Monströse Abschweifungen
Am 24.11.1713 wird im irischen Städtchen Clonmel Laurence Sterne geboren. Nach seinem Theologie-Studium wäre er ein unbekannter Landpfarrer geblieben, hätte er nicht einen der bis heute eigenwilligsten Romane geschrieben: "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman", eine hochironische und tiefgründige Zeit- und Gesellschaftsbetrachtung, die sich um keine erzählerische Logik und Chronologie kümmert. Laurence Sterne erklärte lapidar: "Mein Werk schweift ab und kommt doch vorwärts." Und so ist es gut bis in die Gegenwart gekommen. Nicht nur die literarische Weltgemeinde der Shandyisten liebt und pflegt die Kunst der Abschweifung. Ein Feature zum 300. Geburtstag von Laurence Sterne heute im SWR2.
„Er setzt sich die Narrenkappe auf, reisst hier ein Kapitel heraus, weil es so gut sei, dass alle anderen dagegen abfielen, lässt dort eine Seite frei, damit der Leser darauf ein Bild seiner Geliebten malen kann; verhökert mittendrin die Widmung des Werkes meistbietend, verstrickt sich stehenden Fusses in monströse Abschweifungen, setzt die buntesten fremden Textflicken ein und stellt immerzu die Chronologie auf den Kopf. Jede Linearität der Erzählung ist aufgekündigt; dafür werden wir ständig auf den Prozess, ja auf den Moment des Schreibens verwiesen. Das Medium ist die Botschaft. Kein Wunder, dass ihn viele experimentierfreudige Romanciers der Moderne und Postmoderne als Ahnherrn betrachten.“ schreibt Werner von Koppenfels in der NZZ in seiner aktuellen Erinnerung an Sterne.
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