Fix Zone

Poesie aus Island

Redaktion: 

Die isländische Poesie ist so individualistisch wie sonst wo auf der Welt – doch fast ausnahmslos ist all diesen individuellen Stimmen eins gemein: In ihnen weht der Atem der Insel Island.  Und diesen Atem möchte Herausgeber und Übersetzer Wolfgang Schiffer in seinem Band „Am Meer und anderswo“ mit Übersetzungen isländischer Autorenauch über die deutsche Bücherszene wehen lassen.

Wegen seiner hier bekannten mittelalterlichen Sagas und Eddas galt das heute etwa 330.000 Einwohner zählende Island zwar vielen längst als die Literaturnation schlechthin, dass es neben einigen wenigen modernen Autoren, zu denen vor allem der Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness zählt, im letzten Jahrhundert und vor allem seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch noch eine Vielzahl weiterer Schriftstellerinnen und Schriftsteller gibt – Dramatiker, Prosaisten und Lyriker – war allenfalls theoretisch bekannt, und oftmals nicht einmal das.

Das Spektrum dieser Gedichte reicht von Beispielen moderner isländischer Klassiker wie Snorri Hjartarson, Jón úr Vör oder Steinn Steinarr über Texte der sogenannten Atomdichter (z. B. Stefán Hörður Grímsson und Hannes Sigfússon), die nach dem Zweiten Weltkrieg die stark traditionsgebundene Dichtkunst Islands endgültig in die Moderne führten, bis hin zu deren sich nunmehr von den Fesseln der Versmaße und der Reimschemata befreit fühlenden Nachfolgern und Stimmen der jüngeren Gegenwart. Hier seien beispielhaft Baldur Óskarsson, Ingibjörg Haraldsdóttir, Sigurður Pálsson, Linda Vilhjálmsdóttir und Sjón genannt.

Folgt man der nach den Geburtsjahren der Urheber geordneten Reihenfolge dieser kleinen Zusammenstellung – von 1906 bis 1981 – so lässt sich darin auch ein Stück der Entwicklungsgeschichte der modernen isländischen Dichtkunst ablesen – von der metaphorisch geladenen Naturdichtung, der Idealisierung der Sprache und Schönheit des Landes über die Auseinandersetzung mit den Formtraditionen bis hin zu Themen des heutigen Miteinanders und Alltags – kurzum: zu einer literarischen Landschaft, die gekennzeichnet ist durch eine Vielzahl der lyrischen Facetten und einem großen Reichtum an poetischen Ausdrucksmitteln, durch Abgrenzung, Synthese und Nebeneinander alter und neuer lyrischer Formen.

Wolfgang Schiffer (Hrsg.): Am Meer und anderswo. Isländische Autoren in deutscher Übersetzung. Lyrik und Kurzprosa. Silver Horse Edition. 156 Seiten, 16.80 €

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