Volk ohne Traum

Ein Statement
von Uve Schmidt |
Brennender Sand
Nil in Flammen,
Der Fluch des Pharao und Brennender Sand haben meine Kindheit und
Jugend stärker belebt als alle anderen exotischen Abenteuerwelten, wenngleich
deren erzählerische Ausgangsorte zumeist die gleichen Londoner Herren-Clubs,
schottischen Schlösser oder englischen Hafenkneipen waren, von denen wahnwitzige
Wetten, Erbstreitigkeiten und/oder Schatzsuchen in die zumeist fiebrige Ferne
führten. Die Bevorzugtheit Ägyptens ergab sich aus der Präsenz seiner Tabake,
welche vor dem Kriege in Deutschland verarbeitet und erfolgreich beworben wurden
mittels illustrer Verpackungen, Sales Displays und Sammelbildchen, welche den
prae-islamischen Altertümern und der arabischen Folklore besondere
Aufmerksamkeit widmeten, parallel zu den Kolportageheldentaten angelsächsischer
Globetrotter, Geschäftsträger und Großwildjäger inmitten von Bauchtänzerinnen,
Stammesfürsten und allerhand farbigen Dienstleistern, deren Ergebenheit, Eifer
und Treue sich freilich ins Gegenteil verkehrten, wenn man sie im Jähzorn
züchtigte oder sie unsere Kutschen und Stiefel mit Schweinsfett schmieren hieß,
eine koloniale Weltbühne hinter den blauen Schleiern aromatischen ägyptischen
Zigarettenrauches. So, wie die Dinge nunmehr stehen und liegen, könnte man
sagen, dass dieser fast opake Vorhang eben erst zerrissen ist, zerrissen wurde
von der Naturgewalt einer Revolution, richtiger eines Volksaufstandes à la
Marianne, dem jungen Pariser Marktweib. In Tunis und Kairo waren es eher
Hochschülerinnen, zumindest Belesene aus der Mittelschicht, aber das ist nicht
der Punkt, denn die marxistisch-leninistischen Revolutionstheoreme wurden schon
obsolet, als es den Faschisten gelang, in Italien eine rechte Massenbewegung
„kleiner Leute“ und qualifizierter Teile der Arbeiterschaft in Stadt und Land zu
organisieren. Die arabischen Aufrührer sind mehrheitlich keine Linken, überhaupt
keine Atheisten, keine Internationalisten und keine Nasseristen, d.h. niemand
möchte es abermals mit einer Panarabischen Union von Algier bis Damaskus und
Sanaa probieren, und von Allahs Weltreich sprach gar keiner, es sei denn als
einem Paradiese der Märtyrer, für welche in allen islamischen Wirren sich ein
geheiligtes Plätzchen findet…
Zurück nach Deutschland. Als ich Ende der 50er Jahre in Westberlin die ersten
arabischen Studenten kennenlernte, wusste ich wohl um gewisse Sympathien dieser
jungen Männer für Marschall Rommel, dessen Afrika-Korps ihre Väter am Nil
erwartet hatten, indes realisierte ich zum ersten Mal, wie viele Staaten durch
eine Sprache, eine Religion und eine bikontinentale Landmasse als Arabische
Nation verbunden waren, wobei das namentliche Arabien zwar das mächtigste, aber
auch das reaktionärste dieser Bruderländer ist. Als Nasser dann mit wechselnden
Partnern von unterschiedlicher Bündnistreue die Vereinigte Arabische
Republik anführte, ließ sich die Inkongruenz unschwer erkennen und es erwies
sich, dass kein ideell noch so hochprozentiger Flaschengeist einen Wunschtraum
erfüllen kann, der einer Nation gewährt ward und zuzutrauen war als größtem
Bruder, neben dem sich aber kein Geschwister ebenbürtig profilieren konnte.
Mochten die Volksmassen dafür sein – die politische Kaste schmollte und so
gruben (divide et impera) die Mullahs und die CIA, die Sowjets, die Sozis und
die Israelis der panarabischen Idee jene Ludergrube, in der nunmehr auch unsere
christlichen und freisinnigen Politiker sprichwörtlich selbst gelandet sind,
ohne je die böswilligsten Buddler gewesen zu sein. Kein Wunder, dass die
Bundesregierung sich der aktuellen „arabischen Frage“ zunächst verschloss, um
das erste längere Wort zur Lage und zur Sache Michel Friedmann zu erteilen, in
Talks bei ARD und ZDF, womit überdeutlich wurde, wem die Kanzlerin allzu gerne
(?) den Vortritt lässt bei der Bewertung und Bestimmung der Nahostpolitik. Und
in Zukunft? Soll unsere Außenpolitik nur noch nach Abstimmung mit Jerusalem und
mit Zustimmung des Zentralrats erfolgen? Bequemer wäre das in jedem Fall, denn
seit Israel offiziell um die Standfestigkeit „seines einzigen Freundes und
Verbündeten“ bangt, behauptet man gleichzeitig von aller Welt alleingelassen zu
sein, obwohl auf den Paradeplätzen des panarabischen Protestes kein einziger
Davidsstern verbrannt oder verbeult wurde, so nebenbei und aus alter
Gewohnheit. Ergo ist wieder das Geisterschiff EXODUS am Spreeufer vor Anker
gegangen, während die unpolitischen Abgesandten Afrikas an Südeuropas Küsten
branden. Ahoi!
