Uve
Schmidt,
geb. 1939 in Lutherstadt Wittenberg a.d.Elbe; Oberschule in der DDR,
Gymnasium in Westberlin. Studium Freie Graphik a.d. HfbK Berlin.
1960/63
Hospitant bei Vauo Stomps in Stierstadt/Taunus.
1963/66 München, Linz
(Österreich. Seit 1967 in Frankfurt am Main als freier Schriftsteller
und Publizist; Intermezzi als Arbeitnehmer (Werbung, Presse-und
Verlagswesen). |
Uve
Schmidt
Abendlanddämmerung
Gedichte
mit Röntgenbildern des Autors
120 Seiten;
12,50 €, 23 SFR, ISBN 3-933149-27-4
Abendlanddämmerung klingt nach Titelschutzobjekt, ist aber keines, sondern
die Alte Welt im Spätlicht ihrer Zivilisationsgeschichte, wahrgenommen von
der Warte eines Kulturpessimisten. In der Tat verhelfen auch optimale
Observationstechniken nur zu Bildern, welche richtiggedeutet werden ollen,
im Zweifelsfalle zugunsten der jeweiligen Feindbildvorlage. Allerdings
bedarf es keiner Satellitenfotos, um die Mondsichel über Kölln und
Kreuzberg zu erkennen, das Kraushaar im europäischen Milchsee und den
großen Graben zwischen Schlesien und Schwaben, Alt (Franz) und Jung
(Claudia), Pontefix und Cybersex, zwischen Ideal und Kapital: Um die
Eingeweide unserer hirnrissigen Gesellschaft auszuleuchten, langt die
photopoetische Sonde des Uve Schmidt.
Schmidts neue Gedichte entstanden gleichsam als Jahrtausendkinder
(1999-2001) und so sindse frühreif, heikel und überraschungsvoll wie
Laborfrüchtchen der Epoca nuova nur sein können. Gegen den germanistischen
Strich streben sie nicht, da die zuständigen Ordinarien und Medien derzeit
noch klären, ob "Lyrik als Gesellschaftstheorie" (Luhmann), also als
"Nachahmung der Soziologie" (Kaube) funktioniert oder "weg von der
Revolution der poetischen Sprache, hin zu ihrer Renaissance" (von
Petersdorff / Bartmann) die Lösung sein solle.
Uve Schmidt, der eingangs der sechziger Jahre in diversen Anthologien von
Rang als "Deutschlands jüngster Dichter" festzustellen war, sieht sich
heute vor einem speziellen Altersproblem: Wenn (nach Otto F. Best) die
Lyrik als die wandlungs- und entwicklungsfähigste poetische Gattung gilt,
wer oder was ist dann der Poet; falls er nach Sechzig noch den Beweis
erbringt? Wandlungsfähig svw. chamäleonisch, entwicklungsfähig svw.
instrumentalisierbar? Man bleibe am Mann; der Literat im Vorrentenalter
ist per se ein Nörgler, bestenfalls ein Zynikus, aber unvermeidlich
Unkenvater? Tatsächlich gab Schmidt schon als Kleinkind verblüffende
Proben seiner analytischen und prophetischen Begabung, Oralhistörchen
freilich, indes seine späteren Befunde und Prognosen als Literatur
nachzulesen sind. Kein Gedicht von ihm ohne das Wasserzeichen der Skepsis,
kein epischer Text mit gutem Ausgang, kein Hörspiel, das unseren
Kriegsblinden gefallen hätte! Was immer Uve Schmidt thematisierte, erwies
sich als punktgenauer Vorausblick auf schlimmere Verhältnisse und dümmere
Verhängnisse; was Wunder, daß seine Beliebtheit sich am Rande der
Bannmeile bewegt. Für Schmidt vermutlich der passende Platz, aber leider
auch eine Gegend, die zu unpassenden Schlüssen und Defaming ermuntert. Ein
Feind des Staates und der Erbswurst ("gute Dinge") ist er mitnichten, doch
gewiss ein Gegner herrschender Kulturhäuser, gewaltloser Revolutionen,
stiller Reformen und alkoholfreier Weihnachtsfeiern. Für die Freunde und
Freundinnen gleicher Grundüberzeugungen und selben Geschmackes liest sich
Abendlanddämmerung deshalb wie ein Poesiealbum dessen, was man/frau
genauso sieht und so ähnlich gesagt haben wollte, im Idealfall mit den
Worten von Uve Schmidt und den besten Empfehlungen des Hauses...
