Jung und deutschsprachig
© Stefan Mesch – weitere Bilder vom Prosanova 2014 auf dem Blog von Stefan Mesch
Hannah Lühmann hält in der ZEIT heute Rückblick auf das vergangene Prosanova-Wochenende:
„Die Prosanova ist das größte Festival für das, was man so "junge deutschsprachige Literatur" nennt. Wobei man sich fragen kann, was genau damit gemeint ist, wo dieses "jung" anfängt, wo es aufhört und ob das nicht eigentlich etwas ganz Schreckliches ist, junge deutschsprachige Literatur, etwas, das sich vom Mastfutter der Subventionen nährt anstatt vom Feueratem der Welt. Manchmal fallen dann Wörter: Streichelzoo. Elfenbeinturm. Blase.
Man wird dann etwas ratlos und vielleicht sogar melancholisch, weil man sich natürlich wünscht, dass die Literatur hierzulande irgendwie radikaler, realitätsgesättigter und politischer werde, dass es mehr "migrantische" Stimmen gebe. Und es schwingt auch immer ein Tonfall narzisstischer Enttäuschung derjenigen mit, die selbst vielleicht keine Bücher schreiben und sich wünschen, dass diejenigen, die sich für ein solches Leben entschieden haben, uns anderen wenigstens eine Form von bohemehafter Abenteuerlichkeit vorleben sollten, keine päppelnden Schreibschulen, keine Künstlerstipendien mit Blick aufs Meer in Los Angeles, sondern eher kettenrauchendes Ringen um Sprache in irgendwelchen imaginierten Dachkammern ohne Heizung.“
…
„Überhaupt wurde viel verbal gekuschelt. 116 Künstler waren da. Die nächtlichen Partys hießen Unendlicher Spaß wie der Riesenroman von David Foster Wallace. Auf dem Hof wurde fast durchgehend Tischtennis gespielt, wer den Ball nicht kriegte, schied aus und sah freundlich von der Bank aus zu. Den Hauptpreis des Literaturwettbewerbs gewann dann übrigens Isabelle Lehn mit einem aufreibenden Text über die Simulation eines Krieges von deutschen Arbeitslosen in einem afghanischen Dorf. Das klügste Pausengespräch ist nicht überliefert, man hörte aber häufiger den Satz, man sei eben weiß, reich und männlich respektive weiblich. Das mit der Politisierung der Literatur kommt schon noch mit der nächsten Krise. Bis dahin ist es wirklich ein unendlicher Spaß.“
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