Viele Riester-Sparer füttern ein Monster namens Finanzindustrie: Ihre staatlichen Zulagen kommen nicht der Altersvorsorge zugute, sondern wandern in die Tasche der Anbieter.
Gerade hat das Bundessozialministerium stolz die jüngsten Zahlen zur Riester-Rente verkündet: Mehr als 11,5 Millionen Deutsche haben mittlerweile eine Rentenversicherung, einen Fonds- oder Banksparplan mit dem Namen des ehemaligen Arbeitsministers abgeschlossen. Dieses Jahr wird der Staat die Sparer mit mindestens 1,7 Milliarden Euro bezuschussen, geht man alleine von der Grundzulage in Höhe von 154 Euro pro Person aus - Kinderzulagen und Steuervorteile kommen hinzu.

Das Monster namens Finanzindustrie frisst die staatlichen Zulagen, die Riester-Sparer bekommen. (© Foto: dpa)
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Zulagen kommen nicht der Altersvorsorge zugute
Und nun kommt heraus, dass die Anbieter der beliebten Finanzprodukte einen Großteil der staatlichen Förderung in die eigenen Taschen wandern lassen. "Die Zulagen kommen in der Masse nicht der Altersvorsorge zugute", sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
So manches Beispiel aus dem Alltag der Berater schockiert. Da ist zum Beispiel der 30-jährige Sparer, der monatlich 99 Euro in eine Rentenversicherung zahlt, im ersten Jahr aber 333 Euro Abschluss- und 186 Euro Verwaltungskosten entrichtet. Das ist fast die Hälfte seiner Beiträge. Er müsste die Grundzulage sowie den Bonus für mindestens zwei Kinder (184 Euro je Nachkomme, beziehungsweise 300 Euro für nach 2007 Geborene) kassieren, um diese Ausgaben wenigstens zu kompensieren. Im einem besonders drastischen Fall verzehrten die Kosten sogar das Dreifache der gesamtem Förderung.
Anbieterwechsel ist teuer
Auch wer den Anbieter wechseln möchte, läuft Gefahr, einen Großteil seiner Einzahlungen zu verlieren. "Dass bei einem Anbieterwechsel 88 Prozent der eingezahlten Beiträge wegen Vertragskosten verschwinden, ist ein Skandal", urteilt Nauhauser. Das gilt insbesondere für Sparer, die frühzeitig wechseln, denn die Gebühren, etwa bei Versicherungen, werden in der Regel auf die ersten fünf Jahre der Laufzeit gestreut. Trotz der Einbußen kann es sinnvoll sein zu wechseln, erläutert Nauhauser: "In jeder Kategorie gibt es gute und günstige Verträge, und gerade bei langen Laufzeiten reicht es, wenn die Gebühren nur einen Tick geringer ausfallen, um mit einem anderen Vertrag am Ende besser da zu stehen."
Zwar kann man nicht alle Riester-Produkte in den jeweiligen Kategorien über einen Kamm scheren, im Großen und Ganzen gilt aber: Banksparpläne sind am transparentesten, was die Kosten angeht, Versicherungen am schwierigsten zu durchschauen und daher am ehesten anfällig für versteckte Gebühren. "Bei Banksparplänen gibt es meistens nur einen Zinssatz und eine jährliche Kontoführungsgebühr, das versteht jeder", sagt Nauhauser. Nur, wenn die Zinsen variabel und nicht an Kennzahlen wie die Umlaufrendite gebunden seien, werde es etwas komplizierter. Bei Fonds-Sparplänen fallen neben einer jährlichen Depotgebühr von 15 bis 20 Euro vor allem die laufenden Fondskosten ins Gewicht.
Nicht blindlings dem Hausbank-Berater vertrauen
Auch Banksparpläne haben ein Manko: Sie werden kaum angeboten. "Die sind unbeliebt bei den Anbietern, denn hier verdienen sie zu wenig", sagt Nauhauser. "Die Berater verkaufen am liebsten die Produkte mit den höchsten Provisionen - und das sind die Versicherungen." Diese machen mehr als drei Viertel aller Riester-Verträge aus. Nauhauser schätzt, dass bis zu neun von zehn Sparern nicht das für sie optimale Produkt empfohlen bekommen. Oft ist der Grund, dass sie blindlings dem Berater in ihrer Hausbank vertrauen. Dabei ist die Auswahl schon erheblich eingeschränkt, wenn man wie gewohnt zur Bank um die Ecke geht - denn die vertreibt meist nur die eigenen Produkte.
