nämlich gegen diese ur- und ehrfurcht, die ihn vorhin ergriff, als er sich durch die trümmer(er-)innereien der gestrandeten hausboote grub, schweren herzens wie schritts in den gummistiefeln, den lecken, in die wasser an seine sohlen sickerte. es zumindest vorderhand sich so anfühlte, denn den zuweilen wohlfeilen aggregatzustandsänderungen der materie ist insbesondere im traum nicht zu trauen. schien es ihm doch so, als sei das material, aus dem der traum seine verwesen formt, eine art knetgummi, das sich in jegliche gestalt bringen lässt. ihm träumte, es bringe sich wie teig in seinen topf, bücke sich in jede feine furche, die etwa einem gesicht als ackerkrume darläge, füllte sie nachahmend, grimassend aus. durchaus nicht verzerrend, maskameradisch sich anbiedernd oder komisch, sondern getreu jenem stotternden schöpfungsmythos, der aus lehm geformten körpern lebendigen odem und sogar odor einhaucht. war nicht, so dachte er, seinen plattfußabdruck in das flüssig flüchtige des wassers in seinen stiefeln setzend, eben solche geradezu stoische abformtreue das, was den schöpfer ausmachte? einen bloßen füller einer model, einen abziehbildner, pastösen kopierer? also in der naturgesetzt treuen nachzeichnung ganz ohne transzendenztendenz, naturalistisch statt expressionistisch, was eben die traumgebilde in ihrer realitätsnähe so erschreckend machte. weil nur erschrecken kann, was so tut, als sei es nicht bloß papierabzug vom durchlichtgesichtigen. er erschrak davor, wie wenig schräg die bilder flammflimmerten, wie unverzerrt real das aus knetlehm und fotosilberling gedreckselte püppchen ihn jetzt anstarrte, die lippen wölbte und sein rosa zünglein zum wort herausstreckte. oder zum kuss, dessen schüchterne feuchte sein hitziges gesprächswerkzeug ins vermeintlich erlebte hinabkühlte, während er doch nur träumte von dem mädchen, das seinem kopfgemälde von ihm zu sehr glich. wie also der schein nicht trog, sondern aus dem trog, in dem der lehm angerührt war, stieg als allzu lebendiger. er stand vor einem nebeltrüben butzenscheibchen, wischte den humus davon und sah klar hinaus in … das all. wie auf jenem historischen kupferstich, wo DER MENSCH eine eihaut durchstoßend den kopf zu den sternen, in hinein ins firmament sticht. das emblematische – und darin beruhigende – plötzlich schwerst real – und darob verstörend. nicht anders, als er eine klebfolie von der glasscheibe pulte. mit den abgekaut verkürzten restfingernägeln erst der folie ein eselsohr beibrachte, dann es pinzettelnd griff und vor-sicht-ig abzog vom fenster. darunter aber keine unversehrt glatte fläche vorfand, sondern ein trübes, raues glas, zerkratzt und das diarrhoedelnd durchgefallene licht wirr zerstreuend. ein tesafilmpflaster von ihrer haut zog, die zarten härchen rupfte wie von einer rose die dornen, bis sie wunder war als das schöpfungsfresko es verheißen hatte. er versuchte, das pflaster wieder aufzuheften, die schrundige wunde heile-heile-segnend zu glätten mit bild und film und vers, den er darauf pusten wollte, ihren schmerz wegzuwehen. allein, nun blutete der lehm und schrie und weinte, atmete und sagte, seiner konservierung beraubt. er hätte die folie auf sein auge heften wollen, von dem es ihm aus nun erfindlichen gründen hieß, seine äußere schale nenne sich – zumal astigmaterialistisch verkrümmt – hornhaut.
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