Kriegssammlung
Der erste Weltkrieg bricht aus (Quelle: dnb)
Die Deutschen Nationalbibliothek präsentiert als virtuelle Ausstellung 100 Jahre Erster Weltkrieg und widmet sich damit auch ihrer Vergangenheit und dem Phänomen der Kriegssammlungen.
Der Erste Weltkrieg, den die Nachwelt oft als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts (George F. Kennan) bezeichnet hat, war bereits in den Augen vieler Zeitgenossen ein einschneidendes Ereignis von bis dahin unbekanntem Ausmaß. Dieser Krieg war nicht nur der erste industrialisierte Konflikt, sondern auch – ebenso im Verständnis vieler Menschen dieser Zeit – der erste Medienkrieg in der Menschheitsgeschichte. Zwar nahmen die Massenmedien 1914 nicht ihren Anfang. Eine auflagenstarke Presse, Werbeplakate und Kinos waren bereits vor Ausbruch des Konfliktes ein weit verbreiteter Bestandteil der europäischen wie amerikanischen Kultur. Der Weltkrieg wirkte sich jedoch außerordentlich beschleunigend auf ein Mediensystem aus, das in Verbindung mit einer staatlich koordinierten Propaganda fast jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens zu erfassen im Stande war.
Diese Macht des geschriebenen Wortes erkannten auch die Bibliothekare jener Zeit und ließ sie die Schlussfolgerung ziehen, dieses Ereignis durch das Anlegen von Sammlungen der durch den Krieg hervorgebrachten Schriftstücke zu dokumentieren. Allerorten entstanden so Kriegssammlungen, entweder privat durchgeführt oder durch die Initiative von Bibliotheken. Auffallend ist, dass bei vielen Sammlungen der Wunsch nach Vollständigkeit prägend war. Und so finden sich dort neben Büchern auch Zeitungen, Plakate, Maueranschläge, Flugblätter, Briefe, Bilder, Medaillen, Postkarten, Fotografien, Musik und Filme.
Am 3. Oktober veröffentlichte auch die damalige Deutsche Bücherei in Leipzig eine erste Bekanntmachung über den Beginn einer Kriegssammlung im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, in dem um Mithilfe beim Aufbau der neuen Sammlung gebeten wurde.
Zum Zeitpunkt des abschließenden Berichts aus dem Jahr 1921 bestand die Sammlung aus 35.000 Büchern und Broschüren, 1.300 Kriegskarten, 60 Amts-, Gesetz- und Verordnungsblättern aus den ehemals besetzten Gebieten sowie aus über 600 Kriegszeitungen, Gefangenenlager- und Lazarettzeitungen sowie Heimatgrüßen von Gemeinden, Vereinen, Korporationen und Firmen. Hinzu kamen 15.000 Plakate, 150 Fliegerabwürfe und 40 Kapseln mit Einblattdrucken.
Heute umfasst der systematische Zettelkatalog, der große Teile der Sammlung abbildet, 55 Kästen mit rund 40.000 Titelkarten. Hierin nicht erfasst sind die Plakate, die rund 2.000 Einblattdrucke und das bereits früh ausgeschiedene Material, wie Notgeld und Lebensmittelmarken. Im Zuge der Retrokonversion des alten alphabetischen Katalogs der Deutschen Bücherei sind die Titeldaten zwischen 1999 und 2005 in die Datenbank der Deutschen Nationalbibliothek eingespeist worden und die Objekte somit nach formalen Kriterien recherchierbar.
Ziel des Gesamt-Projekts „Sammlung Erster Weltkrieg“ ist es, diese heute noch vorhandenen Drucksachen zum Ersten Weltkrieg virtuell zu einer Sammlung zusammenzufassen und die thematische Recherche im Portalkatalog zu verbessern. Die Deutsche Nationalbibliothek möchte dadurch alle Interessierten bei der Material- und Quellenrecherche zum Ersten Weltkrieg unterstützen. Bestandserhaltungsmaßnahmen sorgen für die Benutzbarkeit der Bestände vor Ort. Exemplarische Digitalisate ermöglichen direkten Zugang zu den Inhalten der Titel von 1914 – 1918.
Die virtuelle Ausstellung „100 Jahre Erster Weltkrieg“ macht die nun virtuell zusammengefügte Sammlung Erster Weltkrieg sichtbar. Sie soll nicht den Krieg ausstellen, sondern Mediengeschichte in Verbindung mit dem Krieg erfahrbar machen. Dabei wird stark Bezug auf die Deutsche Bücherei, ihre Sammel- und Ausstellungsaktivitäten sowie einzelne Mediengattungen und Medienwerke genommen. Auf diese Weise können Internetnutzer viele der digitalisierten Quellen der Leipziger Kriegssammlung erkunden. Dabei werden Informationen zu Kriegssammlungen ebenso geboten wie Erläuterungen zur Medienwelt im Krieg, insbesondere zur Rolle der Propaganda. In einer eigenen Rubrik kann man darüber hinaus von den 1915, 1916 und 1917 von der Deutschen Bücherei durchgeführten Kriegsausstellungen lesen und einige der damals präsentierten Exponate betrachten. Am Beispiel einzelner Drucksachen werden aber auch der Alltag an der Front und in der Heimat sowie die neue Dimension der Kriegspropaganda erfahrbar gemacht. Anhand dieser beiden Themen werden allen Interessierten in Bildungsvermittlung, Journalismus und Politik Beispiele an die Hand gegeben, wie sich die Quellen der Sammlung Erster Weltkrieg der Deutschen Nationalbibliothek als wertvolle Ergänzung und Illustration ihrer Arbeit verwenden lassen können.
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