Enthymesis
Arno Schmidt © Alice Schmidt
Do 30 Okt 20 h / Großer Saal im Literaturhaus Berlin:
Enthymesis. Stück nach einer Erzählung von Arno Schmidt
Zur Zeit der Antike zieht eine geographische Expedition vom Mittelmeer Richtung Süden. Sie vermessen die Welt. Doch Philostratos, ihr Anführer, hadert mit seiner Rolle. Er fühlt sich verkannt von einer Welt, regiert durch Gier und Neid. Einzig die Bücher sind sein Trost. Da verheißt ihm der Bericht eines geheimnisvollen Beduinen die Existenz der menschenleeren Silberstadt. Die muß er finden. Doch die Gefolgsleute meutern. Er wird des Kommandos enthoben - und läuft allein weiter in die Wüste ...
Arno Schmidts frühe Erzählung entstand unter dem unmittelbaren Eindruck von Nazismus und Weltkrieg. Die Flucht vor einer verachteten politischen Realität, die mit klarem Blick registriert wird, in eine literarisch-philosophische Idealwelt ist ein Thema, das sich in vielfältiger Variation in seinem Werk findet und hier in antikem Gewand erscheint. Virtuos verwebt Arno Schmidt Reisebeschreibung, Motive aus Märchen und Mythologie mit der Innenansicht eines Verzweifelnden. Und immer wieder läßt der Ich-Erzähler die Grenzen zwischen Figur und Autor verschwimmen.
Aber ist dieser Text eine Geschichte über Weltflucht oder nicht vielmehr eine Hommage an Literatur und menschliche Phantasie? Wer spricht hier eigentlich? Die tagebuchartige Struktur der Erzählung scheint wie geschaffen für einen facettenreichen Monolog. Hier wird akribisch berichtet, philosophisch spekuliert, wütend argumentiert, trunken rezitiert, bildreich fabuliert – um schließlich im Weiten zu entschwinden.
Die Inszenierung entstand aus Anlaß des 100. Geburtstages von Arno Schmidt. Es spielt Richard Gonlag. Regie: Ivar van Urk, Dramaturgie: Olaf Jelinski
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