Uschi v. Emdt
Uve
Schmidt
Hitler im Himmel
Gedichte und Episteln
mit Fotografien aus dem Familienalbum
etwa 90 Seiten;
Edition Galrev, Bandnummer: 51
10 €, 19 SFr
ISBN: 3-933149-05-3
Uve Schmidt, geboren
1939 in der Lutherstadt Wittenberg, lebte ganz gern in der DDR, bis der
15jährige als ,Militärspion' enttarnt wurde und nach Westberlin fliehen
mußte. Im Unterschied zu den meisten seiner "rübergemachten"
literaturproduzierenden Landsleute hat Schmidt über die Kindheits-
und Jugendjahre in Ostdeutschland "aus
guten, unguten und unerfindlichen Gründen" kaum geschrieben, doch in all
seinen Gedichtbüchern und Prosawerken hörte man die Wittenbergisch
Nachtigall trapsen, mehr oder weniger virtuos.
Gleichsam
ein lebendes Fossil des altdeutschen März, erscheint Schmidt als eine Art
Quastenflosser, dessen Überdauern sich seiner Abneigung gegen Aquarien
verdankt. Gleichwohl nicht Fisch (sondern Skorpion), aber Fleisch von
unserm Fleisch, ein Literat, der (seit 1960) es mit der eigenen stillen
Überzeugung hält, daß es "die Hauptaufgabe des Schriftstellers ist, zu
leben" (Marquez). Die Folgen sind nachlesbar oder auch nicht, denn der
frühgerühmte Poet ist ein spätgereifter Prosaiker. Spätestens seit der
Selbstauflösung der Sowjetunion und der Wiedereinführung des pflanzlichen
Lampenöls in die Dichtung glaubt unser Autor nur noch an den Ärger als
Quelle der Inspiration und an den Zweifel als Leitgeist.
Uve Schmidts Gedichte und Episteln sind so gut wie Episteln oder Gedichte,
Jacke wie Hose in einer Zeit, da die einen im Mantel der Geschichte
schwitzen, die andern im Blaumann bibbern und immer weniger Leute etwas am
Hut haben mit Büchern. Dagegen empfehlen sich Schmidts Texte; sie eignen
sich kaum zum Mitsingen, doch zum Mitdenken, eine bewußtseinsstärkende
Kopfsportart. HITLER IM HIMMEL vermittelt seinen Lesern und Leserinnen,
was sie immer schon ahnten, aber nicht auszudenken wagten: Daß unser
privater Mikrokosmos sich um die selbe alte Achse dreht wie die grosse
weite Welt.
Was könnte erregender und tröstlicher sein, dann zumal, wenn des Autors
dreieckiges Auge deutlich zwinkert? Ernst ist es Schmidt allerdings mit
den "deutschen Dingen", mit der nationalen Rätselfrage, als wer oder was
wir die neue Eiszeit bzw. den "Wärmetod" (Konrad Lorenz) überstehen. Wer
sich davor zu retten trachtet auf eine einsame Insel, sollte dieses Buch
mitnehmen: Einmal über die Pfanne gehalten und die Seegurken sind gar!
Bibliographie:
Mit Rattenflöten (Gedichte), Eremitenpresse, Stierstadt
(Taunus), 1960
Die Eier (Kurzroman), Eremitenpresse, Stierstadt (Taunus), 1961
Spielgebein (Prosa), Gulliver-Press, Bad Homburg, 1961
Pupenpalmarum (Gedichte), Uhlenpresse, Essen, 1962
Schöne Gegend mit Figuren (Lyrik und Prosa), Luchterhand, Neuwied und
Berlin, 1965
Frankfurter Buchmessbuch (Brettl-Lyrik), Folio-Verlag, Oberursel, 1978
Ende einer Ehe (Tagebuchroman), MÄRZ, by Zweitausendeins/rororo, Jossa/Frankfurt/M, 1978
Danach/Kinder einer Ehe (Tagebuchroman), dito s.o., Jossa/Frankfurt/M,
1979
Die Russen kommen (Roman), Haffmans-Verlag, Zürich, 1982
Holunderbluten (Deutsche Nachkriegssagen), Eichborn, Frankfurt/M, 1984
Ei häwwe dream (Lyrische Prosa), Eremitenpresse, Düsseldorf, 1984
Abendmahl der Aphroditen (Prosa), Edition Roborg, Hanau, 1986
