Gesteinsproben
René Scheu rezensiert in der NZZ den neuen Sloterdijk – in einem Moment, in dem der oft und gerne Mißverstandene anläßlich seines 70. Geburtstages doch mehr positive Öffentlichkeit bekommt, als es manchem professionellem Falschversteher lieb sein kann. Wie immer zeigt sich, wenn man Sloterdijk vorurteilsfrei und gut und genau liest, daß man Denkfiguren finden kann, die sich völlig überraschend aus dem eigenen Arsenal bestätigen lassen und dann ins Klare kippen.
So findet man Auflassungen, in denen sich Gestein zeigt, über das bspw. Scheu schreibt: „Was immer der Mensch sagt oder denkt, es ist ein Tun, und das Tun wirkt auf andere – und auf ihn selbst zurück. Der Mensch, könnte man sagen, ist das Übungstier – wenn es denn will. In allem, was es tut, bringt es sich selbst in Kondition. Jede Wiederholung verbessert die Bedingungen für die nächste Aktion. Das übende Leben im Zeichen von Erziehung, Bildung und Ambition hat in der Moderne Kräfte freigesetzt, deren Wirkungen niemand absehen kann. Die technisch-ästhetische Kreativität ist entfesselt, das Raumschiff Erde rast durch das Weltall, und niemand weiss, wohin die Reise geht. Denn Gott versteht seine Geschöpfe längst nicht mehr, und die letzten Propheten sind gestorben.“
Peter Sloterdijk: Nach Gott. Suhrkamp-Verlag, Berlin 2017.
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