Krimidialogischer Wechselgesang (2)
Erste Fortschreibung
Von Klaus Kamberger
Personal diesmal etwas reduzierter: Ermittler(in) / Beschuldigte / Kriminalrat (verhaltenstypisch, also auf jeden Fall männlich) / Pathologe(in). Auf eine Zuordnung wurde wiederum verzichtet, sie ergibt sich von selber.
Es ist nicht so, wie Sie denken. Ich kann Ihnen das erklären.
Nun mal langsam. Sie werden hier bisher als Zeugin vernommen.
Ich habe aber gar nichts gesehen.
So kommen wir nicht weiter. Noch mal von vorn. Außerdem – was haben wir für Obduktionsergebnisse?
Es handelt sich um eine Arsenverbindung.
Sehr gut. Alsdann, wie sind Sie an das Arsen gekommen?
Ticken sie bei der Polizei immer so? Arsen – also muss es sich um eine Frau als Täterin handeln? Ich sage Ihnen, ich bin unschuldig. Das müssen Sie mir glauben.
Wie konnten wir dann Ihre DNA an der Leiche finden? Sie müssen wissen, schon kleinste Anhaftungen an der Haut sind nachweisbar.
Das kann ich, wie ich schon sagte, alles erklären.
Sie sollen nichts erklären, Sie sollen gestehen.
Ich bin keine Mörderin. Ich schwöre.
Das lassen Sie mal besser sein. Sie glauben gar nicht, wie oft ich das schon gehört habe.
Darum muss es ja nicht falsch sein.
Und ich sage schon: So kommen wir nicht weiter. Also noch mal von vorn. Wo waren Sie am …?
In der Kirche.
Ausgerechnet! Allerdings hatte ich Sie noch gar nicht nach dem Zeitpunkt gefragt.
Ach ja? Davon war doch gerade die Rede, als das Obduktionsergebnis …
Gar nichts habe ich, hat irgendjemand gesagt. Sie können den Tatzeitpunkt also gar nicht kennen. Es sei denn, Sie waren selbst dabei. Und jetzt geben Sie schon zu, das waren Sie!
Nein, ich war es nicht. Das müssen Sie mir glauben. Und Sie können mir das Gegenteil auch nicht beweisen.
Aber Sie standen mit dem Opfer in einer persönlichen Beziehung.
Wie kommen Sie drauf?
Ihre DNA auf seiner Haut – schon vergessen?
Na gut. Ich habe mit ihm geschlafen. Einmal. Da war er, also, wie soll ich sagen, da war er natürlich noch nicht tot. Aber es war nur ein One-Night-Stand, klar? Und da kann man ja noch nicht von einer „Beziehung“ sprechen.
Das soll ich Ihnen jetzt glauben?
Es ist die reine Wahrheit.
Und was sage ich nun der Presse?
Dass wir noch in alle Richtungen ermitteln, aber vielleicht schon eine konkrete Spur haben. Oder so …
Darf ich mal was Grundsätzliches fragen?
Wenn‘s der Wahrheitsfindung dient.
Wer macht denn sowas?
Manche Dinge bleiben eben rätselhaft. Sagten Sie nicht, Sie heißen Laura? Ja, wer um alles in der Welt hat Sie schon wieder so genannt? Jetzt sagen Sie mir mal: Wer macht denn sowas?
Für’s Casting bin ich nicht zuständig. Mein Text geht jetzt anders: Was hätte ich denn für ein Motiv?
Abgesehen, davon, dass noch immer wir es sind, die hier die Fragen stellen, sagte ich schon, dass das Opfer vermögend war.
Und? Wurde der Mann etwa ausgeraubt? Oder hat er ein Testament zu meinen Gunsten hinterlassen? Na, also …
Gleich verliere ich die Geduld. Denn das besagt noch gar nichts!
O doch! Und ich meine, Sie sollten bei Ihrem Verhör eigentlich mit größerer Achtsamkeit vorgehen.
Wie bitte? Woher haben Sie das denn?
Von Kathrin Göring-Eckhart.
Was hat die denn nun mit unsrem Fall zu tun?
Natürlich nichts. Genau wie ich. Aber das wollen Sie ja nicht wahrhaben – eben weil es Ihnen an Achtsamkeit fehlt.
Oha, und als nächstes kommen Sie mir jetzt mit Nachhaltigkeit. Dazu sage ich Ihnen nur eines: Wir werden Sie schon noch nachhaltig hinter Gitter bringen.
Und wo sind Ihre endgültigen Beweise?
Die Indizien sprechen für sich.
Indizien … Indizien … Ich brauche Ergebnisse! Wir haben weiterhin mächtig Druck von oben.
Am besten geben Sie mir einfach noch 24 Stunden Zeit.
Geht nicht. Der nächste Fall wartet schon.
Was für ein Fall?
Keine Ahnung. Der nächste halt …
Kann ich jetzt gehen?
Anm. d. Red.: Siehe auch „Kleine Krabbelkiste zur gefälligen Selbstbedienung für Krimilibrettisten“ in CrimeMag 12/2017.