Geschrieben am 1. Juni 2021 von für Crimemag, CrimeMag Juni 2021

Schatzsuche: Crime-Neuerscheinungen

Eine Vielzahl Krimi-Neuheiten …

… erscheinen jeden Monat, dazu Graphic Novels (vulgo: Comics) und DVDs und BluRays. Unmöglich, das alles zu überblicken und zu rezensieren. CrimeMag siebt und schürft deshalb für Sie und weist hier regelmäßig mit Hilfe von: Kaliber.38 und der befreundeten Buchhandlungen Chatwins (Berlin), Wendeltreppe (Frankfurt) und Buchladen in der Osterstraße (Hamburg) auf interessante Neuerscheinungen hin. Empfehlungen für DVDs, BluRays und Comics geben Katrin Doerksen und Thomas Groh

Bitte denken Sie daran, dass gerade in diesen Zeiten Ihre lokale Buchhandlung(en) besonderer Unterstützung und Solidarität bedürfen. Lieber dort bestellen als bei amazon. –

Claudia Denker von der Krimiabteilung im Chatwins in Berlin-Schöneberg:

Schon wieder ein Monat rum – aber immerhin gab es schon mal ein sonniges Frühstück in der Außengastronomie.

Die Ausbeute an interessanten Krimi-Neuheiten im Juni ist nicht so groß, aber ich erinnere mich noch an »Das Krokodil« von Maurizio De Giovanni. Das mochte ich, und deshalb freue ich mich auf den Beginn einer Reihe im Kampa-Verlag»Zwölf Rosen in Neapel«.

Ich habe hier einen Stapel mit Leseexemplaren liegen – sehr gelacht habe ich über den Titel »Bei Föhn brummt selbst dem Tod der Schädel«, aber eben nur über den Titel. (Besprechung siehe bei unseren „Bloody Chops“ – d. Red.) Vielleicht lohnt sich Gianrico Carofiglio: »Zeit der Schuld« (Goldmann). 

Richtig vergessen und komplett durchgerutscht ist mir: »Nur die Tiere« von Colin Niel (Lenos). Das Buch ist schon Anfang April erschienen, auch im CrimeMag besprochen, aber der wird mir trotzdem nicht entgehen. Man kann ja nicht immer alles … und da wären wir auch noch bei Ian McGuire: »Der Abstinent« (dtv), ebenfalls erst jetzt drauf gekommen, den lese ich sofort, wenn ich mit folgendem Nicht-Krimi-Tipp durch bin: »Was wir haben« von Eula Biss (Hanser). Ich bin absolut begeistert von diesem erfrischenden, selbstironischen Blick auf unseren Alltag, die Arbeit, das Geld … liest sich wie Butter.

Neugierig bin ich auch auf die diesjährige Gewinnerin des Leipziger Buchpreises Iris Hanika: »Echos Kammern« (Droschl), denn 2008 habe ich »Treffen sich zwei« gelesen, mit Vergnügen.

Und ein kleiner Nachtrag: »Berlin Heat« von Johannes Groschupf (Suhrkamp) hat wieder einen Riesenspaß gemacht!  

Torsten Meinicke, Buchladen in der Osterstraße, Hamburg

Vorab: Glückwunsch an die Kolleginnen und Kollegen der Hammett-Krimibuchhandlung, die – ebenso wie wir! – für den Deutschen Buchhandlungspreis 2021 nominiert sind. Eine schöne Anerkennung ist das für unsere Arbeit und ein noch schönerer GeldsegenGelesen habe ich im letzten Monat viel, jedoch schwerpunktmäßig Verlagsvorschauen. Deshalb folgt hier ein (natürlich unvollständiger) Ausblick auf Bücher von alten Bekannten, die in den nächsten Monaten erst erscheinen werden.

– Robert, Brack, Blizzard, Ellert & Richter 2021, 284 S., 12 Euro: Schneekatastrophe im Winter 1978/79 in Ostholstein. Es sterben auch Tiere, wurde mir gesagt. Erscheint im September 2021.
– Ken Bruen, Saubermann (Ü: Karen Witthuhn), Polar 2021, 224 S., 14 Euro: Ein Wiedersehen mit dem sympathischen Drecksack und Detective Sergeant Brant. Versehen mit einem Nachwort von Alf Mayer. Erscheint im August 2021.

– James Lee Burke, Keine Ruhe in Montana (Ü: Bernd Gockel), Pendragon 2021, 480 S., 24 Euro: Eine deutsche Erstausgabe der Robicheaux-Reihe. Erscheint im Juli 2021.

