Die Entscheidung über den Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalplakt provoziert eine Reihe von Verfassungsklagen. Es geht um die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass der Staat derartige Hoheitsrechte abtritt. Die Richter stehen vor einem Dilemma.
Waren die Klagen schon erfolgreich, bevor sie eingereicht worden sind? Bereits vor Tagen haben Wolfgang Schäuble, Norbert Lammert und Peer Steinbrück erklärt, dass die Grenzen des Grundgesetzes erreicht seien. Wenn man noch mehr Europa, wenn man noch mehr Rechte nach Brüssel übertragen wolle, dann müsse "darüber das deutsche Volk abstimmen". Zumal für Schäuble, den ehemaligen Innenminister und jetzigen Finanzminister, ist dieses Geständnis eine Sensation; es ist die Wandlung vom Saulus zum Paulus; aus einem vehementen Gegner jeden Plebiszits ist ein Befürworter geworden.

Der Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und den europäischen Fiskalpakt geht nicht nur an die Grenzen des Grundgesetzes, er geht darüber hinaus. (© dpa)
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Grund ist nicht eine göttliche Eingebung, sondern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Alle Parteien, die an diesem Freitag dem Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM und dem europäischen Fiskalpakt zustimmen, ahnen, spüren, wissen: Das geht nicht nur an die Grenzen des Grundgesetzes, das geht darüber hinaus.
Das Verfassungsgericht hat bisher in fast jeder Entscheidung zu europäischen Angelegenheiten gesagt: bis hierher und nicht weiter. Zuletzt, im Urteil zum ersten Rettungsschirm im September 2011, haben die Richter aber eindringlich klargemacht, dass sie es auch so meinen - alle Möglichkeiten, aus dem Grundgesetz in seiner jetzigen Fassung Souveränitätsrechte für Europa zu schöpfen, seien erschöpft. Aber die Verträge, über die jetzt in Bundestag und Bundesrat abgestimmt wird, schöpfen trotzdem weiter. Eine Phalanx von Verfassungsbeschwerden, Organklagen und Anträgen auf einstweilige Anordnung, die am Freitagabend in Karlsruhe eingereicht werden, versucht das zu unterbinden. Sämtliche Schriftsätze liegen der Süddeutschen Zeitung vor.
Hohe Belastung durch den ESM
Der ESM, Stammkapital 700 Milliarden Euro, belastet Deutschland nach dem Kapitalschlüssel mit 27 Prozent, das entspricht 190 Milliarden Euro, davon müssen 22 Milliarden "eingezahlt" und 168 Milliarden "abrufbar" gehalten werden. Bereits jetzt ist absehbar, dass einzelne Unterzeichnerstaaten nicht in der Lage sein werden, ihre Anteile zu zahlen und sich also der Anteil Deutschlands am Stammkapital entsprechend erhöhen wird. Ein Organ des ESM, der "Gouverneursrat", kann "jederzeit" mit "angemessener Frist" die Einzahlung der abrufbaren Kapitalanteile verlangen. Der ESM ist eine Zweckgemeinschaft luxemburgischen Rechts, die für ihn handelnden Personen, all seine Organe und Bediensteten, sind völlig immun, können von nichts und niemandem belangt werden. Es gibt weder eine Kontrolle durch die Parlamente noch eine durch die Justiz.
Wie verhält es sich da mit der demokratischen Legitimation? Die 12 015 Verfassungsbeschwerden von "Mehr Demokratie", die an diesem Freitag sogleich nach der Abstimmung in Bundestag und Bundesrat beim Pförtner des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe abgegeben werden, kritisieren einen "kontrollfreien Raum". Entäußert sich der Bundestag ein für allemal seiner Haushaltsautonomie? Die Klage des CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler spricht davon, dass die Haftungsrisiken für Deutschland das verantwortbare Ausmaß übersteigen. Der ESM-Vertrag führe in einen Haftungs- und Leistungsautomatismus, der so nicht hingenommen werden könne. Es gebe "nicht den geringsten Zweifel", dass die Ermächtigung, eine umfassende Haftungs- und Transferunion zu installieren, verfassungswidrig ist.
