und wenn er sagte, er werde jetzt schlafen, müsse sich auch aufraffen, jetzt auf das hochbett zu steigen, so war das doch die reine lüge, denn kaum im zimmer angekommen, sie war noch im bad, warf er die record maschine an, damit die aufzeichne.
i&i hatten sich verlobt. sie saßen in einem china-garten und aßen feine sachen, nichts von askese, sondern voller lust und also gut. warum bist du so allein, hatte sk gefragt, doch hier war er es nicht. er saß neben e., konnte sie anschauen. als ein foto von ihnen gemacht wurde, durfte er an sie so weit heranrücken, daß sie sich berührten. es war diese situation, daß er mit ihr tür an tür war und dennoch in einer derartigen abständigkeit von ihr schrieb. noch während er hier tippte, war sie wach. ob sie ahnte, was er hier tat? und er liebte sie sehr. die verlobungsfeier handelte von liebe. sk hatte vorher dies verdammt, dies bürgerliche spektakel. doch es waren keine bürger, die sich hier verlobten. die chinesischen gastgeber waren von einer gewaltigen freundlichkeit, jener freundlichkeit, die brecht beschworen hatte. sk tippte manisch. dann beschloß er, die flasche noch leer zu trinken, und weiter zu schreiben, weiter in die nacht hinein. es wäre immerhin denkbar gewesen, daß sie, obwohl sie davon keinerlei aufhebens nie gemacht hätte, jetzt auch noch etwas notierte. daß sie sich also in gegenseitiger abständigkeit der nähe aneinander abarbeiteten, ohne von der arbeit des/der anderen viel zu wissen. i&i steckten sich die ringe auf. und inge hatte sk’s blick gesehen und ihm noch die neige des aromatisch schmeckenden blumenweines eingeschenkt. sk war dankbar, daß er hier daran teilnehmen durfte, daß i&i begannen, eine geschichte zu schreiben, die größer war als alles, was er zu tastatur hätte bringen können. er teilte dieses erlebnis mit e. überhaupt hatte er sich in diesen stunden vollständig wohl gefühlt. die herren legten ihre jacketts ab. inge freute sich über die freundlichkeit der chinesen. sk war ehrlich glücklich und nahm so teil. die liebe und all das, ihr äußerer ausdruck in so einer kulturinstitution wie der verlobung erschien ihm plötzlich voller weihe und groß. es war da etwas. natürlich war es auch in ihm, er konnte es spüren, jedesmal, wenn er zu e., die neben ihm saß, herüberblickte. und er dachte, daß auch er eigentlich ein feiner kerl sei, so wie sie alle welche waren, die hier zusammensaßen. solches tat er zu ihrem gedächtnis.
r. fragte bewundernd, wann er das alles schreibe. schon allein die länge von „wie die lilien“ beeindruckte sie. sk war vor diesem text nicht minder ehrfürchtig, obwohl er noch viele nachweisliche schwächen aufwies. er hatte seine treue maschine, die ihm alles speicherte. er hatte diverse davon. den text diarium, aber auch in diesen tagen wdl – und sein diktiergerät, dessen kassette auf der b-seite gerade dem ende entgegen ging, also zween stunden der einsicht in das, was er selbst derzeit war. kitsch war das, aber so schön, daß er sich vollständig hineinfallen lassen konnte. er war nicht mal sonderlich betrunken. er war betrunken, aber in maßen, sozusagen freundlich, mild gestimmt, den poncho gegen das bißchen kälte, das dennoch an ihm hochkroch, um sich geworfen. wo war e., das buchstaben sechs-gestirn? seine stirn wiederholte bedingungslos worte, zwischen denen ihr name als wort zu stehen begann. nichts könne ihm geschehen, nichts bestürzendes – aber auch kein glück. „not for you“ murmelte er wieder vor dem pissoir, als er das wasser rausstrahlte.
er war unendlich müde, aber dennoch noch zugegen. er hätte ins bett gemußt, doch „wer liebt, schläft nicht“ war der trailersatz zu vilsmaiers verfilmung von „schlafes bruder“ gewesen. er wollte irgendetwas verrücktes machen, sagte er. i&i verlobten sich. das war so etwas verrücktes. wie ihm das bewußt wurde, wollte er blind e. in den arm nehmen. pl. war da gewesen, weniger fremd als ww. bei „jeder tag ist ein tag nach dem tode“, aber dennoch fremd genug. das einzige, das ihn an ihr brennend interessierte, war ihre meinung zu e., die er aber nicht abfragen konnte. am morgen ein sehr ehrliches gespräch mit r. hatte ihn zweifeln lassen, ob das ales so gehe, wie er es jetzt tat. sk – in einem zuge – gähnte, zündete sich eine an und goß nochmal nach. die „serious monsters“ gediehen im kopf, jedoch fand sich keine zeit, dies in den speicher einzugeben. „digit eyes“ von station rose hörte er zu dieser zeit gerne. brigitte frieda hieß sie weiter. es war vertrauen schon, wenn man von einem menschen auch die namen kannte, die sich hinter den nicht auf- und unterschriebenen second order initialen verbargen, ebfs. r. suchte, das problem zu lösen, indem sie empfahl, sk möchte situationen ausnutzen, in denen er e. berühren könne, zb den arm streifen. all das war vom ersten kuß meilen- und äonenweit genug entfernt. offensichtlich versprachen sich beide etwas von seiner nähe, und das beruhigte ihn. i&i ebenso. die trauzeugen e&sk streuten reis beim herauskommen. sk hatte davon noch reste in der rechten tasche des lilanen jacketts. wie die lilien war er an diesem abend. er flüsterte „gute nacht“ und lag in ihrer nähe.
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kontext.links:
- weiterer seinerzeit von sk viel gehörter track von station rose’s album „icons, morphs & samples“ (1994): „modemocracy“ (MTV-Video, 1994)
- choral „komm, o tod, du schlafes bruder“ (j. s. bach, cantata BWV 56 – „ich will den kreuzstab gerne tragen“) (ganze kantate: ton koopman, amsterdam barock orchester & chor)
- die orgelwettstreit-szene aus „schlafes bruder“
ungefähr in das PATHOS gemeinde ich mich ein.