Rückzug in den Bunker
Verleger Jörg Sundermeier rüttelt im Buchmarkt auf und kritisiert Betrieb & Kritik:
„Die kleineren Verlage, die sich ja oft an die komplizierteren Texte oder Editionen herantrauen, werden tatsächlich weniger besprochen, oder aber sie werden für ihr Kleinsein gelobt und für die Ausstattung der Bücher, ganz so, wie Oma ein Kind tätschelt, wenn es ein Gedicht gut aufgesagt hat, aber mit Kritik hat das nichts zu tun. Und die größeren Verlage haben auch das Problem, dass ihre blutrünstigsten Thriller und ihre nacktesten Autorinnen inzwischen mehr Aufmerksamkeit bekommen als die Bücher, die auch im Lektorat Freude machen.
Das ist auf Dauer demotivierend. Wir arbeiten ja alle nicht nur für die Umsatzstatistik. Und die Leserinnen und Leser wenden sich ab, wenn alles nur noch „brillant“ oder ein „Meisterwerk“ oder gar ein „Buch des Jahres“ ist, aber schon am Ende desselben Jahres, in den Produktempfehlungen der Redakteure, überhaupt nicht mehr vorkommt. Und dann zweifeln die Leserinnen und Leser an der Bedeutung der Literatur insgesamt. Das ist dann der Rückzug in den Privatbunker …“
Kommentare
Der Diskurs ist immer wieder nötig und kommt nie zu einem Ende
Jüngst hat sich nun auch Iris Radisch kurz & knapp zu dem Vorwurf gemeldet: http://www.zeit.de/2015/05/literaturkritik-feuilleton-kritiker. Dass ich in das Lamento nicht einstimme kann, habe ich zuvor auch schon mit anderen Bloggern diskutiert: https://thomasbrasch.wordpress.com/2015/01/31/literaturkritik-alles-will...
der Diskurs ist immer nötig
Ich stimme dir im Großen und Ganzen zu. Statt zu lamentieren, sollten die "Independents" sich vielleicht besser auf die wachsende Zahl von qualitativ guten Beiträge unabhängiger kleiner Seiten konzentrieren und diese unterstützen, in dem sie auf den ihnen zu Verfügung stehenden Kanälen Beitrage posten. Die Interaktion mit dem Leser ist wahrlich ein schwieriges Feld. Man sieht es am Beispiel Sobooks wie wenig Leser bereit sind, über Bücher zu diskutieren. Am ehesten findet das in den sogenannten Randgenres statt. Die werden auf speziellen Plattformen erreicht, weil die "Zielgruppe" so spitz, will heißen, so klein ist, dass man wirklich interessierte Leser trifft. Offen bleibt leider die Frage, wie sich ein Blogger eigentlich finanzieren soll. Auch in Leipzig wird für Blogger kein Honorar gezahlt. Rezensionsexemplare und Einladung zur großen Feier im Gewandhaus finanzieren keine Anreise und kein Hotelzimmer. Und das ist das eigentliche Problem! Selbst große Feuilletons zahlen verschwindend kleine Honorare. Wo sollen sie herkommen, die Autoren, die sich eingehend mit literarischen Werken beschäftigen sollen, Rezensionen schreiben unter Mindestlohn ... Es ist und bleibt ein Dilemma, das sich durch inhaltliche Debatte nicht lösen lässt.
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