Geschrieben am 16. Dezember 2018 von für Crimemag, CrimeMag Dezember 2018

Fotografie & Reallife: Street Scenes – Street Crimes (7)

Liebes CrimeMag-Publikum,

Kriminalliteratur wurde früher gerne als „Asphalt-Literatur“ abgetan. Wir finden, dass das ein Adelstitel ist. Wir mögen Asphalt, wir mögen Großstadt, wir mögen Realität. Deswegen präsentieren wir Ihnen heute zum fünften Mal eine neue Rubrik, die jeden Monat Bilder des Fotografen Carsten Klindt und Texte der Polizistin Nadja Burkhardt kombiniert: Street Scenes und Street Crimes. Aus Realität wird Kunst in Bild und Wort, fragmentarisch und  kaleidoskopisch. Freuen Sie sich mit uns! (Hier Auftritt Nr. 1Nr. 2, Nr. 3Nr.4, Nr. 5 und Nr.6)

NightTown - „Tower“ - 60 cm x 90 cm - © Carsten Klindt 2018

NightTown – „Tower“ – 60 cm x 90 cm – © Carsten Klindt 2018

STREET SCENES

„Street Scenes“ ist eine Serie des Berliner Fotografen Carsten Klindt, aus der wir jeden Monat ein Foto präsentieren. Auf der Website von Carsten Klindt können Sie einzelne Bilder auch käuflich erwerben.

STREET CRIMES

Nadja Burkhardt ist aus Überzeugung Street Cop in Berlin. Und sie hat ein Auge für den alltäglichen Wahnsinn. Denn der ist zwar manchmal kleinteilig und unspektakulär, bildet aber den Zustand unserer Gesellschaft präzise ab. Und Nadja Burkhardt weiß auch, dass vieles sehr, sehr komisch ist. Deswegen ab jetzt bei uns jeden Monat  STREET CRIMES – Miniaturen aus dem Irrsinn ohne Ende, komisch, tragisch, real life …

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Anzeigenaufnahme.
Die südkoreanische Geschädigte eines Diebstahls beschreibt den vermutlichen Täter:

„Ich denke, dass es ein Araber war.“
„Woran machen Sie das fest?“
„Er hat so gerochen.“
„Wie bitte?“
„Na, so wie im Imbiss, dieses Fleisch immer. Solche Gewürze.“
„Er hat wie ein Döner gerochen???“
„Ja.“

Sachen gibts.
Hab ich so in 20 Jahren Dienst noch nicht erlebt.

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Äußerst gefährliche Situation im Nachtdienst.

Kollege: „Naddel, da geht ein älterer Herr auf das Gelände.“
Ich: „Älterer Herr? Was heißt das genau?“
Kollege: „Na, so um die 40…“
Ich: „ICH HASSE DICH.“

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Es hiphopt in der ersten Etage, das Lachen mehrerer junger Männer setzt arhythmische Akzente.
Es ist weit nach Mitternacht, aber alle umliegenden Wohnungen sind dunkel.

Eine Dame alarmierte uns zum Einsatzort, es war ihr deutlich zu laut. Weil sie aber ihren Namen nicht nannte und wir deshalb nicht wissen, wo wir klingeln sollen, um ins Haus gelangen zu können, rufen wir sie zurück. Wir können ja nicht einfach wahllos möglicherweise schlafende Mieter wecken.

Völlig verpennt geht sie ans Telefon:
„Ich wohn da ja gar nicht. Ich wohn auch nicht in der Nähe. Ich bin da auf dem Heimweg langgegangen und dachte, dass das einfach zu laut ist und Sie da mal was machen sollten.“

Aha. Na denn…

WTF???
Gehen solche Leute da lang und denken sich:
Die blauen Lichter und dieses laute Geräusch von den Polizeiautos, die hier schon die ganze Nacht zackig durch den Bereich kurven…. das ist bestimmt nur eine Kunstinstallation, schließlich sind wir ja hier in Berlin-Mitte-Mitte. Ich geb denen mal was zu tun, damit die sich nicht so langweilen.
???

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Streifen über den Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz.
Im Einsatzanzug.

Ich fühle mich gebraucht.

„Entschuldigung? Könnten Sie mir bitte mal mein Armband zu machen? Mein Freund weigert sich.“

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Da kommt er uns im Treppenhaus entgegen. Er trägt eine recht kleine Fußmatte vor seinem Körper.
Und ist ansonsten vollständig nackt.

„Ich glaube, ich bin schlafgewandelt und habe mich ausgeschlossen.“

Der Anrufer, der uns einen randalierenden, nackten Mann meldete, welcher sich gewaltsam Zutritt zum Wohnhaus verschaffen will und alle Mieter aus dem Schlaf klingelt, erkennt seinen Nachbarn.

„Naja, das konnte ich von oben nicht sehen, dass das mein Nachbar ist, ich hätte Sie sonst ja gar nicht gerufen.“

Versteh ich. Offenbar sehen die sich in dem Haus eher selten nackig.

Der Anrufer nimmt seinen Nachbarn gerne auf und kümmert sich um einen Schlüsseldienst.

Wir machen Feierabend.

Portrait-Bio-Carsten1

 

Carsten Klindt wuchs an der Nordsee auf und ist ausgebildeter Werbefotograf. Er wohnt seit über 20 Jahren in Berlin, betrieb elf Jahre lang eine Bar in Kreuzberg und arbeitet als freischaffender Fotograf. Der Werbung hat er schon lange den Rücken gekehrt. Neben Fotografie sind Noirs der Filmgeschichte eine Leidenschaft.

 

 

 

NadjaBurkhardtNadja Burkhardt: „Jahrgang 1978, seit 1996 bei der Berliner Polizei. Nach der Ausbildung 4,5 Jahre Hundertschaftsdienst, seither im Schichtdienst als Zweier-Streife aufm Funkwagen.

Mittlerweile Polizeikommissarin, nicht in Berlin geboren und aufgewachsen, aber definitiv ein Kind dieser Stadt. Mein Job ist gefährlich, nervenaufreibend und stressig. Und ich liebe ihn.“

 

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