Physik der Methode
Allmählich kippt der Wahn, möchte man fast sagen. Ein neues populärwissenschaftliches Werk bei S. Fischer sei hiermit und im Verlagstext zur Lektüre empfohlen:
„Physiker glauben häufig, dass die besten Theorien schön, natürlich und elegant sind. Was schön ist, muss wahr sein, Schönheit unterscheidet erfolgreiche Theorien von schlechten. Sabine Hossenfelder zeigt jedoch, dass die Physik sich damit verrannt hat: Durch das Festhalten am Primat der Schönheit gibt es seit mehr als vier Jahrzehnten keinen Durchbruch in der Grundlagenphysik. Schlimmer noch, der Glaube an Schönheit ist so dogmatisch geworden, dass er nun in Konflikt mit wissenschaftlicher Objektivität gerät: Beobachtungen können nicht mehr länger die kühnsten Theorien wie z.B. Supersymmetrie bestätigen. Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, muss die Physik ihre Methoden überdenken. Nur wenn Realität als das akzeptiert wird, was sie ist, kann Wissenschaft die Wahrheit erkennen.“
„In den zwanzig Jahren meiner Beschäftigung mit theoretischer Physik sah ich die meisten Wissenschaftler, die ich kenne, Karriere machen, indem sie Dinge untersuchten, die niemand je gesehen hat. Sie haben wahnwitzige Theorien ausgebrütet wie die, dass unser Universum nur
eines in einer unendlichen Zahl von Universen sei, die zusammen ein »Multiversum« bilden. Sie haben Dutzende neuer Teilchen erfunden und erklärt, wir seien Projektionen eines Raums höherer Dimension, der durch Wurmlöcher hervorgebracht werde, die weit von einander entfernte Orte miteinander verbänden.
Diese Thesen sind zwar höchst umstritten, aber äußerst beliebt; sie sind spekulativ, aber faszinierend; schön, aber nutzlos. Die meisten Thesen lassen sich so schwer überprüfen, dass sie praktisch unüberprüfbar sind. Andere sind sogar theoretisch unüberprüfbar. Und alle werden von Theoretikern vertreten, die davon überzeugt sind, dass ihre mathematischen Formeln einen Kern der Wahrheit über die Natur enthalten. Ihre Theorien sind, so glauben sie, zu gut, um falsch zu sein.“
Sabine Hossenfelder: Das hässliche Universum. Warum unsere Suche nach Schönheit die Physik in die Sackgasse führt. S.Fischer Verlag.
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