Fix Zone

Affichisten

Redaktion: 

© Jacques Villeglé

Eine der radikalsten und gleichzeitig poetischsten Annäherungen an die Realität praktizierten ab 1950 die «Affichisten»: Francois Dufrêne, Raymond Hains und Jacques Villeglé gehörten wie Jean Tinguely zur Künstlergruppe der «Nouveaux Réalistes». Ihr Schaffen traf sich mit dem der Gleichgesinnten Mimmo Rotella und Wolf Vostell. Die vom Museum Tinguely und der Schirn Kunsthalle Frankfurt gemeinsam konzipierte Ausstellung „Poesie der Grossstadt. Die Affichisten“ hat eine künstlerische Strömung zum Thema, die ausserhalb Frankreichs, auch in der Schweiz und in Deutschland, bisher weitgehend unbeachtet geblieben ist. In der Schweiz werden die Affichisten nun erstmals überhaupt umfassend gezeigt. Die Ausstellung ist als Parcours angelegt, der den Stadtraum als Ort vielfältiger Inspiration für Flaneure vorführt und Begegnungsorte für die radikalen Inventionen dieser fünf Künstler schafft; seien es Décollagen, filmische, fotografische oder auch poetische Experimente.

Heute weist Martin Halter im tagesanzeiger auf die aktuelle Ausstellung im Tinguely-Museum hin:
„Wolf Vostells Décollagen verweisen schon auf seine späteren Happenings, während der «Ultralettrist» Dufrêne mit seinen gebellten, gehusteten und geschrienen Lautgedichten an ähnliche Experimente im Dadaismus anknüpft. Alles kann Poesie und Sprachspiel, zerfetzte Geschichte und stillgestellte Zeit werden: die Vorder- oder auch die Rückseite von Plakaten, Sprache, Typografie, Musik.

Die Versuche der Affichisten mit «hypnagogischen» Fotografien und «Filmen ohne Bilder» wirken heute allerdings so absurd und anachronistisch wie surrealistisches Daumenkino. Ende der 60er-Jahre war der Spuk schon wieder vorbei: Warhols und Lichtensteins Apotheosen der Popkultur waren spektakulärer und gefälliger, Graffiti schneller und politischer, und als dann 1968 das wilde Plakatieren aufkam, liess sich ihr Abreissen auch nicht mehr als Widerstand gegen autoritäre Verlautbarungen legitimieren. Das zerfetzte Plakat, das subversive Menetekel und ungefilterte Leben an der Wand, fand seinen Platz im Museum der Readymades.“

Zur Ausstellung erscheint im Snoeck Verlag eine reich bebilderte Publikation mit Texten von Bernard Blistène, Fritz Emslander, Esther Schlicht, Didier Semin, Dominique Stella und einem Interview zwischen Roland Wetzel und dem Künstler Jacques Villeglé. Deutsch-englische Ausgabe.

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