Und was bedeutet es, dass weder im ESM noch im Fiskalpakt Kündigungsvorschriften vorgesehen sind? Die Klagen der Abgeordneten der Linken im Bundestag konstatieren, dass die demokratisch legitimierten deutschen Organe nun nicht mehr "Herr ihrer Entschlüsse" seien.
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In einer Nachtsitzung versuchen Europas Politiker, den Euro zu retten. Ein Schwerpunkt über Sieger, Verlierer und Nutznießer der Beschlüsse. Jetzt lesen ...
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1) Europa muss zusammenwachsen. Dazu braucht es Respekt gegenüber dem Anderen, gegenüber der Kultur des anderen und Akzeptanz. Respekt war ja das Thema auch der EM, mit Recht! Die Mehrzahl der Deutschen ist weit entfernt von Respekt gegenüber anderen Kulturen und frönt immer noch der eigenen Überlegenheit des Deutschtums gegenüber anderen Kulturen, z. B. ausgedrückt im Nationalgedöse an der Berliner Fanmeile! Aber bei nationalistischen Gedöse gibt eine Volksabstimmung zu Europa keinen Sinn.
2) Volksabstimmungen spiegeln nicht die Meinung des Volkes, sondern die der Massenmedien, z. B. der Bild-Zeitung und der Fernsehsender. Sie sind deshalb ebenso undemokratisch, die Volksmeinung wird manipuliert!
3) gute Politiker dürfen sich aus obigen Gründen nicht immer an der Volksmeinung orientieren. Ihre verantwortungsvolle Aufgabe bestünde auch darin, Entscheidungen zugunsten der Zukunftsfähigkeit von Menschen zu treffen die eben entgegen der aktuellen Volksmeinung sind. Das ist ein Kern von Führung in Politik und anderswo!
Würde das Volk entscheiden, gäbe es 350 Tage Urlaub/Jahr, keine Armee, ein Staatseinkommen für Jedermann, etc. Würde in einem Unternehmen nach den Willen der Belegschaft entschieden, wäre kein Unternehmen zukunftsfähig. Das gilt auch für die nationalstaatliche Politik und für die Europapolitik.
Zuerst einmal müssen Politiker, Wirtschaft, Medien, Sportler, Wissenschaftler, Techniker, etc. in ihren Ländern die Menschen vom Europa begeistern und überzeugen. In Deutschland müsste die Politik die Diskussion auf den Nutzen und die Vorteile von Europa und der europäische Vereinigung lenken (keine Grenzkontrollen, keine Wechselkosten für Währungen, europaweite Wohnortfreiheit, europäischer Arbeitsmarkt, europäischer Wirtschaftsraum, europäische Verkehrsachsen, etc. ) als Ersatz der nun schon 20 Jahre langweiligen und nationalistisch wie kleinkariert geprägten Wiedervereinigungs-Diskussion.
Erst wenn ein Bewusstsein und eine Überzeugung für Europa entstanden ist, sich eine europäische Identität (z. B. das Bewußtsein über die unglaubliche Stärke der gebündelten Vielfalt der europäischen Kulturen) herausbildet hat, gibt eine Volksabstimmung Sinn. Dann wird nämlich die wirkliche Meinung abgefragt und nicht die veröffentlichte Meinung einzelner!
Die Stärken Europas liegen nicht nur in der Wiege der Demokratie, sie liegen in der kulturellen Vielfalt zwischen Nordkap und Gibraltar die es auf ein Zie
Nein, mich stört gar nichts. Nicht mal Ihre grenzenlose Ahnungslosigkeit was die unterschiedlichen Zielsetzungen der einzelnen Parteien betrifft. Denn nur deshalb können Sie immer wieder zu solch fatalen Fehlurteilen gelangen, wie Sie uns die ja schon desöfteren eindrücklich präsentiert haben. Sind Sie doch auch sonst immer vorne mit dabei, wenn es zu erklären gilt, dass rechts und links das Selbe wäre. Sie irren heute und Sie irren was die Vergangenheit angeht. Sie sind quasi ein ein einziger großer Irrläufer.