Diese beiden
Wasserstandsanzeigen allein sollten unsre Sorgen sein: Solange zwischen Jordan
und Suezkanal ein neuer „Kalter Krieg“ droht und die revoltierenden arabischen
Völker noch nicht allzu viel von Sinn & Form der Sozialpyramidenbauweise
begriffen haben und solange ihnen die Suren süßer sind als Wein von Carmel und
Rhein, solange sollten wir eigentlich fasten, wie unter abrahamitischen
Gläubigen üblich, gelle. Doch die FAZ wirbt nicht mit einem „klaren Kopf“, der
immer hinter ihr steckt; die Klugheit, welche sie seit Monaten schon in der
Islam-Kontroverse obwalten lässt, gefällt mir allerdings, als solche. Uns geht
es ja nicht um Religionsfreiheit: Wir haben sie, wir gewähren sie, die wenigsten
Deutschen brauchen sie und meinetwegen können sich alle unchristlichen Frommen
untereinander geißeln und grillen. Nur immer mehr von ihnen und noch mehr
weniger fromme Sozialpilger wollen wir nimmer. Diesen Widerwillen immer aufs
Neue zu postulieren, ist mir schrecklich peinlich, aber das Mindeste an
Widerstand, was wir leisten müssen, auch wenn wir keine Sommerhäuser und
Bootsstege am mare nostrum haben. Nicht alle Individuen, aber alle
europäischen Völker (auch außerhalb der EU!) fürchten um die Sicherheit ihrer
Grenzen, um ihre staatliche Souveränität sowie um die geistige und genetische
Gesundheit unseres Erdteils. Nur wenn diese nationalen und sozialen Grundlagen
gewährleistet bleiben, prosperieren wir weiterhin, natürlich auch als
agnostische Mischlinge, und wenn wir brav unsere Hausschlüssel in brisanten
Blumentöpfen deponieren, spricht sich das vorsorglich bis Moldawien und im
Kosovo rum. Im Ernst: Wieso kann das bankrotte Griechenland nicht ein paar
seiner ödesten Eilande als Anhalte-Inseln für illegale Migranten zur Verfügung
stellen? Auch Wachtürme sind Arbeitsplätze! Wieso stellt die NATO keine alten
Truppentransporter zur Verfügung, mit denen ein regelmäßiger Fährdienst
Lampedusa – Afrika zu betreiben wäre: Illegale Flüchtlinge hin, legale Fracht
her. Hhm? Alles machbar, Herr Nachbar! Die angeforderte FRONTEX liest sich wie
eine klandestine Klamottenfabrik für Sklavenarbeiterinnen, darf aber keinen
Schuss abgeben. Vielleicht fällt unserem Verteidigungsministerium ein, dass wir
die Lieblingslieferanten der Israelischen Marine sind und Israels Mentoren im
Europa-Cirkus: Dank der deutschen Fürsprachen dürfen die asiatischen Juden u.v.a.
gegen uns kicken und singen. Wie wäre es also mit einem ausgemusterten U-Boot
als diskretem Schiffeversenker? Es muss ja nicht torpediert werden, nur einfach
umschubsen. Die große Pleite kommt bestimmt! (Carlo Cato)
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Alle Statements auf einen Blick:
Volk ohne Traum
Der türkische Alpdruck und die verschnarchte Demokratie
Nightmare USA und wir Schäfchenzähler
Germania sucht Gralsritter
Ahoi, Arche Nova!
Los der Arbeit oder endlich ausschlafen
Traumatamtam
Gute Nacht!
Schwarzer Schlaf
Liebe Nachtwächter!
Stimmen
aus der Urne
Stille Nacht
Tränen und
Krumen
Im Schlafe kotzen
Der Feind unterm Bett
Nach
Sonnenuntergang
Frag würdig!
Bella Leitfigura
Frauen und Kinder zuerst
Fliegeralarm
Ein
Hermelin aus Tempelhof
Deutschland,
ein Herbstmärchen
Gott ist Atheist
Wetterbericht
Böse
Buben
Was glotzt Du?
Oscar
der Observer
In
memoriam 8.Mai 1945
Ein starker Mann
Übern Damm
Der Fall Eva H.
Esra und andere
Belegtes Brot
Der Rentner im Tschibuk
Märzwehen
Jugendsünden (1)
Jugendsünden (2)
Jugendsünden (3)
Sportimportexportweltmeister
Tschingderassassabumbum
Der Preis des Friedens
Stinkegeld
Froileins to the
front?!
Man träumt Deutsch
Wir wunden Kinder (1)
Wir wunden Kinder (2)
Wir wunden Kinder (3)
Denkmalsdeutsch
Mann oder Frau?
Deutschlandplan (A)
Wahllos in Mainhattan
Heldengedenktag
Wir Weihnachtsmänner
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wahre Leben
Addio Africa!?
Unter Schneemenschen
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Fass ohne Hoden
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Masse Mensch II
Von alter Leidkultur
Friede sei mit uns
Patria o Muerte (1)
Patria o Muerte ! (2)
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mit Röntgenbildern des Autors
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