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Letzte Aktualisierung:
30.11.2011, 16:36
Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik |
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Volk ohne Traum |
Christnachtgedanken Wer das deutsche Dilemma der „Inflationszeit“ (1923/29) und der Massenarbeitslosigkeit (bis 1934) illustrieren will, bemüht bevorzugt jene Pressefotos und Filmsequenzen, welche die sozialen Gegensätze verdeutlichen: Die Rotznasen hohlwangiger Kinder an den Schaufensterscheiben eines Delikatessengeschäftes, ein kriegsversehrter Bettler neben einem eleganten Pärchen vorm exklusiven Nachtclub, Nissenhütten an Schutthalden, dahinter Warenhäuser im Weihnachtsglanz. Wollte man in diesen Wochen die derzeitigen Weltwirtschaftswirren visualisieren, wählte man wahrscheinlich grafische Mittel (Cartoon, Collage, Comix) und zur Erinnerung wohl eher solche Bilddokumente, für die sich hier und heute noch keine Analogien finden: Märchenhafte Notgeldscheine, endlose Menschenschlangen von Almosenempfängern und Arbeitsuchenden, blutige Straßenschlachten zwischen linken und rechten Parteisoldaten, und vermutlich werden solche Anomalien auch die einzigen sein, die man verhindern kann (vorsorglich oder gewaltsam) oder womöglich garnicht befürchten muss, weil hierzulande gewisse Voraussetzungen vorerst fehlen. Fragt sich also, ob wir überhaupt noch darüber reden bzw. schreiben sollten, solange die Weltlage, der Kulturbetrieb und die Arbeitsmoral älterer Arbeitnehmer gleichbleibend wackelig bis unverwüstlich sich darstellen, voll des Wehklagens, doch blutleer in der gedanklichen Aufrüstung jenes Widerstandes, den man/frau erwarten darf, wenn es um die Wurst geht (Einkommensabhängige) oder um die Existenz (Selbständige) und last not least von denjenigen, die jede Menge Zeit und genügend Sicherheiten haben, um z.B. eine Volksbewaffnung als Heimwehr zu finanzieren, wobei ich zunächst an eine geistige Armierung denke und keineswegs an alle Nutznießer unserer Grundrechte. In der Tat verwenden etliche Ehrgeizige und Wohlwollende ihr Vermögen für großformatige Anzeigen in der bürgerlichen Tagespresse, mittels derer sie warnen und Vorschläge machen, doch je länger und vergeblicher die Papiergeldschlacht tobt, umso seltener wird annonciert. Stattdessen wird weiterhin deklariert und demonstriert, campiert und belagert, aber das geht nicht auf einzelne private Sponsoren zurück, sondern auf jugendbewegte Kollektive und Netzwerke. Fehlt noch was? Ja, die Heilskünder und Untergangspropheten, welche vornehmlich an Brennpunkten des Personenverkehrs, aber auch in belebten Parks und auf Flaniermeilen, vor Sportarenen und Bierpalästen ihre Botschaft verbreiteten, zuverlässig seit Ende des Ersten Weltkriegs und nach Ende des Zweiten bis in die 50’er Jahre der Bonner Republik. Anfangs ging es primär um den allgemeinen Sittenverfall, um die Volksgesundheit und das Familienleben, ums Vaterland und dessen heilige Außengrenzen, um Rohkost und Genussmittelmissbrauch, um Rassereinheit und die Wiederkunft eines blonden Messias und natürlich wurde Kapitalismuskritik geübt in Vorlage einer klassenlosen Gesellschaft auf Muschelgeldgrundlage; ab 1945 predigte man nur noch den Weltfrieden und, nach dem 6.8.1945, die Ächtung der Atomwaffen, mitnichten ihrer Erfinder, Anwender und Apologeten. Viel Publikum hatten diese Männer (nie erlebte ich eine Frau in solcher Mission) nur selten, was sie nicht entmutigte, denn sie sammelten keine konkrete Gefolgschaft; die meisten lebten für die reine Gewissenserweckung auf bibelferner Basis. Umso sehnsüchtiger sucht mein blaues Seherauge im Stadtbild nach den Verkörperern oder Wiedergängern jenes Herrn, der einst die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel trieb, mit einem Schlaginstrument (Buchillustratoren und Kirchenmaler genossen diesbezüglich offenbar Gestaltungsfreiheit) und ohne unmittelbare Nachteile für seine Person. Lief A.H. in der Kampfzeit deshalb mit einer Hundepeitsche herum? Verbürgt ist, dass er sie nie benutzte, aber auch vor Pressefotografen damit auftrat. Ein anzügliches Zeichen für die Finanzwelt? Immerhin nahm die NSDAP auch Geld aus den USA, aber nicht von jedem und nicht jeder gab. Hitler und seine Heilsboten warnten selbstverständlich nie vor den Risiken und Konsequenzen ihrer Politik, doch sie drohten unentwegt mit den Folgen fehlender Folgsamkeit, sie