All posts by Constanze Matthes

Vielschichtiges Panorama Überzeugte Kommunistin, Anhängerin Titos und Unterstützerin der Partisanen-Bewegung, Frau eines weltberühmten Radiologen und dreifache Mutter: Das Leben von Zora Del Buono, geboren in Slowenien, war ein wechselvolles, ein von der Geschichte des 20. Jahrhunderts geprägtes, sie selbst eine schillernde Person. In ihrem meisterhaften Roman „Die Marschallin“ erzählt ihre Enkelin Zora del Buono über ihre Großmutter und die Familie, über große Politik und das Grauen der Kriege sowie private Schicksale.  Der Roman beginnt mit einem Prolog. Darin schreibt die Autorin über ihre Verantwortung, die Familiengeschichte an die Öffentlichkeit zuRead More

Posted On Oktober 1, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Oktober 2020

Ragnar Jónasson „Dunkel“

Einer der besten Kriminalromane seit 1945 Constanze Matthes über „Dunkel“ und die sogenannten Hulda-Trilogie von Ragnar Jónasson Dass Bücher aus Skandinavien mit Verspätung auf den deutschen Buchmarkt landen, ist bekannt. Keine Seltenheit ist dies bei der Belletristik. Dass allerdings auch nordische Kriminalromane betroffen sind, die vor allem hierzulande ein großes Fan-Publikum haben und schon im Voraus in anderen Ländern erfolgreich waren, ist wohl weniger der Fall. Bereits 2015 erschien in Island „Dimma“, der Beginn der sogenannten Hulda-Trilogie von Ragnar Jónasson. Die britische Tageszeitung „The Times“ kürte den Roman zu einem derRead More
„Max, Mischa & die Tet-Offensive“  Schon als ich die norwegische Originalausgabe während einer der früheren Frankfurter Buchmessen in der Hand gehalten habe, war da dieses Gefühl, ein besonderes Buch vor sich zu haben. Dieser Name, dieses Gewicht, dieser Umfang … Sechs Jahre hat der Norweger Johan Harstad an seinem bereits 2015 in seinem Heimatland erschienenen Roman mit dem ungewöhnlichen Titel „Max, Mischa & die Tet-Offensive“ geschrieben. Im Frühjahr, ein halbes Jahr vor der 2019er-Buchmesse mit Norwegen als Gastland, kam der literarische Backstein mit einem Umfang von mehr als 1.200 SeitenRead More

Posted On September 1, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag September 2020

Constanze Matthes zu Téa Obreht „Herzland“

Buch der Stimmungen Western verbinden wohl viele von uns mit Pferden. Wilde Mustangs oder die kräftigen und ausdauernden Reit- und Lastentiere der Indianer und Siedler. Einen ganz anderen und überaus markanten und zähen Vierbeiner rückt die US-amerikanische Autorin Téa Obreht in den Fokus ihres neuen Romans. Mit „Herzland“ hat sie zugleich für das Genre des Western ein besonderes Buch geschrieben, das auf wirklichen Begebenheiten basiert. Mit diesem erinnert sie an das einstige Camel Corps, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die US-Armee als Nachschubverband zum Einsatz kam.  „Herzland“ führt alsoRead More
Kein Buch für zarte Seelen 2015 in Italien und 2018 in Deutschland erschienen, gibt es auch in Niccolò Ammanitis „Anna“ eine Seuche. – Constanze Matthes hat das Buch für gelesen. Unweigerlich entsteht ein beklemmendes Gefühl. Jene Jahreszahl, jene Ereignisse nach dem Ausbreiten eines Virus. Ein Erreger, der zu einer Atemwegserkrankung, aber auch zu Hautflecken führt. Im Jahr 2020 leben auf Sizilien nur noch Kinder. Die Erwachsenen hat die Seuche, „Die Rote“ genannt, hinweggerafft. Auch die Eltern von Anna und ihrem kleinen Bruder Astor sind bereits tot. Den Weg der beidenRead More
Welcher Zweck die Mittel heiligt Preisverleihungen können erstaunen, dann und wann eine Lektion erteilen. Im Fall des Literaturnobelpreises ist das wohl nicht anders. Als im vergangenen Jahr die Schwedische Akademie gleich zwei Namen verkündete ob des bekannten Ausfalls der Verleihung 2018 infolge eines ebenfalls bekannten Skandals sorgte der eine Name für heftige Diskussionen, der andere indes für ein Lesefieber. Während über Peter Handke ausgiebig debattiert wurde, wurde Olga Tokarczuk gelesen. Ihre früheren Bücher erschienen vermehrt in deutscher Übersetzung, so auch ihr bereits im Jahr 2009 veröffentlichter Roman „Gesang der Fledermäuse“, derRead More