– Garry Disher, Barrier Highway (Ü: Peter Torberg), Unionsverlag 2021, 352 S., 22 Euro: Der 3. Auftritt von Constable Hirschhausen. Große Freude! Erscheint am 12. Juli 2021.

– Frank Göhre, Die Stadt, das Geld und der Tod, CulturBooks 2021, 168 S., 15 Euro: Ein Familienclan übernimmt den Kiez und macht in Immobilien. Das kommt mir alles so bekannt vor. Knackig, kurz, stark! Erscheint am 1. September 2021.
– Carlo Lucarelli, Der schwärzeste Winter (Ü: Karin Fleischanderl), Folio 2021, 20 Euro: Commissario De Luca in Bologna 1944, umgeben von Wehrmacht, SS und Mussolinis „brigate nere“. Erscheint am 21. September 2021

– Andreas Pflüger, Ritchie Girl, Suhrkamp 2021, 464 S., 24 Euro: Pflüger goes History.Paula Bloom als Besatzungsoffizierin im Nachkriegsdeutschland. Spannungs- und faktengesättigt. Großartig. Wer von den Kolleginnen und Kollegen das Vorab-Leseexemplar noch nicht erhalten hat, sollte es unbedingt anfordern. Erscheint am 11. September 2021.

Bereits erschienen sind:
– Beth Ann Fennelly/Tom Franklin, Das Meer von Mississippi (Ü: Eva Bonné), Heyne Hardcore 2021, 384 S., 22 Euro: Das Autorenpaar Fennelly/Franklin macht neugierig. Spielt 1927 im Süden der USA.

– Gerhard Henschel, Soko Fußballfieber, Hoffmann und Campe 2021, 304 S., 18 Euro: Gleiches Strickmuster wie in Soko Heidefieber. Witz, Klamauk und leiden muss dieses Mal Thomas Gsella.

Jutta Wilkesmann, Wendeltreppe, Frankfurt:

Hier kommt das Voting der Wendeltreppe für: 

Louise Penny: Unter dem Ahorn (Kampa)

Chris Lloyd: Die Toten vom Gare d’Austerlitz (Suhrkamp)

M.C. Beaton: Hamish läßt sich nicht um den Finger wickeln ( Lübbe)

Hakan Östlundh: Der Winter des Propheten (Goldmann)

Ling Ma: New York Ghost (CulturBooks)

Wir wünschen sonnige Lektüre.

Jan Christian Schmidt von Kaliber.38:

Ah – was Frisches! G. D. Abson heißt ein englischer Schriftsteller, der mit „Tod in weißen Nächten“ bei Rowohlt debütiert (dt. von Kristof Kurz). Der Krimi ist Auftakt einer Serie um die Kommissarin Natalja Iwanowa, die in der russischen Metropole St. Petersburg ihren Dienst tut. In ihrem ersten literarischem Auftritt ermittelt Frau Iwanowa in dem Fall einer vermissten schwedischen Studentin. Mit dem Fund einer bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Leiche und der Handtasche der jungen Frau scheint der Fall schnell gelöst, doch die stachelige Polizistin gibt sich mit dem raschen Erfolg der Untersuchung nicht zufrieden und ermittelt gegen die ausdrücklichen Anweisungen ihrer Vorgesetzten weiter. Der Rowohlt-Verlag verspricht uns einen „atmosphärische(n), spannende(n) Auftakt der St. Petersburger-Serie um die Kommissarin Natalja Iwanowa, die sich keinem System beugt, sondern nur ein Ziel verfolgt, koste es, was es wolle: Die Wahrheit.“ Das wäre doch mal ein erfreuliches Kontrastprogramm über Russland, das bei uns in letzter Zeit nur noch im Zusammenhang mit Deep Fake-Meldungen Erwähnung findet.

