Fr, 16.4.10 (Sa, 17.4.10, 21:30): Taschenuhr

Zweiter Tag in G. Hier bin ich immer weit weg von den Kieler Arbeitszusammenhängen, mehr als Urlaub – auch vom di.gi.arium. Ein Wochenende anders aus der Welt fallen, in Lillys Welt. Bin nicht einfach ögyr, sondern Lillys ögyr. Lausche ihr, ihren Geschichten und Gedanken. Und nehme teil, innig, versunken, an ihrer spontanen Begeisterungsfähigkeit. Bei allem ist sie immer ganz dabei, unverzettelt, nie so fahrig wie ich. Sie entdeckt das Retrovergnügen von Spielzeugautomaten, wo man 20 Cent einwirft, dann einen schwarzen Knopf dreht und unten fällt ein Überraschungskügelchen heraus. Schließlich sogar ein blau-silberner Ring. Wie sie den freudig hüpfend ansteckt …

Nachmittagsvorstellung im Kino, wir ganz allein im Saal. Eiskonfekt und „Dorian Gray“. Nicht nur wegen Oscar Wilde fasst uns das an. Einfach ins Kino ist nicht, da entfalten sich Welt, Verwerfungen, Drama von tragödischem Ausmaß. Man könnte das tiefer hängen. Nicht mit Lilly. Ihre Tränen, das steckt an. Nah dran an Enormem, Weitreichendem. Erst später verflüchtigt sich das, weiteres mitgebrachtes Filmprogramm auf dem Laptop.

Vorher aber entdeckt sie im Tabakpresseladen die Reihe „Taschenuhren-Sammlung“, wovon es schon über 60 Hefte gibt, jeweils mit einer Replikation einer historischen Taschenuhr. Ästhetische Kleinodien, auch wenn sie nur „nachgemacht“ sind. Wichtig ist die Chiffre, die Anmutung, der Hauch. Noch mag sie’s nicht mitnehmen, recherchiert lieber erst im Netz, macht sich kundig und versinkt wieder mit dieser Begeisterung in solcher neuen Sphäre. Entschluss: morgen eine Taschenuhr, zur Probe.

Sie sagt: „Zeit bei sich tragen.“ Mit dem Gedanken relativ früh und beseelt ins Bett.

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