Liebes CrimeMag-Publikum,
Kriminalliteratur wurde früher gerne als „Asphalt-Literatur“ abgetan. Wir finden, dass das ein Adelstitel ist. Wir mögen Asphalt, wir mögen Großstadt, wir mögen Realität. Deswegen präsentieren wir Ihnen hier eine neue Rubrik, die jeden Monat Bilder des Fotografen Carsten Klindt und manchmal Texte der Polizistin Nadja Burkhardt kombiniert: Street Scenes und Street Crimes. Aus Realität wird Kunst in Bild und Wort, fragmentarisch und kaleidoskopisch. Freuen Sie sich mit uns! (Hier Auftritt Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr.4, Nr. 5, Nr.6, Nr.7, Nr. 8 und Nr.9, Nr. 10 und Nr. 11, Nr. 12 … )
STREET SCENES
„Street Scenes“ ist eine Serie des Berliner Fotografen Carsten Klindt, aus der wir jeden Monat ein Foto präsentieren. Auf der Website von Carsten Klindt können Sie einzelne Bilder auch käuflich erwerben. Neue Homepage hier.

STREET CRIMES
Nadja Burkhardt ist aus Überzeugung Street Cop in Berlin. Und sie hat ein Auge für den alltäglichen Wahnsinn. Denn der ist zwar manchmal kleinteilig und unspektakulär, bildet aber den Zustand unserer Gesellschaft präzise ab. Und Nadja Burkhardt weiß auch, dass vieles sehr, sehr komisch ist. Deswegen ab jetzt bei uns jeden Monat STREET CRIMES – Miniaturen aus dem Irrsinn ohne Ende, komisch, tragisch, real life …

Tatverdächtiger: „Sind Sie überhaupt Deutscher?“
Was mein Kollege Balu fast geantwortet hätte:
„Sehen Sie nicht meine schwarzen Haare und meine Schlitzaugen? Natürlich bin ich Deutscher!“
Hach.

Karneval der Kulturen.
Unisex-Toiletten sind nur dann gut, wenn die Kabinen vollständig umschlossen sind.
Ansonsten schaut nämlich ein junger Mann einer jungen Dame über die Wand schwanzwedelnd beim Urinieren zu und hat den Lümmel sogar noch freudig erregt in der Hand, als ich seine Tür mit einem Vierkant von außen öffne, um ihn vom Thron zu ziehen. Widerlich

Sie: „Also ich möchte dem ja jetzt auch gar keine Schwierigkeiten machen, weil ich die Polizei gerufen habe. Aber er reagiert ja nicht und er antwortet mir nicht, ob er vielleicht meinen Schlüssel im Park gesehen hat. Mit dem stimmt doch was nicht. Vielleicht reagiert er ja auf Sie.“
Ich: „Aber warum sollte er mit uns denn Probleme bekommen? Wir fragen ihn doch nur, ob er Ihren Schlüssel vielleicht gesehen hat.“
Sie: „Ja, aber er ist ja schwarz und vielleicht illegal hier. Ich meine, der spricht ja auch gar kein Deutsch.“
Ich: „Aha. Sie sagten, er hat überhaupt nicht mit Ihnen gesprochen. Vielleicht spricht er perfektes Deutsch, will aber gerade nicht auf Sie reagieren. Und jemand, der möglicherweise in Berlin geboren ist, einen deutschen Pass besitzt, oder Student aus sonstewo ist, aber mit Visum, der ist dann auch nicht illegal. Wissen wir ja nicht, oder?“
Sie: „Äh…also….na……oh….äh.“
Düdüm.
„Dunkelhäutige“ Schlussfolgerungen.
Ich „liebe“ das.

Kollegenanekdötchen.
Ein deutliches Zeichen, dass der „Stoff“ wirklich gut sein muss, ist…..
…..wenn der Dealer von zivilen Beamten IN HANDFESSELN gelegt wurde, aber trotzdem noch 10 (!) Kunden erscheinen und kaufen wollen.

Fahre heute das erste Mal mit dem Kollegen Funkwagen.
Ich: „Kann sein, dass ich ein klein wenig zickig werde, wenn ich hungrig oder sehr müde bin. Das hat dann nix mit Dir zu tun. Ich wollt Dich nur schonmal vorwarnen.“
Er: „Das heißt, ich lege Dir dann ab und zu einen Snickers hin?“
Ich: „Du verstehst mich.“


Carsten Klindt wuchs an der Nordsee auf und ist ausgebildeter Werbefotograf. Er wohnt seit über 20 Jahren in Berlin, betrieb elf Jahre lang eine Bar in Kreuzberg und arbeitet als freischaffender Fotograf. Der Werbung hat er schon lange den Rücken gekehrt. Neben Fotografie sind Noirs der Filmgeschichte eine Leidenschaft.

Nadja Burkhardt: „Jahrgang 1978, seit 1996 bei der Berliner Polizei. Nach der Ausbildung 4,5 Jahre Hundertschaftsdienst, seither im Schichtdienst als Zweier-Streife aufm Funkwagen. Mittlerweile Polizeikommissarin, nicht in Berlin geboren und aufgewachsen, aber definitiv ein Kind dieser Stadt. Mein Job ist gefährlich, nervenaufreibend und stressig. Und ich liebe ihn.“