Wie virulent noch die Zeit der Diktatur in Südamerika ist, war jüngst mit dem ultrarechten Präsidenten Brasiliens und den Demonstrationen um die Verfassungsreform in Chile sichtbar geworden. Einen weiteren, kriminalliterarischen Beleg findet sich in dem Roman „1981“ von Eloísa Díaz (Hoffmann und Campe, dt. von Mayela Gerhardt). Der Polit-Thriller spielt in der Argentinischen Kapitale Buenos Aires, und erzählt von dem Polizisten Inspector Joaquín Alzada, der sich Mühe gibt, auch in den schwierigen Zeiten der Militärdiktatur sauber zu bleiben, bis sein jüngerer Bruder Jorge spurlos verschwindet. Eloísa Díaz inszeniert ihren Stoff auf zwei Ebenen: Die Rahmenhandlung spielt im Dezember 2001, als Argentinien von wütenden Protesten gegen den wirtschaftlichen Niedergang gezeichnet ist (die schließlich die damals amtierende Regierung aus dem Amt fegen). In Rückblenden springt die Autorin zurück ins titelgebende Jahr 1981, in die Schreckenszeit der Militärdiktatur und den Terror der Todesschwadrone. Wir hätten Ihnen gerne mehr über die junge Schriftstellerin verraten, aber auf der Verlagsseite findet sich nur ein Foto, auf dem eine Frau keck in die Kamera blickt. Kratzt man in den hinteren Ecken des Internets, stößt man auf die Info, der Roman wäre als Teil ihrer Abschlussarbeit des Studienganges Kreatives Schreiben an der Columbia Universität entstanden und daher im Original in englischer Sprache. Puh, ob das belastbar ist? Egal, der Text verspricht spannende Lektüre!

Mit Campus-Krimis lassen sich einige Regal-Meter füllen. „Das bewegende Porträt einer Freundschaft zwischen Männern, die durch traumatische Erlebnisse in einem Eliteinternat unauflöslich aneinander gebunden sind“, verspricht der Hanser Verlag (Imprint hanserblau) in der Präsentation des Romans „English Monsters“ von James Scudamore (dt. von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann). Das Buch ist Scudamores vierter Roman, allesamt für anerkannte Literaturpreise nominiert respektive mit selbigen prämiert, von denen aber nur das Debüt „Fabiáns wundersame Welt“ auf Deutsch im Lübbe-High-End-Imprint BLT erschienen war (2008). Nun also „English Monsters“: Für Max endet die unbeschwerte Kindheit, als er mit zehn Jahren in die reglementierte Welt eines englischen Eliteinternats geworfen wird. Max erfährt willkürliche, harte Strafen, aber auch Geborgenheit in der Gemeinschaft der Klassenkameraden. Jahre später wird ein dunkles Geheimnis ihrer Schulzeit enthüllt und bringt die inzwischen erwachsenen Männer wieder zusammen. Das klingt nach Donna Tartts Klassiker „Die geheime Geschichte“, mit der Scudamores Roman von einigen englischen Rezensenten verglichen wurde. Da kann man sich deutlich schlechtere Bücher als Referenzwerke vorstellen – Coming-of-Age und Betrachtung über die Natur des Bösen, „düster und zärtlich zugleich“ wie der Guardian schrieb. Wir sind gespannt!

Ebenfalls als „düster“ aber gleichzeitig „humorvoll“ beschreibt der Polar Verlag sein jüngstes Produkt, den Kriminalroman „Schlaflos“ des franko-marokkanischen Schriftstellers (und Psychotherapeuten) Tahar Ben Jelloun (dt. von Christiane Kayser). Der Roman handelt von einem an Schlaflosigkeit leidenden Drehbuchautor, der entdeckt, dass er jemanden töten muss, um endlich Ruhe zu finden: „Ich habe meine Mutter getötet. Ein Kopfkissen auf ihr Gesicht gelegt. Ich habe ein wenig gepresst. Sie hat nicht einmal gezuckt. Sie hat das Atmen eingestellt. Einfach so. Danach habe ich tief und fest geschlafen. Ich muss für Stunden geschlafen haben, denn ich habe viel geträumt, sehr schöne, lichtdurchflutete, farbige, duftende Träume.“. Nach dem Mord an der Mutter entdeckt der malade Held, dass die Nächte umso erholsamer, die Träume umso farbenfroher werden, je bösartiger seine Opfer sind – und daran herrscht in Marokko augenscheinlich kein Mangel: Bankiers, Politiker, Folterknechte, die während der Zeit der grausamen Herrschaft von König Hassan II. ihr blutiges Handwerk betrieben. Tahar Ben Jelloun ist eines der großen Schwergewichte der maghrebinischen Literatur, sein Werk international mit vielen Preisen ausgezeichnet. Mit dem Roman „Schlaflos“ freuen wir uns auf Kriminalliteratur auf höchstem Niveau. Abgerundet wird das Werk mit einen Nachwort von Estelle Surbranche.

