Nature Writing
Buchcover "Am Fluß"
Katharina Teutsch bespricht heute im online-Feuilleton der FAZ den neuen Roman von Esther Kinsky:
„Man könnte sagen, dass Kinsky die Sedimente menschlichen Lebens begutachtet, denn an den Ufern ihrer Flüsse wird angeschwemmt, was von Menschen gemacht wurde, es wird überschwemmt, was zum Bleiben gedacht war, es wird begradigt, verschmutzt oder der Verwilderung anheimgegeben. Und so urwüchsig die Natur ist, die Kinsky durchmisst, so sind auch die Menschen, von denen sie mit diskretem Interesse erzählt, überzeitliche Mythenträger. Sie scheinen im verborgenen Auftrag zu handeln: Könige, fromme Juden, Goldsucher, Kunstreiter, Gaukler - Suchende, Glaubende, Träumende, auch Findende.
Es ist unglaublich, dass dieses Buch zu großen Teilen in London spielt, der Stadt, in der Kinsky es immerhin mehr als zehn Jahre lang ausgehalten hat, bevor sie wieder ihre Koffer packte und zu neuen Heimaten in Osteuropa, schließlich in Berlin aufgebrochen ist. Die City scheint endlos entfernt zu sein von den Marshlands im Osten Londons - so weit vielleicht, wie nur die Zivilisation sich ihren natürlichen Ursprüngen entwinden kann. Kinsky, die bislang zwei Romane, mehrere Gedichtbände, Kinderbücher und einen Essay übers Übersetzen veröffentlicht hat, etabliert mit diesem Buch ein Sujet in der Gegenwartsliteratur, das in der angloamerikanischen Welt seit bald zweihundert Jahren unter dem Gattungsbegriff „Nature Writing“ bekannt ist.“
Esther Kinsky: „Am Fluß“. Roman. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2014.
Esther Kinsky im Gespräch über "Am Fluß" im WDR 5.
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