Geschrieben am 8. Januar 2011 von für Crimemag, Vermischtes

Krimigedicht: Charles Baudelaire – Der Wein des Mörders

Le vin de l´assassin / Der Wein des Mörders

(Auszug)
von
Charles Baudelaire:

Je l´ai jetée au fond d´un puits,
Et j´ai meme poussé sur elle
Tous les pavés de la margelle.
– Je l´oublierai si je le puis!

Ich stieß sie in den Brunnenschacht
Und warf auf sie sehr froh und munter
Die Mauersteine noch hinunter.
– Vielleicht vergeß ich sie heut Nacht!

(Übersetzung: Carl Fischer, 1960)

Ch. Baudelaire

Charles Baudelaire greift mit diesem Vers ein Motiv des „Lykanthrop“ (Wolfmann) Pétrus Borel auf, der, 1809 geboren, – Mario Praz in „Liebe, Tod und Teufel-Die schwarze Romantik“ zufolge – mit einer Weste à la Robespierre und einem Kannibalenbart einherstolzierte und keine Gelegenheit vorübergehen ließ, sein blendendes Raubtiergebiss zu zeigen.

Petrus Borel

Borel, ein „Dandy des literarischen Grauens“, schrieb u. a. die Novelle „Passereau l´écolier“, in der ein Medizinstudent seine Geliebte der Untreue bezichtigt. Er stößt sie in einen Brunnen zu ebener Erde und bedeckt sie mit Steinen der Brunnenumfassung. Dann fordert er ihren Liebhaber zum Duell, wobei die Frau dem Überlebenden gehören soll. Bevor er schießt, empfiehlt der Medizinstudent dem Rivalen, am kommenden Morgen einen Blick in den Brunnen zu werfen.

Petrus Borel setzte 1859 in Afrika seinem Leben ein Ende, indem er sich vermutlich mit Absicht einem Hitzschlag aussetzte.

Präsentiert von Frank Göhre