Kurz noch Krimi zum Gucken – „Harter Brocken“ ist meine Lieblingsserie des Genres. Der Aufbau hebt sich wohltuend ab von der durschnittlichen Fernseh-Krimi-Kost, in der Leichen ins Bild gelegt werden, und die Ermittler ermitteln, wie und warum es zu dem schröcklichen Vorfall hat kommen können. „Harter Brocken“ kommt daher wie ein Western: Das Böse hält Einzug in Sankt Andreasberg, dem unscheinbaren, vergessenen Kaff im Harz. Kronzeugen, die vor einem großen Prozess geschützt werden sollen und vom langen Arm der organisierten Kriminalität gemeuchelt werden, Bankräuber, die nach einem blutigen Coup abtauchen, oder Kunstfälscher, die im Schutze der entlegenen Ruhe Meisterwerke kopieren und an Originales statt in Umlauf bringen. Die Staatsmacht ist fern – vor Ort wird sie repräsentiert vom bräsigen Dorfbullen Frank Koops, der sich die ereignisarme Zeit mit Holzschnitzereien vertreibt. Doch Koops – blendend dargestellt von Aljoscha Stadelmann – ist ein veritabler harter Brocken, an dem sich die Bösewichter – und Bösewichtinnen! – die Zähne ausbeißen. Zur Seite stehen ihm die Kollegin Mette Vogts (Anna Fischer) vom Polizeiposten Braunlage – und Dorfpostbote Heiner (Moritz Führmann), ein guter Beobachter – und Schütze! -, aber nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen. Zum Sound der Serie gehören robuste Gewalt und wohldosierter Humor.

Die jüngste Episode „Der Waffendeal“ (am 15. Mai im analogen TV, zum Streamen in der ARD-Mediathek) erzählt von einer Bikergang, angeführt von Koops‘ und Heiners ehemaligem Schulkameraden (und Spezialisten fürs Mofa-Frisieren) Andy, die im verschlafenen Sankt Andreasberg einen Waffendeal durchzuziehen will. Auf dem Weg dahin türmen sich indes die Hindernisse – und ein paar Leichen. Feine Fernseh-Unterhaltung (Regie: Markus Sehr, Drehbuch: Anke Winschewski und Niels Holle), obgleich nach der jetzt sechsten Episode gewisse Abnutzungserscheinungen sichtbar sind und einiges wirkt wie ein Selbstzitat.

Comic/Heimkino – von Katrin Doerksen und Thomas Groh

Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazijäger von Pascal Bresson und Sylvain Dorange
Carlsen, Hardcover, farbig, 208 Seiten, vorbestellbar

Mit der Ohrfeige für Kurt Georg Kiesinger hat Beate Klarsfeld deutsche Geschichte geschrieben. Dass sie und ihr Mann Serge Klarsfeld sich nicht mit solchen öffentlichkeitswirksamen Gesten begnügten, zeigt dieser Comicband, der von Leben und Wirken des Ehepaars erzählt, das sein Dasein der Jagd nach Kriegsverbrechern widmete.

Cheese von Zuzu
Edition Moderne, Klappenbroschur, Schwarzweiß, 264 Seiten, bestellbar

Zuzu, Dario und Riccardo hängen rum. Ihr Alltag ist mit ausschweifenden Gelagen gefüllt, mit Pizza, Cocktailkirschen und existenziellen Fragen. Ein wildes, ausgelassenes, experimentierfreudiges Debüt aus Italien.

Ich, der Verrückte von Antonio Altarriba
avant-verlag, Hardcover, Duotone, 136 Seiten, vorbestellbar

Nachdem es sich sein Freund zur Aufgabe gemacht hat, als Whistleblower die Machenschaften der großen Pharmafirmen aufzudecken, wird der Psychologe und Schriftsteller Ángel Molinos in eine Verschwörung hineingezogen. Oder wird er am Ende verrückt? Ein spanischer Psychothriller in kantigem Schwarzweiß.

Laura Dean und wie sie immer wieder mit mir Schluss macht von Mariko Tamaki & Rosemary Valero-O’Connell
Carlsen, Softcover, Schwarzweiß, 304 Seiten, bestellbar

Der neuste Streich der Coming-of-Age-Meisterin Mariko Tamaki: Alles könnte perfekt sein für Freddy, eine Schülerin aus San Francisco. Nur ihre Beziehung ist eine einzige Baustelle. Denn ihre Freundin Laura hat die Angewohnheit ständig aus heiterem Himmel Schluss zu machen. Laura Dean lebt von seinem liebenswerten Figurenensemble ebenso wie von seinen detaillierten, von Manga inspirierten Zeichnungen, bei denen vor allem die sich rankenden Pflanzen in ihrer Fülle regelrecht die Bilder zu sprengen drohen.

