Sich ‘n Wolf bauern
„Wir waren ruhig / hockten in den alten Autos / drehten am Radio / und suchten die Straße nach Süden/ denn man möchte leben können vom Atmen / den alten Filmen/ vom Rock'n Roll".
Wolf Wondratschek 1965 in den "Lyrischen Heften".
Am 14. August feiert Wolf Wondratschek seinen 75. Geburtstag. Helmut Hein gratuliert in der Mittelbayerischen Zeitung:
„Brinkmann, Handke und Wondratschek gingen davon aus, dass man nicht einfach immer so weitermachen kann. Ihre bis heute gültige Einsicht: Man kann eine Form nur einmal verwenden. Beim zweiten Mal ist sie schon Klischee, stumpft Gedanke und Gefühl ab. Und die Inhalte? Verdienen es, dass man sie dekonstruiert, also in ihre Einzelteile zerlegt und genau schaut, woraus sie bestehen und wie das Ganze funktioniert.
Der junge Wondratschek schrieb also – um einen ganz verbrauchten Ausdruck zu verwenden – experimentelle Lyrik und Prosa, kam damit bei Hanser unter und musste zusehen, wie Handke beim großen Bruder Suhrkamp dabei war, sich ein Weltreich des Geistes aufzubauen. Das war nichts für Wondratschek. Er war einer, auf den man nicht bauern [sic!] konnte, wie er nicht müde wurde, mit einem gewissen Brecht-Stolz zu behaupten; und dem auch auf Erden oder zumindest beim renommierten Hanser Verlag nicht zu helfen war. Er verblüffte noch, während überall die Soziologie zur Leitdisziplin wurde, mit strengen verstörenden Exerzitien: „Der Bauer zeugt mit der Bäuerin einen Bauernjungen, der unbedingt Knecht werden will.““
Während sein gerade bei Ullstein erschienener neuer Roman „Selbstbild mit russischem Klavier“, der eigentlich nie veröffentlicht werden wollte/sollte, von der Presse allgemein wohlwollend angenommen wird.
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