Zeitschriftenlese
„Ein Störenfried im Literaturbetrieb zu sein, galt einmal als Auszeichnung für freie Geister. Heute besteht die Schwierigkeit eher darin, überhaupt eine Form der radikalen Abweichung, der schroffen Dissidenz zu finden, mit der man sich abgrenzen kann von einem alle Gegensätze verschluckenden Kulturkonformismus. Der ästhetische Angriff auf die Bastionen einer denkfaulen literarischen Konvention fällt heute meistens aus, da sich keine Kontrahenten finden, die zum energischen Widerspruch und zu einer substantiellen Debatte bereit wären. Ein großes Wohlgefallen, das sich als kulturelle Liberalität missversteht, deckt alle Widersprüche und Frontenbildungen im Literaturbetrieb zu.
Einer der letzten eigensinnigen Köpfe, die mit bewundernswerter Hartnäckigkeit scharfen Widerspruch zum neuesten ästhetischen Flachsinn anmelden, ist der Schweizer Dichter, Übersetzer und Essayist Felix Philipp Ingold. Die Wiener Literaturzeitung „Volltext“ ist seit einiger Zeit zum Stützpunkt für ästhetische Dissidenten wie Ingold oder Andreas Maier geworden, deren essayistische Einlassungen und Kolumnen die Selbstgefälligkeiten des Literaturbetriebs auf pointierte Weise bloßlegen.“
Michael Braun im Poetenladen über die Literaturzeitung „Volltext“ (und Ausgaben der Zeitschriften Akzente, Offenes Feld, Sinn und Form, karawa.net)
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