Posted On Juli 1, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Juli 2020

James Baldwin „Giovannis Zimmer“

Immer noch eine tief aufwühlende Lektüre Constanze Matthes über einen Klassiker von 1956 Kein bereits verstorbener amerikanischer Schriftsteller scheint derzeit wieder so öffentlich präsent zu sein wie James Baldwin. Die auf ihn gerichtete Aufmerksamkeit setzte indes bereits vor der aktuellen Debatte rund um Rassismus und dessen Folgen ein. Gefeiert wurde hierzulande seine Wiederentdeckung 2018, als sein stark autobiografisch geprägtes Debüt „Go Tell it on the Mountain“ aus dem Jahr 1953 in einer Neuübersetzung unter dem Titel „Von dieser Welt“ erschien. Baldwin widmete sich in seinen Büchern nicht nur dem Rassenhass und der Unterdrückung derRead More

Posted On Juli 1, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Juli 2020

Anne Holt „In Staub und Asche“

Der 22. Juli Constanze Matthes über ein Verbrechen im Sommer und dessen literarisches Echo Sie hießen Ida, Maria, Espen, Andreas. Vier der insgesamt 77 Menschen, die am 22. Juli 2011 während des Anschlags des rechtsextremen Terroristen Anders Behring Breivik in Oslo und auf der Insel Utøya getötet wurden. Unter den Opfern befanden sich zahlreiche Kinder und Jugendliche eines Zeltlagers der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Das Attentat hat eine Wunde in die Seele des Landes gerissen. Des Landes, das so sicher und friedvoll galt, dessen Einwohner glücklich und zufrieden schienen. Der Anschlag hatRead More

Posted On Juli 1, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Juli 2020

Esi Edugyan „Washington Black“

Geschichte im Abenteuerformat – Eine Rezension von Constanze Matthes. Er ist nach dem ersten amerikanischen Präsidenten benannt – und nach seiner Hautfarbe. George Washington Black wächst als Sklave auf einer Zuckerrohr-Plantage auf der Karibik-Insel Barbados auf. Bereits als Kleinkind weiß er, was Armut und Ausbeutung, Gewalt und Unterdrückung bedeuten, dass das Leben der Sklaven für deren Besitzer nicht viel wert ist. Doch eine Begegnung wird das Leben des Zehnjährigen eine andere Wendung geben. Der nach dem Helden benannte Roman der kanadischen Autorin Esi Edugyan führt nahezu rund um die WeltRead More
Trauer und Hoffnung Die Welt ist eine andere geworden. Die Menschheit hat sich nahezu vollständig ausgelöscht. Krieg und eine Seuche, deren Erreger mittels Bomben verstreut wurde, haben Länder, Städte, Dörfer und ihre Einwohner vernichtet. Monster hat die Katastrophe jedoch überlebt. Im Eis, auf Spitzbergen, wo sie in einem Saatgut-Tresor arbeitete. Mit einem Boot macht sie sich auf die beschwerliche Reise über das Meer nach Schottland, in ihre Heimat. Mit „Mein Name ist Monster“ legt die preisgekrönte britische Autorin Katie Hale ihren Debüt-Roman vor. Ein Buch über düstere Zeiten, aber auch helle Momente,Read More

Posted On März 1, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag März 2020

Øistein Borge – „Kreuzschnitt“

Munch begegnet Matisse Constanze Matthes über das Krimidebüt des norwegischen Autors. Geld schützt nicht vor Mord. Der Immobilienmogul Axel Krogh, einer der reichsten Männer Norwegens, wird in seiner Villa an der Côte d’Azur tot aufgefunden. Sein Leichnam wurde geschändet, im Rücken des bereits betagten Mannes hat der Mörder ein blutiges Kreuz hinterlassen. Kroghs Tochter Ella und Erik Jacobsen, Konzernchef der Krogh-Gruppe, finden den Toten und entdecken, dass auch ein Gemälde eines unbekannten Künstlers aus dem Anwesen gestohlen wurde. Der Osloer Kommissar Bogart Bull wird für die Ermittlungen nach Frankreich entsendet,Read More