Deutsche Mädels (Gedichte und Geschichten), Maroverlag, Augsburg, 1987
Liebe und Tod (Erzählgedichte), Koren&Debes, Frankfurt/M, 1991
Maskerade ( Gedichte ), Patio, Neu-Isenburg, 1993
Freudsland (Psychopoema), Merlin Verlag, Giffkendorf und Hamburg, 1994
Sex ist dof (Reden und Aufsätze), Claudia Gehrke Verlag, Tübingen,
1996
Hitler im Himmel (Gedichte & Episteln), Druckhaus Galrev, Berlin, 1998
Kehraus Karhundert / Der Kode des Kain (Traktat), Merlin Verlag,
Giffkendorf/Hamburg, 1999
Abendlanddämmerung (Gedichte), Druckhaus Galrev, Berlin, 2001
Unterm Halbmond (Erzählung), Edition Mariannenpresse, Berlin, 2003
Kunst aus Stellung (Essay), Zwischenruf, Mainz, 2005
Credo (Gedichte), Corvinus Presse, Berlin, 2006
Kooperation mit den
Künstlern: Günter Seidel, Klaus Burkhardt, Bernhard Jäger, Sigurd
Kuschnerus, Wolfgang Harb, Hans Hillmann & Frieder Zimmermann, Bernd
Miller, Christian Röder, Rixdorfer Werkstatt, Johannes Vennekamp, Gerhard
Lienemeyer, Arno Waldschmidt, Nikolas Hönig, Zoppe Vosskuhl.
Diverse Erotika unter diversen Pseudonymen, zahlreiche
Hörspiele und Herausgaben, Drehbücher, Vor- und Nachworte, Reden und Rufe,
Beiträge in Anthologien, Schulbüchern, Zeitschriften und (an) Litfaßsäulen
(1968/89 Zusammenarbeit m. Atelier Prof.Rambow, Lienemeyer und van de
Sand; etl.int. Auszeichnungen für Text), Tonträger.
Nachdichtungen (Bücher) von James LaMont Johnson, Jim Morrison, Leonhard
Cohen.
Koeditor (m.Claudia Gehrke) von MEIN HEIMLICHES AUGE, Jahrbuch der Erotik
(seit 1982, Konkursbuch-Verlag).
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Alle Statements auf einen Blick:
Volk ohne Traum
Der türkische Alpdruck und die verschnarchte Demokratie
Nightmare USA und wir Schäfchenzähler
Germania sucht Gralsritter
Ahoi, Arche Nova!
Los der Arbeit oder endlich ausschlafen
Traumatamtam
Gute Nacht!
Schwarzer Schlaf
Liebe Nachtwächter!
Stimmen
aus der Urne
Stille Nacht
Tränen und
Krumen
Im Schlafe kotzen
Der Feind unterm Bett
Nach
Sonnenuntergang
Frag würdig!
Bella Leitfigura
Frauen und Kinder zuerst
Fliegeralarm
Ein
Hermelin aus Tempelhof
Deutschland,
ein Herbstmärchen
Gott ist Atheist
Wetterbericht
Böse
Buben
Was glotzt Du?
Oscar
der Observer
In
memoriam 8.Mai 1945
Ein starker Mann
Übern Damm
Der Fall Eva H.
Esra und andere
Belegtes Brot
Der Rentner im Tschibuk
Märzwehen
Jugendsünden (1)
Jugendsünden (2)
Jugendsünden (3)
Sportimportexportweltmeister
Tschingderassassabumbum
Der Preis des Friedens
Stinkegeld
Froileins to the
front?!
Man träumt Deutsch
Wir wunden Kinder (1)
Wir wunden Kinder (2)
Wir wunden Kinder (3)
Denkmalsdeutsch
Mann oder Frau?
Deutschlandplan (A)
Wahllos in Mainhattan
Heldengedenktag
Wir Weihnachtsmänner
Das
wahre Leben
Addio Africa!?
Unter Schneemenschen
Osterbotschaft
Fass ohne Hoden
Roter Westen
Masse Mensch I
Masse Mensch II
Von alter Leidkultur
Friede sei mit uns
Patria o Muerte (1)
Patria o Muerte ! (2)
Brennender
Sand
Gegelte und Geölte
Grüne Wolken
Thoooooooor!!!
Quo vadis,
Europa?
À la lanterne!
Unter Vollidioten
Schwere Wetter
Christnachtgedanken
Nichts sei umsonst
... der werfe den ersten Schuh
Schimpf und Schande
Rechts, wo mein
Herzschrittmacher...
Tabu la Rasa
Tabu II &
Betr. Piraten
Orakelhausse
Unser Gold
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