Von Jens Lubbadeh

Arzneimittelhersteller finanzieren einen Journalisten, der die Kritiker ihrer Produkte namentlich an den Netz-Pranger stellt. Bei jedem herkömmlichen Pharmakonzern wäre dies ein Skandal. Doch die Globuli-Hersteller sehen darin kein Problem, sondern einen "konstruktiven Dialog".

Der Google-Pranger funktioniert ganz einfach: Man setzt eine professionell wirkende Webseite auf, in der die Glaubwürdigkeit einer Person untergraben wird. Dann wird der Name der anzuprangernden Person möglichst oft im Text genannt. Die Seite wird nun automatisch unter den oberen Treffern rangieren, wenn jemand nach der Person sucht. Für Menschen, deren Glaubwürdigkeit ihr Kapital ist, beispielsweise Journalisten und Wissenschaftler, ist dieser digitale Rufmord besonders verheerend.

Homöopathie ist ein lukratives Geschäft Bild vergrößern

Die kleinen Kügelchen lassen leicht vergessen, dass es bei ihnen um große Summen geht: 400 Millionen Euro beträgt der Gesamtumsatz der Branche. Über den Gewinn schweigt sie. (© dpa)

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Googelt man den Journalisten Max Rauner, erscheint als einer der ersten Treffer eine Seite des Blogs des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ). Der Titel: "Max Rauner glänzt mit Halbwissen über Edzard Ernst". Dem mehrfach preisgekrönten Journalisten Rauner wird in dem Beitrag schlechte Recherche und Verletzung seiner Sorgfaltspflicht als Journalist unterstellt. Rauner habe die Wahrheit für eine gute Story geopfert.

Was war Rauners vermeintliches Vergehen? Er hatte in dem Magazin Zeit Wissen ein Porträt über Edzard Ernst veröffentlicht, Professor für Alternativmedizin an der University of Exeter. Ernst erforscht Nutzen und Risiken alternativer Heilmethoden, unter anderem auch die der Homöopathie. Wie viele Forscher vor ihm auch kam er zu dem Ergebnis: Die Zuckerkügelchen wirken nicht besser als eine Scheinpille. Seitdem ist Ernst für Homöopathen ein rotes Tuch - so wie jeder, der die Zuckerkügelchen oder ihre Befürworter kritisiert.

Verantwortlich für den Beitrag über Max Rauner ist Claus Fritzsche. Kritisiert man Fritzsches Beiträge, reagiert er nach dem gleichen Muster und bastelt daraus gleich die nächste "Nachricht": "Jens Lubbadeh kritisiert DZVhÄ."

Fritzsche, laut seinem Impressum unter www.claus-fritzsche.de Medizin- und Wissenschaftsjournalist, betextet auch Flyer und Broschüren für Firmen. Fritzsche hat BWL mit einem Stipendium der Karstadt AG studiert und einen Abschluss als Diplom-Betriebswirt (BA). Er verfügt, wie er auf dieser Seite wirbt, über langjährige Berufserfahrung in der Vermarktung von erklärungsbedürftigen Industrieprodukten.

Für die DZVhÄ ist er offenbar für das Anschwärzen von Kritikern der Homöopathie zuständig. Jedenfalls wird seine Tätigkeit von der Homöopathie-Lobby und von Globuli-Herstellern unterstützt. Auf Anfrage bestätigten der DZVhÄ sowie mehrere Globuli-Hersteller, dass sie die teils von Fritzsche selbst angebotenen, teils von ihm als Chefredakteur verantworteten und mit Texten bestückten Blogs finanziell fördern.

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