Posted On Februar 2, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Februar 2020

Constanze Matthes zu Jørn Lier Horst

Ein Charakterkopf als Held Über Jørn Lier Horst „Winterfest“ Keinen Krimiautoren sollte man mit einem anderen vergleichen; selbst wenn es nach meinen Erfahrungen in einigen Online-Foren oder Social-Media-Kanälen häufig praktiziert wird. Allein mit Blick auf den Umfang der Titel, die alljährlich erscheinen, den Handlungsort, die Herkunft des Autors und auf die Art und Weise des Schreibstils zeigt sich dieses Genre ungemein vielfältig. Womöglich liegt auch darin dessen Faszination. Und nicht jeder Skandinavien-Krimi lässt sich in eine solche Schublade stecken. Der Roman Winterfest des Norwegers Jørn Lier Horst ist nicht der klassische nordischeRead More

Posted On Februar 2, 2020By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Februar 2020

Gunnar Staalesen – „Todesmörder“

Nicht auf billige Effekte ausgerichtet Constanze Matthes über den 15. Varg-Veum-Roman von Gunnar Staalesen Jedes Jahr erscheinen neue aufsteigende Sterne am Krimihimmel Skandinaviens. Beim Stöbern durch die Krimiregale und -tische diverser Buchhandlungen gibt es regelmäßig neue Titel. Doch im Jahr der Frankfurter Buchmesse mit Norwegen als Gastland machte ich einen ganz anderen Fund: Im Polar Verlag erschien mit Todesmörder der bereits 15. Roman um den charismatischen Privatermittler Varg Veum aus der Feder des wohl dienstältesten und mehrfach preisgekrönten norwegischen Krimiautoren Gunnar Staalesen. Eine besondere Entdeckung für mich! Nicht unerwähnt sollRead More
Norwegen, Frankfurt og Signe Ein etwas anderer Blick auf die Buchmesse – von Constanze Matthes Wenn ich über Norwegen und die diesjährige Frankfurter Buchmesse schreibe, komme ich nicht herum, über die Fotos zu erzählen, die in meiner Wohnung an einer Wand hängen und vor denen ich oft stehe, um die Gesichter der Personen zu betrachten. Es sind Bilder in unterschiedlicher Größe und mit verschiedenen Rahmen, aber stets in Schwarz-Weiß. Einige zeigen Signe. Eine Frau, über die ich mehr und mehr nachdenke, deren Leben ein Teil von mir geworden ist, wie auch ihr Heimatland einRead More
 „Emma oder das Ende der Welt“ Wie lebt man weiter, wenn das Schlimmste geschehen ist? Constanze Matthes über ein Buch des norwegischen Autors und Musikers Ketil Bjørnstad. Der Roman beginnt mit einer Tragödie, einem schmerzvollen wie unfassbaren Verlust, den Eltern nie erfahren sollten. Emma, die neunjährige Tochter von Aslak Timbereid und seiner Frau Hanne, stirbt nach einem Flugzeugunglück – als einziges Opfer. Zu Beginn von Vorahnungen gequält, sucht der Vater gemeinsam mit der Mutter seines Kindes nach einem Schuldigen des Unglücks. Der neue Roman „Emma oder das Ende der Welt“ desRead More
Nichts ist, wie es scheint Constanze Matthes über „Krokodilwächter“ von Katrine Engberg Mit Blick auf seine Gestalt ist dieser Vogel ein Winzling, gerade mal rund 20 Zentimeter groß. Doch furchtlos wagt er sich auf den mächtigen Leib der Krokodile, um dort nach Nahrung zu suchen. Für das gefährliche Reptil ist diese Form der Körperpflege willkommen. Eine tierische „Freundschaft“ der besonderen Art, wie es sie viele unter der Bezeichung „Symbiose“ in der Natur gibt. Doch seinen Namen hat der in Afrika heimische Krokodilwächter aus einem ganz anderen Grund: Er warnt mit seinem RufRead More

