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Glanz&Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik

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Glanz&Elend - Die Zeitschrift
176 Seiten, die es in sich haben:
»Diese mühselige Arbeit an den Zügen des Menschlichen«
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Volk ohne Traum


Ein Statement
von Uve Schmidt

Roter Westen

»
Es wäre uns zu wenig, die Bundesregierung nur kritisch zu begleiten. 
Wir wollen das Land wirklich verändern!«

                                       Gesine Lötzsch am 15.Mai 2010 in Rostock


Wenn die griechischen Kommunisten heuer demonstrieren (bevorzugt in Athen und immer möglichst als Vorhut des allgemeinen Protestes), dann marschiert in den ersten Reihen stets ein geschlossener Block kräftiger Bannerträger, deren handtuchgroßes rotes Fahnentuch an kurzen, kinderarmstarken Stangen befestigt kaum verhehlt, dass die Vorkämpfer der Volksfront als Knüppelgarde auftreten: Unvermummt, klassenbewußt und mehrheitlich keine Jugendlichen, sondern womöglich werktätige Familienväter. Ebenso präsentierten sich am Wochenende vor Pfingsten die Delegierten des Bundesparteitags der Linkspartei in Rostock, natürlich ohne beflaggte Schlagstöcke unter den Tischen, und wenn die TV-Kamera über die Gesichter der Männer und Frauen strich, dann einte diese Versammlung ein unverkennbarer gemeinsamer Ausdruck. Vor zehn Jahren wäre es noch möglich gewesen, die Anwesenden zu unterscheiden in Ost- und  Westdeutsche vermittels modischer Merkmale, diesmal waren die einzelnen artifiziellen Anhaltspunkte gleichsam aufgegangen in einer Vielzahl sozialrevolutionärer Physiognomien, proletarischer Prototypen und idealistischer Charakterköpfe, an denen die einstige DEFA und die Adlershofer Fernsehstudios ihre helle Freude gehabt hätten. Da DIE LINKE sich nicht selbst abfilmt(e), kann davon ausgegangen werden, dass ARD und ZDF sich bei ihren Schwenks etwas gedacht hatten; dass die Partei ihre Mitglieder und Funktionäre nicht nach Kriterien der Telegenität auswählt, wohl aber augenscheinlich nach gewissen Affinitäten, welche in den Gesichtsschädeln der Genossen & Genossinnen sich stärker und eindeutiger ausprägen und mitteilen als „die parlamentarischen Pappnasen der Reaktion“ (Tucholsky), darf vermutet werden. Geht man davon aus, dass die Masse der professionellen Parteigänger des etablierten Spektrums vor allem ihre Karriere zu „gestalten“ trachtet, statt die Neugestaltung der Berliner Republik voranzutreiben und dem Rest der Welt die Morgenröte der Menschheit zu verheißen, bin ich geneigt, an den Überzeugungs-Ethos der LINKEN zu glauben und damit an ihre legitime Sendung im Wählerauftrag. Auf längere Sicht scheint es eh keine andere Alternative zu geben, denn allgemeiner Konsens ist, dass „etwas geschehen muss“, doch was genau, wollen die verantwortlichen Politikgestalter weder hören, noch selbst gesagt haben, und bei dieser armseligen Gesichts- und Geschichtsverweigerung wird es bleiben. Bis etwas geschieht, nämlich der Fortgang des Fiaskos zweiter, dritter und letzter Teil.

Als meine Mutter mir (im Juni 1948) die Sparbüchse stahl, um deren Inhalt mit anderen unvergleichlich höheren Barmitteln auszugeben für Hamsterkäufe und teure Anschaffungen, wusste sie, dass eine Währungsreform bevorstand und ich mir den geplanten Privatkauf einer kompletten Karl-May-Ausgabe an’s Tirolerhütchen stecken konnte, da Mutter meine Piepen (ca. 350 RM) für mich in Kunstbänden angelegt hatte. Ob ich damals verstand, was es mit einer Währungsreform auf sich hat, weiß ich nimmer, doch erinnere ich noch lebhaft die gegenseitigen Vorwürfe der Ost- und Westsender (RIAS) „mit dem neuen Geld den Graben der Spaltung Deutschlands vertieft und einen Handelskrieg entfesselt zu haben“, wobei wir (der Sowjetblock) nichts zu befürchten hatten, denn „die Banken und Produktionsmittel gehören dem Volk und der Rubel ist gedeckt von den größten Goldvorkommen der Erde, da können die Börsen in London und New York krachen, wie’s beliebt!“ (Albert Norden). So beschlich mich die Furcht vor einer Weltwirtschaftskrise auch später nicht, als ich mein erstes Westgeld verdiente und auf einen Plattenspieler sparte; solange die Westmächte den Kalten Krieg gewinnen wollten mit atomarer Hochrüstung und fortdauernder Prosperität in Freiheit, mussten sie zumindest in den wichtigsten Industriestaaten Europas einen Wohlstand sicherstellen, welcher der politischen Linken dieser Länder keine Argumente bot, demokratisch die Macht zu erlangen, was insbesondere die romanischen Eurokommunisten betraf, bis sich die Prophezeiung meines oberschlesischen Großvaters erfüllte: „Wenn den Russen die Puste ausgeht, steigen die alten Blutsauger aus ihren Grüften!“ Er meinte eine legendäre Verkörperung des Manchesterkapitalismus; wir blicken derzeit den Tatsachen in die blutunterlaufenen Augen. Ich denke, dass die LINKE natürlich auch rechnen können muss, denn mit beflaggten Besenstielen kann man weder die Wahlen, noch einen Bürgerkrieg gewinnen, und Unterstützer wie seinerzeit für den Nationalrevolutionär A.H. stehen ehestens noch den Sozis und den GRÜNEN zu Diensten. So stellt sich die politische Gretchenfrage brennender denn je: Rot oder tot?!