Danke Herr Prantl. Endlich ein Bericht wie ich ihn mir von Ihnen wünsche. Sie wissen doch so viel und schreiben häufig immer nur die Hälfte.
Doch wer hat diese Themen, die uns/ mich jetzt so umtreiben, erfunden ? Angele Merkel mit ihren Bankberatern, aufgezogen und belehrt in den USA bei großen Banken und Anwaltskanzleien.
Es ist erschütternd zu sehen, wie die gesamte Bundesregierung mit Opposition von SPD und Grüne, außer der Linken, ohne mit der Wimper zu zucken, Deutschland quasi in einem Akt der "feindlichen Übernahme" wie sie aus Verschmelzungen von großen Unternehmen bekannt sind, an Brüssel und deren noch zu benennende Gouverneure ab-treten.
Dass Gauck sich im Vorfeld schon nicht demokratisch verhalten hat und ebenfalls ganz auf Merkel-Regierung-SPD-Grüne abfährt - kein Wunder - er hat dankbar zu sein. Nun wird sich zeigen, wie viel Wert ihm Freiheit ist, die er so "schön besingt", wie ein Kind im Keller, dass vor Angst pfeift.
Das BVG wird sich an Köhler erinnern - auch ein Banker in den USA geschult - der den 1. Ball in Richtung "Bundesstaaten von Europa" geschossen hat - gegen alle Bedenken der Verfassungschützer.
Ich hoffe inständig, dass das BVG sich auf die Schutzschrift, die - wie es aussieht auf hohle Versprechungen basiert - NICHT einläßt. Es sollte sich erinnern an Junkies und andere Menschen mit viel krimineller Energie, die, wenn sie vor dem Richter landen, viel versprechen und nichts halten.
Wer eine Volksbefragung haben will, der muss diese erst durch Verfassungsänderung einführen. Das Rechtsinstitut Volksbefragung wie auch Volksbegehren besteht nicht, Deutschland ist keine direkte Demokratie und kann auch nicht (zum Besipiel weil es soooo wichtig ist) einfach so für einmal eingeführt werden.
Durch diese GG_änderung hätten wir bereits einen fundamentalen Wandel der deutschen Demokratie.
Tja, und über Art 146 GG gehen zu wollen ist ja wohl auch Rechtsbeugung. Deutschland hat keine neue Verfassung, es wird auch so schnell keinen neue kommen, denn so schnell schnell geht eine wirklich neue Verfassung nicht.
Und einfach nur ein paar Paragraphen einzufügen, die den Ausverkauf Deutschlands erlauben kann man wohl nicht eine neue Verfassung nennen.
Wie man es dreht und wendet, man musste die Verfassung brechen, wenn man das denn will.
Aber nach den letzten Tagen und Wochen beruhigt mich das keineswegs.
der ungeheuerliche Vorgang gestern Abend verdeutlicht, wohin Deutschland mit dieser Regierung gekommen ist: zu einem durch und durch gesetzlosen Verbrecherstaat, der nur ein Interesse hat: seine Führungsfiguren mit Privilegien und Sonderrechten gegen die Verfassung auszustatten. Hier wird nicht nur die Verfassung gebrochen, sondern es wird ganz offiziell und öffentlich gelogen und es werden neue Gesetze zur Abstimmung vorgelegt, die im Kontext vorsätzlich und beweisbar falsch sind. Es wird Zeit, dass das deutsche Volk 3 Dinge veranlasst: 1. diese Regierung davonjagt weil sie betrügerisch handelt; 2. das Parlament auflöst, weil die meisten Parlamentarier kriminelle Idioten sind; 3. aus Europa und dem Euro austritt, weil das nur eine Veranstaltung des internationalen Finanzkapitals ist. Wer das für überzogen hält ist schlicht eine Schlafmütze!
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