Wie aber soll man den richtigen Vertrag finden? Zuerst gilt es, die richtige Produktgruppe zu ermitteln: "Auf Sicherheit bedachte Sparer sollten auf eine günstige Rentenversicherung oder einen Banksparplan setzen", sagt Nauhauser. Wer ein höheres Risiko eingehen möchte oder noch mehr als 30 Jahre bis zur Rente hat, für den eigne sich ein Fonds-Sparplan. "Aber einer mit hohem Aktienanteil, denn wer eine sichere Anlage möchte, ist mit einem Banksparplan besser bedient."
Im Herbst kommen zudem Riester-Bausparverträge auf den Markt, eine Alternative für diejenigen, die schon wissen, dass sie mal ein Eigenheim kaufen möchten. Von fondsgebundenen Rentenversicherungen rät Verbraucherschützer Nauhauser generell ab. "Da fallen sowohl auf Fonds- als auch auf Versicherungsebene Gebühren an", sagt Nauhauser, "deshalb besser direkt in einen Fonds-Sparplan oder eine klassische Rentenversicherung investieren."
Schwer verständliche Gebührenstruktur
Hat man sich für eine Kategorie entschieden, muss man ein günstiges Produkt suchen. Die Gebührenstruktur zu verstehen, ist für Privatanleger meist kaum möglich. Nauhauser verweist daher auf unabhängige Tests, wie sie zum Beispiel das Verbrauchermagazin Finanztest jährlich im November veröffentlicht. Zudem gibt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Tipps, wie man einen guten Berater erkennen kann: Er sollte die Anlageziele und Risikoneigung des Sparers ermitteln und dessen Prioritäten in Bezug auf Rendite, Sicherheit und Flexibilität klären. Mit Blick auf diese Punkte sollte er dann seine Vorschläge bewerten. Schließlich sollten Sparer auch nach Qualifikationsnachweisen fragen - am besten weist der Berater nicht nur Zeugnisse des eigenen Instituts vor.
Da zudem die Beweislast bei einer Falschberatung beim Kunden liegt, rät Nauhauser, das Beratungsgespräch zu protokollieren und unterschreiben zu lassen. Eine Vorlage findet sich im Internet unter www.vz-bw.de/protokollvorlage.
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(SZ vom 27.08.2008/jkr)
@ nicknoris: Absolut korrekt. Die Rentenversicherung wurde sogar vom Arbeitsministerium dazu verdonnert, auf ihrer Home-Page für die Riester-Rente zu werben.
;-)
Mathematik ist manchmal richtig einfach.
Nur mal zum Verständnis:
a) Der Staat gibt Zuschüsse zur sogenannten Riesterrente aus Steuermitteln.
b) Der Staat kürzt die "normale" Rente (mindestens) um den Betrag, der durch die Riesterrente erzielt wird (werden soll).
c) Wer "Riestern" will muss selbst Geld "übrig" haben, sonst gibt's keinen Zuschuss.
aus a) folgt:
1. Das Geld für die Riesterzuschüsse steht aktuell nicht für Schuldentilgung oder die Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen zur Verfügung.
2. Wer nicht "Riestert" kriegt nix von den Zuschüssen ab.
aus b) folgt:
1. alle kriegen weniger "normale" Rente
2. wer "geriestert" hat, bekommt maximal genauso viel wie vorher (vor Verriesterung)
aus c) folgt:
1. Wer jetzt schon nicht über die Runden kommt, kann sich die "Riesterrente" nicht leisten
2. Wer heute "arm" ist, wird in Zukunft noch weniger Rente bekommen als die "Riesteropfer"
aus abc) folgt:
1. Wer kann, muss "riestern", um seinen Renten-Verlust so gering wie möglich zu halten.
2. Die "Nichtriesterer" finanzieren über ihre Steuern den etwas Bessergestellten die zukünftige, etwas bessere Rente.
Das Thema bekommt noch eine weitere Komponente: Vor zwei Tagen hat das Institut für Altersforschung, oder wie der Laden heißt, jedenfalls ist dieses Institut von der Deutschen Bank finanziert, die Rendite der gesetzlichen herabgerechnet, um auf diese Weise eine möglichst niedrige Rendite als Ergebnis zu bekommen. Die DRV hat diese Rechenweise wegen ihrer methodischen Fehler noch am gleichen Tage massiv zurückgewiesen. Aber, etwas bleibt ja immer hängen. Immerhin brauchen diverse Banken dringend neues Kapital, wegen ihres Immobilien Debakels in den USA. Übrigens fehlt in einer Reihen von Beiträgen in den Medien, der Hinweis, wie viele private Pensionsfond zwischenzeitlich pleite gegangen sind. Das wird zu weitere Altersarmut führen.
Schröders an seinen Freund Maschmeyer.
Mensch Maschi, erst hauen wir die gesetzliche Rente kaputt und dann subventionieren wir die private Rentenversicherung mit Steuergeldern, bis der olle Eichel schwitzt.
Wenn das kein Bombengeschäft wird - Ha Ha Ha
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