Fix Zone

Samizdat

Redaktion: 

Ausstellungseröffnung am Fr 23. Okt 20 h / Großer Saal, Literaturhaus Berlin
»Samizdat« im GULAG. Eine schwarze Literaturgeschichte

In den großen literarischen Werken, die Alexander Solschenizyn, Jewgenija Ginsburg und Warlam Schalamow nach ihrer Lagerzeit über den GULAG verfaßten, finden sich bemerkenswert viele Erinnerungen daran, wie in den Gefängnissen und dann in den extremen Verhältnissen der Lager die Rückbesinnung auf Gedichte, auf lange Poeme und ganze Romane für einige der unschuldig Verhafteten und Deportierten der letzte rettende Überlebenshalt wurde. Vor allem beim stummen oder weitergebenden Vortragen von Lyrik ergaben sich kurze Momente individueller Freiheit, die resistent machten gegenüber den grausamen Quälereien. Und manchen Häftlingen gelang es sogar, mit konspirativ besorgten Schreibutensilien Abschriften von memorierten Texten und von eigenen Gedichten anzufertigen. Im Archiv von Memorial Moskau wurden diese »Samizdats«, die »selbstverfertigten Abschriften« aus dem GULAG aufbewahrt, darunter Bände mit fragilen Zigarettenpapier-Seiten, ein schmales Album mit einem Birkenrinden-Umschlag, daumennagelgroße Gebetbücher. Einige dieser Sammlungsstücke sind nun erstmals außerhalb Rußlands zu sehen: Gedichtbände, Übersetzungen, illustrierte Märchen für Kinder und handgeschriebene Lehrbücher für Schulkinder aber auch eine geradezu freizügige, aufwendig colorierte Fassung von Voltaires »Die Jungfrau von Orleans« und das Tagebuch eines Lageraufsehers, das dessen allmähliche Erkenntnis widerspiegelt, einem totalitären Willkürsystem zu dienen.

Von dieser »schwarzen Literaturgeschichte« der Sowjetzeit und von signifikanten Etappen der repressiven stalinistischen Literaturpolitik erzählt die Ausstellung »›Samizdat‹ im GULAG«.

Zur Eröffnung sprechen Arsenij Roginskij (Vorstand von Memorial Moskau) sowie Heike Winkel (FU Berlin) und Lutz Dittrich, die zusammen mit Mitarbeitern von Memorial Moskau die Ausstellung eingerichtet haben. Frank Arnold liest Warlam Schalamows Erzählung »Der Schlangenbeschwörer«.

Die neu erarbeitete Begleitbroschüre enthält zahlreiche Abbildungen und dokumentiert die Entstehensumstände einiger der im GULAG angefertigten Niederschriften und informiert, soweit möglich, über die Verfasserbiographien, die von Memorial Moskau aufwendig recherchiert wurden: in der Ausstellung erhältlich.

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