Säuferexistenz
Heute rezensiert Bernadette Conrad in der NZZ:
„Man kann nur ahnen, was es Charles Jackson kostete, auf dem schmalen Grat zwischen eigener Erfahrung einerseits, wissender Aussenperspektive andererseits zu balancieren. Er schrieb den Roman in einer längeren Phase der Nüchternheit – die aber keineswegs das glückliche Ende vom traurigen Lied war, wie im informativen Nachwort von Rainer Moritz zu erfahren ist. Bettina Abarbanell hat mit ihrer kongenialen Übersetzung zu einem Leseerlebnis beigetragen, das man so noch nie hatte: der Erfahrung – so seltsam es klingt –, wie literarisch vollkommen und analytisch brillant ein Trinkerroman sein kann. Dass Billy Wilder das Buch auf einer langen Zugreise zweimal atemlos las, bevor er es verfilmte, dass es vielen Kollegen als grandios erschien, wundert nicht.
Der Umstand, dass Charles Jackson selbst nie mehr ein ähnlich erfolgreicher Wurf gelang, macht die Bedeutung von dem, was er in «Das verlorene Wochenende» erzählt, und dem, was er darin konfrontiert, noch bedeutsamer. Jackson gesteht sich das, was er nicht überwinden kann, dennoch ein: die monumentale Traurigkeit darüber, dass eine Säuferexistenz zu Entmenschlichung führt.“
Charles Jackson: Das verlorene Wochenende. Roman. Deutsch von Bettina Abarbanell. Mit einem Nachwort von Rainer Moritz. Dörlemann-Verlag, Zürich 2014.
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