video.poems: ein ästhetisches manifest der antastbarkeit

„keine kerzen will ich, herzen, keinen reim auf nichts gemacht … keine kerzen ins fenster gestellt, nur die herzen ticken … wie eisbomben im lebkuchenhaus. so geh’ ich aus.“

these 1: die kurzform, die skizze, das HIN GEWORFENE, das raunen macht literatur aus, könnte sie bilden (aus dem gurgeln der bilge).

these 2: der kurzfilm, der kürzestfilm ist die filmbildnerische form des lyrischen EINFALLs. er fällt nur kurz (ein und) auf, wenn in höchstens einer langen nacht „bis zum morgengrauen“ produziert. wir wollen keine exegesen, kein langes singen, kein recitativo, nur die ARIA ohne da capo. wir wollen keine nachbearbeitung, keine der allen finalcutpro-expertisen, es soll WACKELN, das bild wie das wort.

these 3: in unserem schwingen, das viel mit swing gemeinsam hat, ist JAZZ, ist improvisation, ist RAW stuff das, was wir vorgefunden. material des materials – und wie ich einst collagierte: silke bischof mit der knarre degowskis am hals ist die muse, die sagt filmstar(r)end … die schweigt: „ICH BIN DAS MATERIAL DER DICHTER!“

these 4: … der bedrohung, die jedes gedicht in sich selbst birgt. um diese bedrohung geht es, um das scheitern vor und in dem schreiben.

these 5: es soll so einfach sein, wie es kompliziert, wie es sonettet manchmal, alte form, blutjüngelnder inhalt, wie es frostet und frotzelt, den blowjob auf den mittenlippen, wie es ein ganzes welttheater aufspannt in diesem einen, unartikulierten laut und ruf.

these 6: im ausgang stets den untergang „in mind“. etwas ungebührliches, den bruch in der „band of brothers“ (shakespeare) der verse und der bilder. es kann ungestüm geschnitten werden, da, wo der schnitt nicht hin gehört. „und es kann geschossen werden.“ (ulrike, mein (hinter-) hof) es geht um den bruch, die brüche, die flüche, die fläche auch, die die strophe aufspannt. es geht um nicht gehen, stehen, es geht um den abbruch, um das scheitern zurück ins mittelaltarmaterial.

these 7: das material soll ruckeln, stocken, UNVERWANDT innehalten – und weitermarschieren. wir können gewiss sein, dass das uns die verarbeitung tut, das langsame netz manchmal, das unsere bilder aufhält und damit an unberechenbarem still-punkt aufhellt. die „artefakte“, die die TECHNIK beitut.

conclusiones:

so gehen wir aus, kerzen in der bloßen hand, wie kinder tun, haben sie keinen lampion, der lichterloh aufflammen könnte (und müsste) an der hand. LICHT IST ARBEIT insofern, als es es zu erhalten gilt gegen die halbdunkelheit des kinos, wo eine halbe der filmnächte – wenigstens physikalischphysiologisch – dunkelheit, die andere gleißendes licht herrscht.

malteserkreuz, die blendung.

so auch in der dichtung. dunkel zulassen wie licht, unverständlichkeit wie selbstverständnis, eingemeindung wie ausgrenzung des wortes aus sich selbst. (das wort duldet keine integrationsdebatte!)

wir reden ja nicht, wir erblinden. wir sehen nicht, wir schauen auf und in den text. um in ihm und hinter dem filmischen tafelbild davon 4:3 oder auch mal 16:9 erlöst zu verschwinden.

ein schwindel, eine lüge, eine lupe, ein logos, ein lux E(x)TERNA.

darin erst sind wir auf den tasten schreibend antastbar.

ein ABRISS, ein herunterbrechen, ein in die tiefe des grabs vice versa UMGEKEHRTE KATHEDRALEN errichten. ein nach unten gewärtstes. ein tiefbau des hohen tons der sprache. ein abfall im aufschnellen, eine geschwindigkeitsreduktion ohnehin. wir sprechen in ZEITLUPE, erst so versteht man unsere laute nicht, nur als stöhnen, geräusch, als amboss, der auf den hammer nieder schnellt.

beispiel: noch steht der schlot. LANGSAM rückt ihm der abriss zu leibe (und zu leide). keine frage der geschwindig-, sondern beharrlichkeit, der wir das fix verschwindende wort entgegensetzen. nicht das schöne gedicht, eher das eilige, hingeschlendert-, -schleuderte, falsch in jeder wendung, dadurch so richtig sagend das verschwinden der sprache in die sprachlosigkeit, in der wiederum wir zur sprache kommen. und zu deren priestern, zum hohen ton gerade im und am abgrund.

und das zeigen, schweigend am besten, in bildern. und wieder anfangen zu reden von dem bild, in das wir versunken im TRAUM.

keine kerzen, herzen! und das bild aus nichts zurück gemacht. die kamera gehalten in der hand, die eben schrieb und gleich wieder schreiben wird.

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