Sache ist, dass die Linken weltweit keine nennenswerte Internationale und kein Moskau mehr haben und deshalb das Anwachsen ausdrücklich antikapitalistischer und antiimperialistischer (recte antiamerikanischer) national-sozialistischer Regime und Volksbewegungen weiterhin absehbar ist, und diese werden weiterhin miteinander taktieren und paktieren, solange die sozialen und ökologischen Probleme nicht ansatzweise gelöst sind und die Welt konkurrenzfreier Zusammenarbeit in Geschwisterlichkeit bedarf – ein ewiges Werk. Die G 8-Staaten können dieser Solidarität entraten, sie kooperieren auf der Ebene mafioser Strukturen mittels wechselseitiger Nötigung und Erpressung, wobei militärischer Druck sich auf Rüstungsgeschäfte und Stellvertreterscharmützel beschränkt. Fest steht ferner, dass die USA, China, Russland, Indien und diverse Schurkenstaaten von nicht geringem Liebreiz und erheblichen Stärken eher einen nuklearen Fallout hinnehmen und ökologisches Roulette spielen, als entscheidend zur Weltrettung beizutragen und damit zur Konsolidierung friedenstiftender Akte, da die UNO wahrlich nur das Papier wert ist, auf dem ihre hehren Absichten und Beschlüsse festgehalten sind, ohne umgesetzt zu werden in unabweisbare nachhaltige Aktionen, welche die Überbevölkerung stoppen, den konsumistischen Amoklauf der Zivilisationsfolger bremsen, Raubbau und Artenvernichtung beenden sowie weltweit die Wasserversorgung und Grundschulbildung gerecht gewährleisten. Um die Erhaltung der Lüneburger Schneelilie mag sich der dortige LIONS CLUB kümmern, um die thailändischen Nutten die Evangelische Frauenhilfe

In der DDR ist der reale Sozialismus u.a. deshalb gescheitert, weil die diplomatische Anerkennung eines sogenannten Arbeiter- und Bauernstaates nicht das Überleben eines völkischen Torsos garantiert, gleich gar nicht in einer feindlichen Umklammerung. Ich glaube weder an die Weltrevolution, noch an den Messias, doch dass DIE LINKE ihre supranationale historische Chance erkennt, bezweifle ich nicht; die Frage ist nur, wie weit man sie kommen lässt. Die deutschen Neonazis sind keine existenzbedrohenden Gegner, wohl aber das wachsende Potential ihrer antifaschistischen Strassenkampfkontras, die nicht nur den Rechten, sondern auch den Rechtsschützern gewaltsam Paroli bieten. Mit den Ultras der Antideutschen gefangen zu werden, könnte DIE LINKE an den Karlsruher Galgen bringen, noch  bevor ein einziges wirksames Antispekulationsgesetz zur Anwendung gelangt. Vorsicht vor falschen Freunden ist ein Gebot der politischen Praxis, nicht der ideologischen Frömmelei. Es kann nur eine Linke geben, die das Rechte tut.

P.S. Dass DIE LINKE sich nicht hinter den Bundespräsidentschafts-kandidaten der Opposition stellen wollte, missfiel sofort;  das Argument, Gauck sei „ein Mann der Vergangenheit“ war hanebüchen, im Hinblick auf seinen manifesten Antikommunismus jedoch verständlich, aus Sicht der SED-Erben. Stattdessen die fast 75jährige Luc Jochimsen, eine absolute Altlast der Fernsehfrisierkunst, auf den Adlerschild zu heben, markiert freilich die linke Auffassung (siehe Sodann), das Amt eigne sich bestenfalls für Clownerien…

 

Alle Statements auf einen Blick:

Volk ohne Traum
Der türkische Alpdruck und die verschnarchte Demokratie
Nightmare USA und wir Schäfchenzähler Germania sucht Gralsritter
Ahoi, Arche Nova! 
Los der Arbeit oder endlich ausschlafen
Traumatamtam
Gute Nacht!
Schwarzer Schlaf
Liebe Nachtwächter!
Stimmen aus der Urne
Stille Nacht
Tränen und Krumen
Im Schlafe kotzen
Der Feind unterm Bett

Nach Sonnenuntergang
Frag würdig!
Bella Leitfigura
Frauen und Kinder zuerst
Fliegeralarm
Ein Hermelin aus Tempelhof
Deutschland, ein Herbstmärchen
Gott ist Atheist
Wetterbericht
Böse Buben
Was glotzt Du?
Oscar der Observer
In memoriam 8.Mai 1945
Ein starker Mann
Übern Damm
Der Fall Eva H.
Esra und andere
Belegtes Brot

Der Rentner im Tschibuk
Märzwehen
Jugendsünden (1)
Jugendsünden (2)
Jugendsünden (3) 
Sportimportexportweltmeister
Tschingderassassabumbum
Der Preis des Friedens
Stinkegeld
Froileins to the front?!
Man träumt Deutsch
Wir wunden Kinder (1)
Wir wunden Kinder (2)
Wir wunden Kinder (3)
Denkmalsdeutsch
Mann oder Frau?
Deutschlandplan (A)
Wahllos in Mainhattan
Heldengedenktag
Wir Weihnachtsmänner
Das wahre Leben
Addio Africa!?
Unter Schneemenschen
Osterbotschaft
Fass ohne Hoden


Abendlanddämmerung
Gedichte mit Röntgenbildern des Autors
 


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