Rosen blühen auf dem Heidegrab von Hans H. König
Filmjuwelen, DVD, 79 Minuten, bestellbar

Hans H. König führt einem immer wieder vor Augen, wie der Heimatfilm hätte sein können. Oder wie er bei genauem Hinsehen gelegentlich auch ist. Rosen blühen auf dem Heidegrab von 1952, lange Zeit eine Rarität und nun erstmals auf DVD erschienen, spielt in der sturmerprobten Heide, wo die junge Dorothee seit ihrer Kindheit dem Bauern Eschmann versprochen ist. Doch sie liebt den Architekten Ludwig, der ihr zu allem Überfluss noch eine verfluchte Rose pflückt. Das Ergebnis ist ein düsteres Märchen, in dem die Heimat weniger eine Zuflucht als ein über die Generationen weitervererbter Ballast ist.

Tulsa Burning von Egunwale Amusan & Dr. Tiffany Crutcher
Blindspot, Podcast, im Erscheinen

31. Mai 1921: Das afroamerikanische Leben in der Stadt Tulsa in Oklahoma prosperiert – einen Tag und das Wüten eines rassistischen Mobs später ist nichts mehr wie es war. Ginge es in der Geschichtsschreibung wenigstens einigermaßen gerecht zu, wäre das „Tulsa Massacre“ heute Schulstoff. Doch als 2019 die HBO-Serie „Watchmen“ mit Szenen dieses Gemetzels begann, waren selbst in den USA die meisten erstaunt darüber, dass dieses Progrom nicht etwa eine Erfindung des Drehbuchteams darstellt, sondern ein tatsächliches historisches Ereignis. Die neue Staffel des „Blindspot“-Podcasts aus dem Hause WNYC verspricht nun, die historischen Hintergründe aufzuarbeiten.

Don Rosa Library Band 04 & 05 von Don Rosa
Egmont, je 30 Euro, bestellbar

Auf Enten-Auteur Don Rosa hatten wir hier in der Schatzsuche bereits vor einiger Zeit hingewiesen. Ganz frisch in der vorbildlich bibliophilen Gesamtausgabe hinzugekommen ist nun Band 5, der gemeinsam mit dem zuvor erschienenen Band 4 das zentrale Werk Don Rosas abbildet: die zusammenhängende Geschichte, wie Onkel Dagobert eigentlich zu seinen Fantastilliarden gekommen ist – ein groß angelegtes, immer wieder schwelgerisches Epos in Technicolor und Breitwand, das von den entbehrungsreichen Tagen als Schuhputzer in Glasgow über Dagoberts Jahre auf dem Mississippi und den Goldrausch am Klondike bis in die Gegenwart reicht. Ein Abenteuer- und Bildungsroman, der aus dem Fundus US-Mythologien mit vollen Händen schöpft. So wunderbar amerikanisch wie Mark Twain und Humphrey Bogart – und so witzig und durchgeknallt wie eben Don Rosa, diesem wunderlichen Comicnerd aus Louisville, Kentucky. Wer sich die Gesamtausgabe – aus welchen Gründen auch immer – nicht komplett ins Regal stellen will, sollte zumindest diese beiden Bände sein eigen nennen.

Utopia in Babelsberg von Knut Elstermann
RBB, ca. 45 Minuten, Mediathek

Der Ostblock, unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer des VEB Defa-Studios für Spielfilme, der mit seinen zahlreichen Gewerken unterwegs ist, den Sozialismus der Zukunft im All zu erkunden… Naja, oder so ähnlich. Jedenfalls: Zum DEFA-Jubiläum hat der MDR eines der eher obskureren Kapitel der orwofarbenfrohen DEFA-Filmgeschichte ausgegraben: den Science-Fiction-Film der DDR. Groß ist das Korpus nicht, aber dafür reich an Formen, Farben und Wunderlichkeiten. DEFA-Experte Knut Elstermann nimmt uns an die Hand bei diesem Ausflug ins All, der zwar wie alle 45-Minüter im Fernsehen ein wenig daran leidet, sein Sujet allenfalls oberflächlich zu streifen, aber dennoch sehr wertvoll ist mit seiner Erinnerung daran, dass filmische SF made in Germany eben mehr zu bieten hat als ldeiglich die „Raumpatrouille“ und „Welt am Draht“.

Im Asphaltdschungel: Bullen, Cops und Commissarios in der populären Kultur von Markus Metz und Georg Seeßlen
Dlf, ca. 55 Minuten, online

Deutschland, Land des Vor- und Sonntagabendkrimis, ein Land, das seine Ermittler liebt wie kaum ein zweites. Was bedeutet das gesellschaftspolitisch? Und was popkulturell? Markus Metz und Georg Seeßlen unternehmen in diesem Feature für den Deutschlandfunk eine kulturelle Tiefenbohrung – wie immer bei diesem Dreamteam: unverzichtbares Radio-Gold.