Eleanor Rigby 13. November 2020: Während die Welt sich abmüht, der Familie Trump beizubringen, dass ihre Zeit im White House abläuft, vermeldet der US-Fernsehsender CNN, dass Peter Sutcliffe in einem britischen Hospital an Covid-19 gestorben sei. Man kannte ihn unter einem anderen Namen: „Nicknamed the „Yorkshire Ripper“ by the UK press, Sutcliffe was convicted in 1981 for murdering 13 women and attempting to murder seven others during a reign of terror in northern England between 1975 and 1980. He was serving a whole life term.“ (CNN) So hat denn ein
Read More Ich hatte einmal einen Schulweg. Und der ging so: Aus der Haustür, durch die Gartenpforte, links zu den Garagen. Rauf aufs Rad, Abfahrt runter rechts auf die alte Kopfsteinpflasterstraße. Links und rechts Bauernhöfe und Hausweiden, Baumschule, Tischlerei und ein Kastanienhain, unter dessen Blätterdach ein ausgebranntes Tanzlokal Jahre lang darauf gewartet hatte, durch ein vielstöckiges Punkthaus ersetzt zu werden. Am Ende der Straße links, an Mehrfamilienhäusern vorbei, bis die Hausweiden und auch die Wohnbebauung endeten. Weiter über eine beschrankte Bauernstraße und danach an einem kleinen Industriekomplex vorbei rechts in die Straße
Read More Wu Wei und die Kunst des Nicht-Handelns Von Ulrich Baron Bei vielen Krimis, vor allem bei solchen im Fernsehen, hat man den Eindruck, dass darin einerseits zu viel und andererseits zu wenig passiert. Es wird zuviel geschossen, es wird zuviel gerast, und es wird zuviel auf eigene Faust ermittelt. Die ganze Welt wird zur Schießscheibe. Und Polizisten wie Polizistinnen, Privatermittlerinnen wie Ermittler scheinen darauf versessen, sich ohne Rückendeckung in fremde Büros, verlassene Lagerhallen und sonstige Löwenhöhlen einzuschleichen, so dass der erst mitfühlende, dann entnervte Leser/Zuschauer nur noch hoffen kann, dass
Read More Labyrinthe der Einsamkeit Zur Wisting-Serie des Norwegers Jørn Lier Horst – von Ulrich Baron. „Der Tote war völlig ausgetrocknet.“ Das ist doch ein guter Einstieg: „Mit aufgeplatzten Lippen und schwarzgelben, entblößten Zähnen saß er zurückgelehnt im Sessel.“ Da lehnt man sich selbst gleich im Sessel zurück und ist ganz – und ganz dicht – dabei. Glaubt man. Aber in Jørn Lier Horsts „Eisige Schatten“ blättert ein Mann dann nur noch kurz „durch die restlichen Aufnahmen, die der Kriminaltechniker gemacht hatte“. Was eben noch wie der Beginn einer großartigen Ermittlung
Read More Düstere Labyrinthe – Am 19. November 2012 starb in St. Peterburg Boris Strugatzki, der zusammen mit seinem Bruder Arkadi nachhaltig dafür sorgte, dass sich Schubladen und Labels wie Science Fiction, Phantastik und andere Genre-Sortierungen allmählich auflösten und irrelevant wurden und deren stiller Einfluss auf alle genannten Textarten gar nicht zu überschätzen ist. Ein Nachruf von Ulrich Baron. Es ist Tarkowskis Schuld, dass ich bei den Büchern von Arkadi und Boris Strugatzki immer wieder an Coopers „Lederstrumpf“ denken musste. Dessen Darsteller, der Schauspieler Hellmut Lange, moderierte von 1971 bis 1981 auf
Read More KickAss – Bloody Splinters aus dem täglichen Branchenwahnsinn – Vermutlich hat der Diogenes Verlag bei Dick Francis damit angefangen, mit den Einworttiteln (und folgte damit der Logik der Originale), aber das ist nur für Philologen wirklich wichtig und man wird sicher auch frühere Einzelfälle finden, die nicht unbedingt verwerflich sind. Verwerflich ist allerdings der inflationäre Unfug, der damit zurzeit getrieben wird – vor allem, wenn wenig Inspiration zu spüren ist. Das ist uns durchaus ein KickAss wert – Ulrich Baron über: Einworttitel Also noch mal ganz langsam, damit selbst die