Posted On Oktober 16, 2018By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Oktober 2018

Constanze Matthes über Jørn Lier Horst

Über Grenzen hinweg  Zum Roman „Winterfest“ von Jørn Lier Horst Keinen Krimiautoren sollte man mit einem anderen vergleichen; selbst wenn es nach meinen Erfahrungen in einigen Online-Foren oder Social-Media-Kanälen häufig praktiziert wird. Und nicht jeder Skandinavien-Krimi lässt sich in eine solche Schublade stecken. Der Roman „Winterfest“ des Norwegers Jørn Lier Horst ist nicht der klassische nordische Krimi, aber in seiner unaufgeregten Spannung und seinem politisch-gesellschaftlichen Hintergrund ein starkes Buch.  Denn wer glaubt, hier nimmt ein „kaputter“, vom Leben enttäuschter und von herben Schicksalsschlägen verfolgter Kommissar seine Ermittlungen auf, in einer Umgebung,Read More

Posted On Juni 15, 2018By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Juni 2018

Roman: Fernando Aramburu „Patria“

Intensive Botschaft Constanze Matthes über einen wichtigen politischen Roman aus dem Baskenland. Es ist ein regnerischer Nachmittag, die Straßen sind leer. Keiner ahnt, dass es nur wenige Sekunden sind, die das Leben von zwei Familien für immer verändern werden. Der Fuhrunternehmer Txato wird in seinem baskischen Heimatdorf mit gezielten Schüssen getötet. Zeugen gibt es nicht. Doch schnell wird bekannt, wer hinter dem Mord steckt: die ETA. Verdächtigt wird Joxe Mari, Sohn von Miren und Joxian, die Freunde von Txato und seiner Frau Bittori sind. Beziehungsweise waren. Denn nach dem AttentatRead More
Schon das zweite Mal Platz 1 geholt Von Constanze Matthes Ein Blick auf die Liste der Gewinner des National Book Awards macht eines deutlich: Es gibt nicht viele Schriftsteller, die diese neben dem Pulitzerpreis renommierteste literarische Auszeichnung in den USA gleich mehrfach erhalten haben. Dazu zählen Autoren mit Rang und Namen wie William Faulkner, Philip Roth, John Updike oder Saul Bellow, deren Werke heute zu den Klassikern der amerikanischen Literatur zählen. Doch nur einer Frau ist dies ebenfalls gelungen: Jesmyn Ward. Nach ihrem Roman „Vor dem Sturm“ (Verlag Antje Kunstmann) Read More

Posted On Februar 15, 2018By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Februar 2018

Roman: John McGregor: Speicher 13

Vermisst von Constanze Matthes Es könnte ein beschaulicher Ort sein. Landschaftlich reizvoll, umgeben von Bergen, einem Moor und Speicherseen, laufen die Uhren in dem mittelenglischen Dorf in einem ruhigen Takt – gezeichnet vom Alltag und dem eher unauffälligen Leben seiner Einwohner, nur durchbrochen vom Erscheinen einiger Touristen, die dann und wann im Nationalpark Erholung suchen. Wie die Shaws, deren 13-jährige Tochter Rebecca jedoch eines Tages spurlos verschwindet. Ihre Eltern stehen unter Schock, das Ereignis macht die Runde, die Polizei nimmt die Ermittlungen auf. Wie das Leben in dem Ort weitergehtRead More

Posted On Februar 15, 2018By Constanze MatthesIn Crimemag, CrimeMag Februar 2018

Roman: Pierre Lemaitre: Drei Tage und ein Leben

Schuld von Constanze Matthes Der Tatort: der Wald von Saint-Eustache, das Opfer: der kleine Rémi, der Täter: der gerade mal zwölfjährige Antoine. Seine Tatwaffe: ein Stock. Keine Angst, hier wird nicht alles verraten, wovon der Roman von Pierre Lemaitre „Drei Tage und ein Leben“ handelt. Denn dieser grausame wie tragische Akt der Gewalt ist schon auf Seite 23 zu lesen, das neue Werk des Franzosen kein Krimi und der Gewinner des renommierten Prix Goncourt ein meisterhafter Erzähler, der Überraschungen mag. Lemaitre erhielt die höchste literarische Auszeichnung seines Landes im JahrRead More