„Gambaviecher in fetter Tunke“
In der Essay-Reihe “Literaturlandschaften” zur Frankfurter Buchmesse 2016 schreibt Stefan Wieczorek über Poesie aus Flandern und den Niederlanden:
„Der aus Flandern stammende Literaturwissenschaftler und Dichter Geert Buelens fasst die allgemeine Situation von Poesie zu Beginn des 21. Jahrhunderts so zusammen: „Poesie ist ein orales und digitales Medium geworden. Kultur wird reoralisiert: Youtube ist zu einer literarischen Institution geworden! Das schafft ungeahnte Möglichkeiten. Die Poesie verbindet sich mit dem Internet, den sozialen Medien und den visuellen Technologien.“ Das ist eine treffende Situationsbeschreibung, die aber um das Spezifische, Charakteristische der niederländisch-sprachigen Lyriklandschaft erweitert werden muss. Möglicherweise springt dies erst durch den Blick von außen unmittelbar ins Auge: Für die niederländischsprachige Lyrik sind gegenwärtig weniger poetologische Programme prägend als ein allgemeiner Funktionswandel, der Dichtung als Kommunikationsmedium mehr in die Öffentlichkeit gerückt hat als es im deutschsprachigen Raum der Fall ist. Und damit ist nicht in erster Linie eine digitale Öffentlichkeit gemeint, sondern eine urbane, mediale und lokalePräsenz, häufig auch Face-to-Face zwischen Dichter und Publikum. Oralität und Performativität spielen in der Präsentation und Rezeption von Poesie in Flandern und den Niederlanden eine zunehmend wichtige Rolle, allerdings ohne eine Verdrängung des gedruckten Gedichtbandes.“
Stefan Wieczorek könnte da mehr wissen als andere, hat er doch u.a. nicht nur den Sammelband Polderlyrik mit junger Lyrik aus Flandern und den Niederlanden herausgegeben, sondern bspw. auch Andy Fierens übersetzt, von dem jetzt bei Wunderhorn der Einzelband „Gambaviecher in fetter Tunke“ erschienen ist.
Andy Fierens, 1976 geboren, ist ein Dichter und Performer, „der seine Gedichte auf der Bühne lautstark auslebt, dabei aber weniger mit Poetry-Slam zu tun hat als mit Popkultur, Punk und sehr viel literarischer Tradition. Verse, die den Status von Aphorismen des neuen Jahrhunderts haben können, treffen auf Underground-Elemente wie Gewaltsequenzen, Sex und Alkohol – immer mit sehr viel Sprachfreude, Wortwitz und absurder Weisheit.“ (S. Wieczorek, Literatur und Kritik, 2014)
Andy Fierens: Gambaviecher in fetter Tunke. Übersetzt von Stefan Wieczorek. Heidelberg: Das Wunderhorn 2016.
Neuen Kommentar schreiben