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Letzte Aktualisierung:
09.01.2012, 14:27
Glanz&Elend Literatur und Zeitkritik |
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Volk ohne Traum |
Nichts sei umsonst Wenn im kommenden Februar den Opfern der seinerzeit sogenannten Döner-Morde eine zentrale Gedenkfeier ausgerichtet wird, gibt die Bundesrepublik Deutschland den Trauerhausherrn für Staat, Volk und alle Institutionen, welche sowohl mit dem Schutz von Leben und Eigentum ihrer Bevölkerung beauftragt sind, als auch mit der Integration ihrer rechtlich und geschichtlich jüngsten Einwohner. Die Veranstaltung wird kein Vorbild haben, denn der Anlass ist beispiellos in der Kriminalgeschichte der BRD und die öffentliche Trauer hält sich nachgerade doppelsinnig in lokalen Grenzen; peinliche Verlegenheit kennzeichnet die allgemeine Grundstimmung, sofern die Ereignisse derzeit noch thematisiert werden. Erschütterung, Zorn, Mitleid und Empathie verteilen sich ungleich und ungleich gewichtiger bei Hinterbliebenen und letzten Wegbegleitern, bei Rednern und Nachrufeschreibern, bei denen da und den unsrigen hier, und in den offiziellen Schweigeminuten wird die komplette Nation schwerlich Haupt und Knie beugen, auch wenn staatliche Repräsentanten es übernehmen sollten, diese Gesten ausdrücklich stellvertretend für uns alle zu vollführen. Ich kondoliere mit ehrlichem Ernst, übernehme aber keinerlei rückwirkende oder vorauseilende Gefühle im Staatsaktformat: Für Deutschland wurde weder geschossen, noch gestorben. Seit DER SPIEGEL den deutschen Motorradveteranen zuliebe den NSU in Braune Armee Fraktion umtaufte, wird das polizeistaatliche Klima jener Jahre in Erinnerung gerufen, da man nicht nur junge Männer mit 8-Tage-Bart und Sonnenbrille bevorzugt visitierte und arretierte, sondern auch gepflegte BMW-Fahrer als Baader-Meinhof-Wageneigner angehalten und gefilzt wurden, denn BMWs waren die favorisierten Fluchtfahrzeuge der RAF nach Bankbesuchen und so fort. Zwar kann sich die TITANIC weiterhin auch gröbste Scherze leisten (womöglich wird sie vom Verfassungsschutz geschont, um den periodischen Demokratiehärtetest zu bestehen), für Landsmannschaften und Burschenschaften, Schützenvereine und Museumsdorfgermanen aber ist die Geselligkeit als gemeinsamer Satzungszweck durchaus verfassungsschutzwürdig, mithin kein ungezwungener Spaß mehr. Andererseits glaube ich nicht, dass in der Wolle und im Wesen braune Mitbürger nunmehr den Schwanz einziehen und die jüngeren Neonazis gleich gar nicht, indes werden sie vorsichtiger (listiger) agieren, gerade weil mit den „Dönermorden“ die höchsten Hemmschwellen überschritten wurden. Für die subversive Basis war das selbstmörderische Finale kein Schock, sondern Fanal, für das nationalliberale bis rechtskonservative Deutschland hingegen ist es eine erhebliche Hürde auf dem mühevollen Marsch durch die Instanzen zu den Schanzen der Festung Europa. Der Ruf nach einem NPD-Verbot ist Routine-Reue, ein innenpolitischer Kniesehnenreflex, der vor allem bei Kindern Eindruck macht und den Wunsch weckt, auch so ein Hämmerchen zu haben. Ergo werden die altbekannten Pro & Contra –Argumente wiedergekäut, ohne die brennenden grundsätzlichen Fragen zu beantworten, d.h. von der Printpresse, dem Radio und Fernsehen diskutieren lassen, etwa als Vorbereitung einer Volksbefragung: Wollt Ihr die totale Antifademokratie oder ein bisschen mehr Populismus?! Aber bitte nicht im Internet, denn dann könnten wir unsre nationalen Daseinsfragen gleich an die PIRATEN delegieren, echte Experten auf den virtuellen Kriegsschauplätzen fern vom Gestank des Todes. Also, worum geht es überhaupt? 1) Wir haben ein Türkenproblem. 