bedrohten Feind & Freund und vollen Mundes den Frieden der Welt, bevor sie ihn unerklärt brachen. Dass des Führers Blut- und Bodenhunger mit den Annektionen in der östlichen Nachbarschaft nicht gestillt war, erregte allgemeines Unverständnis; die Wallstreet wusste, weshalb: DAS DRITTE REICH war pleite! Sowohl die Expansion im Osten, als auch die Judenfrage erlaubten keine diplomatischen, gar humanitären Lösungen, die Nazis brauchten sofort Geld und Gold, Wertpapiere und Liegenschaften, schließlich ganze Länder, und mit jeder Eroberung wuchs der Bedarf an Devisen und Lebensmitteln und Rohstoffen für die Kriegswirtschaft. Stimmt es etwa nicht, dass die USA seit ihrem Sieg über Japan nicht mehr aufgehört haben Kriege zu führen? Sobald auf den größeren Schlachtfeldern die Waffen schwiegen, landeten irgendwo anders die ersten bewaffneten Berater, nicht selten als Handlungsreisende oder Evangelisten. Niemand verwechselt Obama mit seinen bellizistischen Amtsvorgängern, doch er ist bei den Israelis im Wort, und natürlich wäre ein praenuklearer Schlagabtausch zwischen Teheran und Tel Aviv eine Ablenkung wie auch eine Aufhellung des kranken Mannes am East River (bzw. Potomac) und aus republikanischer Sicht womöglich die Patentlösung des leidigen Nahost-Problems. Man kommt nicht umhin, ungute Ähnlichkeiten festzustellen, fatale Übereinstimmungen von Ursachen und Wirkung und folglich sich gleichende Geschichtsbilder. In der sogenannten freien Presse sogenannter bürgerlicher Provenienz werden diese eindeutigen weltpolitischen Wetterzeichen keinesfalls geleugnet, fehlinterpretiert oder dreist verfälscht- man meidet sie einfach, eine konstante Thematisierung findet bestenfalls zwischen den Zeilen und weit unterm Strich statt. Zum Beispiel, wenn „im größten Flüchtlingslager der Erde“ die Cholera wütet, was zwar gemeldet, aber nicht abgebildet wird (meinetwegen mit Archivbildern), denn dass sich die komprimierteste Ansammlung menschlichen Elends nunmehr auch in die größte und tödlichste Kloake der Welt verwandelt hat, unter den Augen der Weltpresse und diverser Welthilfsorganisationen, kann nicht nur dem kaputten Kenia angelastet werden, sondern allen denjenigen, welche die Seuche als reinigendes Gottesurteil still geschehen lassen. Schöne Scheiße da draußen, während wir unseren fairen Kaffee mit fairem Rohrzucker anrühren? Ach, was! Falls in diesem Jahrhundert irgendwelche Ethnien aussterben, sterben sie nicht des Hungers, an Infektionskrankheiten oder durch ABC-Waffen, sondern als Opfer des weltweiten Rohstoffraffens und des industriellen Landraubs, bei dessen Durchsetzung sie einfach ausgerottet werden als Verteidiger ihrer Besitztitel, ihres Lebensraumes, ihrer Ahnengräber, und viele von ihnen werden verschwinden, ohne sich den Völkerkundlern ihrer Vaterländer vorgestellt zu haben. Diese globale Gefährdung ist als solche erkannt, das menschliche Artensterben jedoch keineswegs gebannt; dennoch kann es sein, dass cleveren Populationen das Entweichen und Überdauern in paradiesischen Niemandsländern gelingt, während wir uns nimmerwiedererkennen, zumindest nicht als eines jener Völker, die sich dem „Hochadel der Nationen“ zurechnen durften. Die Musterdemokratie Deutschland wird – wie auf allen Versuchsfeldern unseres genehmigungspflichtigen Geltungsstrebens – absehbar den Anfang machen, nachdem eine rechtspopulistische Mehrheit im Europaparlament uns vor die Volkstumsfrage gestellt hat. Kernspaltung oder Kosmetik, Kosmopolität oder Karthago am Spreebogen?!
Vergessen wir nicht: Es war die ungelöste soziale Frage, welche den
Weltbürgerkrieg auslöste, die Hoch-Zeit der weltweiten, militärisch
vorgetragenen Verteilungskämpfe. Nationalismus, Chauvinismus und Rassismus
dienten der Motivierung von Freund und Feind gleichermaßen, doch keine schwere
Waffe wurde bewegt, um den Berliner Eiermarkt zu arisieren. Heute feiern sich
die Bürgermeister als Friedensbringer, wenn es ihnen gelingt, Döner- &
Kebapbuden von den historischen Weihnachtsmärkten fernzuhalten, ohne Ankara zu
verärgern; über das Auftreten der Heiligen Drei Könige in arabo-türkischen
Einzugsbereichen wissen nur korrekte Kuraten in etwa Bescheid, mitnichten alle
Sternsinger in ihren Ali-Baba-Kostümen. Aufgemerkt, gute Hausväter:
Zweischneidig ist der Handschar, nicht die Geflügelschere! |
Alle Statements auf einen Blick: |
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