Amtsjargon eines Oberbaureferenten weit näher stehen als einfühlsamer Dichtersprache, ein raumgreifendes Szenario mit einer Unzahl von Figuren und tonnenweise abendländischem Bildungsgut, nur um zu verschleiern, daß ihm in Wirklichkeit nichts eingefallen ist und er absolut nicht weiß, warum geschrieben werden muß, was da geschrieben wird - es sei denn, man ließe ein quasi-mechanisches Verständnis der eigenen Existenz als honoriges Motiv gelten: Jetzt haben mich die Götter und anspruchslose Lektoren nun mal zum Literaten bestellt, ergo muß ich halt dann und wann auch was Literaturmäßiges absondern. Gnadenlos schüttet der Autor seine Leser mit Informationen zu, damit sie vor lauter Mühe, den Faden zu behalten, auf keinen Fall zur Besinnung kommen und begreifen, wie uninspiriert, wie angestrengt, wie synthetisch, wie strohtrocken und bierernst (will man nicht diese kümmerlichen, wie im Lehrbuch für Humorkunde nachgeblätterten 'Jetzt-muß-ich-aber-auch-mal-was-voll-Ironisches-bringen'-Einsprengsel für lustig halten) das ganze Geschwall ist. Als ob schiere Stoffmasse allein schon ein Zeugnis von Phantasie wäre und das akribische Zusammentragen aller möglichen Dudeneinträge gleichbedeutend mit Sprachwitz. Eines allerdings fesselt an dem Roman, und das steckt zwischen den Zeilen: die ungeheure Inbrunst, mit welcher der Autor wünscht, daß wir ihn für einen Riesen halten. Ja, einen Riesenlangweiler. Insofern können wir dem Wunsch entsprechen.Vertigo Vomex M.A.
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