2) Wir haben ein Jugendproblem 3) Wir haben ein Politikproblem. Das Türkenproblem besteht darin, dass unsere besonderen Beziehungen zur modernen Türkei (Nato, Staatsverträge, EU) und die daraus resultierende Kopfstärke der Türken und Kurden unter uns es deutschen Regierungen nicht gestatten, namentlich davon zu reden, ohne die US-Basen in Vorderasien zu gefährden, die Sicherheit Israels und aller christlichen Gemeinschaften zwischen Bosporus und Kaukasus sowie den Haselnusshandel und die deutschen Rentner am östlichen Mittelmeer. Das Jugendproblem besteht als ein allgemeines (Bildungsmisere, Perspektivlosigkeit) und ein spezifisches, nämlich “die männliche Jugendkriminalität auf dem Deliktfeld Bandenbildung zum Zwecke des gemeinschaftlichen Begehens von Straftaten ohne Bereicherungsabsichten“, konkret Fußballrandale und Bullenklatschen bei Demos und Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten; dabei sind Plünderer und Diebe zumeist Trittbrettfahrer, ist das Vergnügen an Sachbeschädigungen aller Art allerorten verbreitet, aber nicht typisch für alle Gruppierungen. Nun, wer wachen Auges die Entwicklung der subkriminellen Jugendkultur in Deutschland nach 1945 verfolgt hat, von den Straßenbanden der Nachkriegsjahre über die Rock’n-Roll-Krawalle der 50er Jahre bis zu den Schwabinger Krawallen 1962, musste sich über die zunehmende Militanz der Ostermarschierer und Vietkongunterstützer nicht wundern, und als es gegen den SPRINGER-Verlag ging und schließlich gegen das ganze Schweinesystem, war es schon des längeren keine reine Jugendbewegung mehr, sondern ein Permaprotest der schwarzroten Methusalems, also jenen, denen wir nicht trauen sollten: Keinem über Dreißig! Mittlerweile gibt es keinen politischen Aktivisten unter 70 mehr, der nicht wenigsten einmal in einer Lichterkette gefroren, auf einer Luftmatratze gehungert oder in einer Arrestzelle gedürstet hätte, zumal nach Zigaretten, bevor das Rauchverbot brav befolgt wurde. Dass sich der Blutspur der RAF irgendwann eine aus der faschistischen Fememördertradition gespeiste Anschlagserie anschließen würde, war abzusehen, dannzumal, als immer öfter deutschblütige Deutsche zum Heiligen Kriegertum konvertierten, also quasi rechts von Mekka die gewaltverliebten Neonazis überholten und die Fascho-Szene sich als bananenschmeißender rassistischer Fan-Club verkannt fühlen musste (womit man sich zudem nur falsche Freunde machte und keinen Namen in Walhall). Und damit wären wir beim Politikproblem, dem diesbezüglichen Versagen des Staates in toto und gänzlich ohne uns, denn die Staatsbürger bestimmen die Richtlinien der Politik nur vermeintlich als stimmberechtigte Wahlhelfer von Parteien, die unsere sehnlichsten Wünsche weder im Angebot haben, noch sie zu erfüllen gedächten, falls wir mit Selbstverbrennungen oder dem Exodus nach Vorpommern drohten. Wieso auch? Wir haben gute Gesetze, wir haben eine Exekutive und Staatsanwälte und humane Haftbedingungen. Wir haben sogar einen Verfassungsschutz, ein Kind des Kalten Krieges, daher der Tarnname für eine Politische Polizei, an die sich vermutlich weniger Bürger wenden, als es der Behörde willkommen wäre. Gefährlich dürfte der Dienst vor allem für die V-Leute sein; wer allerdings am Schreibtisch Islamisten, Graue Wölfe, kurdische Separatisten und Neonazis „bearbeitet“, könnte m. E. durchaus ins Grübeln geraten und seine deutsche Regionalseele dann lieber gleich auf die Kommunistische Plattform oder in den Sudetenbund retten, Zerreißproben, die uns das freie, geeinte, christliche und demokratische Europa eigentlich ersparen sollte. Doch schon bevor das Geld uns trennte, war klar, dass für unseren Kontinent nur die Bewegungsfreiheit, eine kapitalistische Marktaufsicht und die größte Moscheendichte der weißen Welt bleibt, auf Gedeih und Verderb der verlässlichste Vasall der USA und der gütigste Gönner Afrikas.
Happy New Year, Europa! |
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