Read More Der Schmerzensmann – Spannung ist was Feines, aber die Methoden ihrer Erzeugung sind nicht immer die feinsten. Besonders störend zeigt sich das bei Jo Nesbøs neuem Roman „Die Larve“. Warum das so ist, beschreibt Ulrich Baron. Spannend sind sie zweifellos, die Harry-Hole-Romane, aber Spannung ist nicht alles. Schließlich muss man ja auch an die Folgen denken, an kaputte Beziehungen und an die hässliche Sauferei, in die Hole immer wieder verfällt. Und an die schrecklichen Verletzungen, die Nesbøs Held sich immer wieder einfängt, sodass er bald aussehen dürfte, als sei er
Read More Notbesetzung vor Gordischem Knoten – Island war Gastland auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Die Schwemme isländischer Krimis war bedrohlich. Immerhin, Arnaldur Indriðason hat es inzwischen auch ohne „Welle“ zur wichtigen, kriminalliterarischen Stimme gebracht. Ulrich Baron macht sich dennoch Sorgen … Dieser im Boomjahr 2005 angesiedelte Roman ist nun schon der zweite Kommissar-Erlendur-Krimi ohne Kommissar Erlendur. Der ringt in den Ostfjorden weiterhin mit den Gespenstern seiner Familiengeschichte, sprich mit den langen Schatten, die das spurlose Verschwinden seines Bruders nicht nur auf seine Kindheit geworfen hat. Und langsam macht man sich doch
Read More Bei Psychopaths im Oberstübchen – Daniel Depp ist der Bruder, na gut, Halbbruder von, Sie wissen schon … Das hat natürlich nichts zu sagen und rein gar nichts damit zu tun, dass sein erstes Buch „Stadt der Verlierer“ (hier bei kaliber38) überhaupt erscheinen konnte, aber liab war’s schon. Der zweite Roman heißt „Nächte in Babylon“ (hallo, Kenneth Anger) und ist auch gar nicht soooo daneben, findet Ulrich Baron. Daniel Depp heißt nicht nur so, er ist tatsächlich der zehn Jahre ältere Halbbruder von Johnny Depp. Weil man ihm das nicht
Read More Vom King lernen? Wie man glaubwürdig erzählt und wie nicht … Ein paar Gedanken zum Handwerk des Schriftstellens von Ulrich Baron. Es ist nicht immer schön, wenn Schriftsteller sich auch einmal explizit Gedanken über Geschichten im Allgemeinen machen. „Geschichten“, so will uns etwa Zoran Drvenkars Roman „Du“ weismachen, „werden nicht mehr mündlich überliefert, sie werden uns mit rasender Geschwindigkeit in Kilobytes präsentiert, so dass wir den Blick nicht abwenden können. Und wenn es uns zu viel wird, reagieren wir wie die Barbaren und verwandeln dieses Chaos in Mythen.“ Die Älteren
Read More Lesen Sie heute den 2. Teil des Essays von Ulrich Baron (den ersten gibt’s hier), der sich mit Raymond Chandler und dessen Region, mit Los Angeles beschäftigt. II. Kein Verbrechen in den Bergen? Wie ein Verdikt gegen eine Regionalisierung und Provinzialisierung mutet der Titel einer Erzählung von Raymond Chandler an. Sein „No crime in the Mountains“ war 1941 aber keine hellsichtige Warnung vor einer drohenden Flut von Regio-Krimis, sondern als Ironisierung der Unschuldsvermutung gemeint, die man angesichts von Gegenden hegt, in denen die Welt noch in Ordnung zu sein scheint.
Read More Der „Regio-Krimi“ hat viele Aspekte, CrimeMag diskutiert sie (Links siehe unten!) Ein Essay von Ulrich Baron beschäftigt sich in zwei Teilen mit der „local knowledge“ und dem Argument, im Grunde sei jeder Krimi ein Regionalgrimmi … „Es gibt so viel Wissenswertes über Erlangen“ (Foyer des Arts) „Eben nicht“ (Samuel Beckett) Nicht alles, was irgendwo spielt, ist ein Argument für den Regio-Krimi (Teil 1) I. Nicht allzu weit weg von Marsvinsholm Es muss wohl ein bedingter Reflex sein, der mich erschaudern lässt, wenn ich beim Öffnen eines Buchpaketes Wörter wie „Norden“,
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